Teilsammlung Fritz Degel: Indien – Afghanistan
In diesem Kapitel stelle ich die Instrumente vor, die überwiegend in der klassischen indischen Musik gespielt werden, sowie einige Instrumente von regionaler Bedeutung. Sie stammen aus Indien selbst, aber auch aus Pakistan, Bangladesh, Nepal und dem südlichen und östlichen Afghanistan, den Ländern also, die zum Verbreitungsgebiet der indischen Musik gehören.
Indische Musik
Die klassische indische Musik lässt sich grob in zwei große Teilbereiche gliedern, einmal die Nordindische Musik oder Hindustani - Musik und zum anderen die südindische Musik oder Karnatische Musik. Die Grenze verläuft dabei von der Westküste Indiens in Goa zur Ostküste im Bundesstaat Orissa. Diese Zweiteilung ist die historische Folge der Eroberung Nordindiens durch arabische, persische und turkmenische Heere und der Gründung muslimischer Reiche im Norden, während der Süden eine eigene hinduistische Kultur bewahren konnte.
Die hauptsächlichen theoretischen Grundlagen der indischen Musik waren schon früh gelegt worden. Im natyasastra liegt die älteste Schrift vor, die Bezug auf die Musik nimmt. Hier sind schon die typischen 22 Mikrointervalle (srutis) erwähnt, in die die Oktav zerlegt wird, sowie auch die Lehre der rasa. In dieser Abhandlung werden acht verschiedene ästhetische Stimmungen (rasa) aufgeführt, die durch die Darstellung ebenso vieler mit ihnen korrespondierender seelischer Zustände (bhava) hervorgerufen werden. Jedem rasa werden außerdem eine Farbe, eine Gottheit und ein oder zwei Zentraltöne zugeordnet.
Beispiel: rasa hasya (heitere Stimmung); bhava hasa (Fröhlichkeit); Farbe weiß; Schutzgottheit Pramatha;
Zentraltöne Ma Pa (Die indische Tonreihe wird durch Silben bezeichnet ähnlich unserer Solmisation)
Im frühen 13.Jahrhundert verfasste der Brahmane Sarngadeva das für die Entwicklung der Musik in Indien bedeutendste Werk mit dem Titel Sangita Ratnakara, das das gesamte Wissen der damaligen Zeit auf dem Gebiet von Musik,Theater und Tanz zusammenfasst. Alle relevanten musikalischen Themen werden angesprochen. Die bis heute gültigen grundlegenden Konzepte von raga und tala tauchen zum ersten Mal auf, ebenso wie die Tageszeitentheorie, nach der jeder Raga mit einer bestimmten Tages- und Jahreszeit korrespondiert.
Nach der Gründung des Sultanats Delhi entstand im Norden ein muslimisches Machtzentrum, an dem eine Verschmelzung der indigenen Musikstile mit den Musikformen stattfand, die die Eroberer mitgebracht hatten. Neue Musikstile wie qawwali und ghazal entstanden, neue Instrumente tauchten auf. Besondere Bedeutung erlangte dabei der persischstämmige Sufimusiker und Dichter Amir Khusrau.
In den ab der Mitte des 14. Jahrhunderts entstehenden Hindureichen im Süden entwickelte sich eine eigene südindische Kunstmusik, die relativ frei von islamischen Einflüssen blieb. Der Hofmusiker Purandarasa gilt als der Begründer des karnatischen Musiksystems, ihren Höhepunkte erreichte diese Musik im 18.Jahrhundert mit den drei Dichter - Komponisten - Heiligen Sri Tyagaraja, Muttusvami Diksitar und Syama Sastri.
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Raga und Tala
Die grundlegenden Begriffe für die klassische indische Musik sind raga und tala.
Weil sie nicht tonartgebunden, sondern modaler Natur sind, ist die Grundlage der ragas der exklusive Gebrauch einer genau festgelegten Gruppe von Tönen. Auf Grund des jeweils eigenen Tonmaterials besitzt jeder raga ein eigenes Gepräge und eigenen Charakter, es gibt keine Modulation und keinen Tonartenwechsel. Die 22 srutis, die Mikrotöne, in die eine Oktav zerlegt werden kann, und die Tatsache, dass auf- und absteigende Melodielinien unterschiedlich sein können, führen zu einer Vielfalt von hunderten verschiedener Reihen.Tonika (sa) und Quinte (pa) werden nie ornamentiert, jeder andere Ton kann in einem ständigen Änderungszustand sein. Jeder Künstler hat seinen eigenen Stil der Ornamentierung, nur der kleinere Teil ist festgelegt, der größte Teil der Musik wird improvisiert. [72]
Aus dieser Tatsache ergibt sich, dass die indische Musik sehr individuell ist, es gibt keine größeren Orchester. Die gebräuchlichste Besetzung besteht aus einer Singstimme und/oder Soloinstrument (z.B.Sitar, Rudra Vina) einem Borduninstrument (fast immer die Tanpura) und einer rhythmischen Begleitung durch Trommeln (z.B. tabla). Die verwendeten Instrumente tragen in ihrer Bauweise den Erfordernissen Rechnung. Nach der menschlichen Stimme genießen die Saiteninstrumente in gezupfter und gestrichener Form größte Wertschätzung, weil sie in ihrer Klangerzeugung dieser am nächsten kommen sollen.
Hohe, gerade Bünde erlauben durch starkes Niederdrücken eine Veränderung der Tonhöhe (wie bei der Vina), gebogene Bünde (wie bei der Sitar) erlauben das seitliche Verziehen der Saiten und eine Änderung des Grundtones bis zu einer Quinte. Leicht verstellbare Bünde erlauben die rasche Anpassung an eine veränderte Tonreihe bei einem neuen raga. Manche bundlosen Instrumente (z.B. Sarangi) können eine fortlaufende Änderung der Tonhöhe erzielen, indem die Saiten nicht auf das Griffbrett gedrückt werden, sondern indem der Fingernagel der Greifhand an der Saite vorbeigleitet. Auch die besondere Form vieler verwendeter Stege, sowie die Verwendung von nicht gegriffenen Resonanzsaiten (sympathetic strings) tragen zum besonderen Klang der indischen Saiteninstrumente bei.
Tala ist in der indischen Musik ein genereller Ausdruck für Rhythmus. Nach Brown stehen die Virtuosität, die Vitalität und die synkopischen Figuren der rhythmischen raga - Begleitung in einer gewissen Beziehung zum Jazz und zählen zu den am höchsten entwickelten und komplexesten Formen rhythmischer Begleitung überhaupt.[73] Nach Ernst Hermann Meyer werden " die spieltechnischen Möglichkeiten von Trommeln in Indien in weit größerem Maß in den Dienst des musikalischen Ausdrucks gestellt als in Europa. Neben dem Metrisch-Rhythmischen werden Tonhöhe, Lautstärke und Klangfarbe differenziert ausgenutzt. Die Trommel markiert nicht nur den Rhythmus oder setzt Klangeffekte, sondern bildet eine Art rhythmischen Kontrapunkt zur Melodie und ist dieser ein gleichbedeutendes Ausdrucksmittel" [74]
Die Prinzipien der Musik mit raga und tala und ihrem engen Bezug zur Religion sind in der hindustanischen und in der karnatischen Musik gleich. Unterschiede ergeben sich hauptsächlich in der Wahl der verwendeten Instrumente. Im Norden werden gewisse Verzierungsformen bevorzugt (z.B. slide) und der Anteil der Improvisation im Vergleich zu den festgelegten Teilen ist größer als im Süden. Der Norden hat eine rein instrumentale Musik, während die Musik des Südens fast ausschließlich auf Liedgut basiert.[73]
Vina
In den vergangenen 3000 Jahren wurde der Begriff vina in Indien benutzt, um den gerade vorherrschenden Typ der Saiteninstrumente zu benennen. Ca 1000 v. Chr. wird er zum ersten Mal erwähnt und bezog sich dabei wohl auf Musikbögen und einfache Stabzithern. Auf Skulpturen des 2. bis zum 6.Jahrhundert werden die damals vorherrschenden Bogenharfen so bezeichnet. Vom 6. bis ins 13. Jahrhundert werden in den bildlichen Darstellungen hauptsächlich Stab- und Röhrenzithern gezeigt.
Die alapini vina war eine Stabzitherart mit einem Kürbisresonator, der beim Spiel gegen den Körper des Spielers gehalten wurde, ähnlich wie dies heute noch bei den hinterindischen Arten (z.B. phin phiaa in Thailand) geschieht. Eine Weiterentwicklung stellt die kinnari vina dar,die aber auf dem Korpus schon Bünde trug. Seit ihrem Erscheinen werden die Instrumente hauptsächlich mit den Gottheiten Shiva und Sarasvati in Verbindung gebracht. Das Aussehen des heutigen Instruments wird mit dem Körper der letzteren in Beziehung gesetzt, die Haare entsprechen den Saiten, die beiden Kürbisresonatoren den Brüsten usw. Diese Göttin, die Gattin Brahmas, ist die Göttin der Weisheit, der Wissenschaft und die Erfinderin des Alphabets.Sie wird immer mit einer vina oder einer Laute in der Hand dargestellt. Die südindische modernere Variante der vina wird nach ihr Sarasvati vina genannt.
Aus verschiedenen Vinatypen entwickelte sich nach dem 13. Jahrhundert, die heutige Form , die rudra vina. Sie nimmt unter den Saiteninstrumenten die ranghöchste Stellung ein. Auch ihr Name weist auf den Gott Shiva hin, rudra ist sein schreckenerregender Aspekt. [75]
"DerSaitenträger der rudra vina ist eine lange Röhre aus Bambus oder Holz. Auf ihr werden bis zu 24 Bünde befestigt. Die Enden der Röhren sind verschlossen, der Steg ist so angebracht, dass er eine direkte Verbindung zum Inneren der Röhre erhält. An dem Saitenträger sind auf der Höhe von Steg und Sattelzwei große Kalebassenresonatoren angebracht, die durch die Art ihrer Befestigung ebenso wie der Steg eine Verbindung zum Inneren der Röhre erhalten. Die gesamte Klangentwicklung findet über die Röhre statt, so dass die rudra vina nicht sehr laut ist, dafür aber die Schwingungen direkt auf den Körper des Spielers überträgt; denn dieser hält den einen Resonator auf seiner Schulter, den anderen vor seinem Bauch. Diese vor allem für den Spieler spürbare Klangentwicklung macht die rudra vina zu einem sehr introvertierten Instrument" [75]
Die vina besitzt 7 - 8 Saiten aus Stahl oder Bronze, 2 - 3 davon sind chikari - Saiten, also Bordune. Sie werden in Quarten und Quinten gestimmt und mit dem mizhrab gezupft, dem meist auf Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand aufgesetzten Metallplektrum. Die Stege sind recht hoch und stellen Metallbügel dar, die auf dem Saitenträger festgebunden sind und je nach gespieltem raga relativ leicht verschoben werden können. Die linke Hand hat vielerlei Möglichkeiten, den Ton zu variieren indem auf die Saiten mehr oder weniger Druck ausgeübt wird oder sie nach der Seite gezogen werden. Der typische Klang des Instruments wird vor allem auch durch die besondere Ausbildung des Stegs hervorgerufen. Dieser besteht häufig aus Hirschhorn oder einem ähnlich gearteten Material und ist ca 50 mm breit. Diese breite Auflagefläche führt beim Schwingen der Saiten zu ständigen Längenänderungen und hat eine Vielzahl sich überlagernder Obertöne zur Folge, was für den Klang indischer Saiteninstrumente charakteristisch ist.
Tonbeispiel Rudra Vina [76]
Sitar
Mit dem zunehmenden Einfluß der muslimischen Kultur wurden im Norden Indiens seit dem 9.Jahrhundert Lauteninstrumente eingeführt, die zum großen Teil im vorderasiatischen und zentralasiatischen Gebiet ihren Ursprung hatten. Es waren die für diesen Raum charakteristischen bebündeten Langhalslauten vom Setar- oder Tanburtypus (siehe Kapitel Asien Zentral Mittlerer Osten), die sich im Laufe der Jahrhunderte langsam durchsetzten. Zunächst glichen die indischen Instrumente noch ihren Vorbildern, im Laufe der Zeit wurden aber daraus eigenständige Formen.
Unter dem Einfluß der rudra vina wandelte sich der Vorläufer Setar (se = drei, tar = Saite) in die sitar um, wie wir sie heute vorfinden. Die geknüpften Bünde werden durch hohe ersetzt, die Saitenzahl wird erhöht, der flache Steg wird verwendet der Hals wird verbreitert.Im 19. Jahrhundert werden noch Resonanzsaiten hinzugefügt. Der kleine hölzerne Korpus des Setar wird durch eine Kalebasse aus getrocknetem Kürbis ersetzt, der direkt mit dem Hals verbunden wird, während die zweite Kalebasse durch eine Schraubverbindung an den Hals angesetzt wird. Auf diesem werden gebogene Metallbünde befestigt über die normalerweise sieben Spielsaiten geführt werden, unter den Metallbügeln verlaufen die Resonanzsaiten. Diese werden je nach dem Tonvorrat des gerade gespielten Ragas gestimmt
Die Spieltechniken sind von der viel älteren rudra vina weitgehend übernommen. Gezupft wird ebenfalls mit dem mizhrab, das Verändern von Tonhöhe und Klangfarbe der in Quarten und Quinten gestimmten Saiten durch die linke Hand ist identisch zum Spiel der rudra vina. Die Saiten sind asymmetrisch angeordnet, um ein Verziehen zur Seite hin zu ermöglichen.
Tonbeispiel Sitar [77]
Sarasvati Vina
Bei diesem Instrument handelt es sich um das dominierende Saiteninstrument der karnatischen (südindischen) Musik. Hier verlief die Entwicklung in einer anderen Richtung: Merkmale der asiatischen Langhalslauten wurden auf die rudra vina übertragen, dies geschah vor allem im Verlaufe des 17. Jahrhunderts.[75]
Der massive Korpus mit zwei geschnitzten, meist kleinen Rosetten, ist aus einem einzigen Stück Holz herausgearbeitet und wird gewöhnlich reich beschnitzt. Der Hals ist hohl, ein zweiter Resonator ist in der Nähe des Sattels angebracht. Die Bünde sind im Gegensatz zu sitar und rudra vina unverrückbar.
Das neben gezeigte Instrument hat vier Spielsaiten und drei chikaras, erstere sind in Quarten und Quinten gestimmt. Der hohle Wirbelkasten mit großen hölzernen Wirbeln ist mit einer geschnitzten Platte verschlossen; sein Ende ist als Fabelwesen ausgebildet, das mit echten Zähnen ausgestattet ist. Der Korpus wird beim Spielen auf den Boden oder das rechte Knie gestützt, die zweite Kalebasse stützt auf das linke Knie.
Die Tonerzeugung lehnt sich an sitar und vina an, es werden Plektren benutzt, die linke Hand verändert die Tonhöhe und Klangfarbe durch seitliches Verziehen und Variierung des Drucks auf die Saiten. Die Technik der rechten Hand ist recht komplex, weil nicht nur die Spielsaiten angerissen werden müssen, sondern auch die Bordunsaiten mit dem Ringfinger und dem kleinen Finger gespielt werden.
Tonbeispiel Sarasvati Vina [78]
Tanpura
Die tanpura kommt je nach Größe in der männlichen (male) und der weiblichen Form (female) vor. Sie ist in der hinduistischen wie in der karnatischen Musik ein häufig gebrauchter Bestandteil eines Ensembles. In der modalen Struktur der indischen Musik führt dieses Instrument immer wieder zum Grundton eines Ragas zurück. Es ist ein bundloses, reines Drone - instrument, es dient nie dem Melodiespiel, die meist vier Saiten aus Stahl oder Bronze werden nicht abgegriffen, sondern nur frei schwingend gespielt. Sie sind meist auf Quinte oder Quarte, Grundton, Grundton und tiefe Oktave gestimmt.
Auf Grund ihrer Spielweise, bei der lang ausgehaltene Töne überwiegen, kann man die Funktionsweise des breiten Steges besonders gut verfolgen. Die Saiten schlagen beim Schwingen an verschiedenen Stellen dieser Brücke auf, sie verändern ständig ihre Länge, ihre Teiltöne überschneiden und überlagern sich, bestimmte Teiltonbereiche werden dadurch hervorgehoben und führen zu einem obertonreichen Klang. Dieser Effekt kann durch feine Schnüre, die zwischen Steg und Saiten geschoben werden, noch verstärkt werden. [75]
Dieses Instrument hat seinen Ursprung in den vorderasiatischen Vorbildern der Langhalslauten, wie sie heute noch gespielt werden, z.B. dem persischen Tanbur, dem afghanischen Tumbur oder mit dem norwestindischen Tamburag. ( siehe Kap. Zentralasien Mittlerer Osten) und vielen anderen.
Klangbeispiel Tanpura [79]
Taus (Mayuri)
Der Korpus des Instruments ist einem Pfau nachgebildet, der gereckte Hals ist am Rande aufgesetzt, echte Pfauenfedern sind in einer runden Öffnung angebracht. Der Steg sitzt auf einem Band als Verstärkung, um die Decke durch die Spannung der vielen Saiten nicht zu stark zu verformen. Der Saitenhalter endet ebenfalls in einem geschnitzten Vogelkopf. Der Resonanzkörper, mit stilisierten Pfauenfedern bemalt, trägt eine Felldecke und ist eingezogen, um das Spiel mit dem Bogen zu ermöglichen. Dieser ist gerade, die Bespannung ist mit einer Knäuelwicklung befestigt. Das Instrument besitzt vier Spielsaiten, die in seitenständigen,stehenden Wirbeln enden. Sie verlaufen über gebogenen Bünden, die verschiebbar am Hals befestigt sind.
Unter den Metallbögen der Bünde liegen 15 Resonanzsaiten, die an einem gesonderten Brett befestigt sind, das seitlich am Hals angebracht ist und gitarreähnliche, stehende Mechaniken besitzt. Als Distanzhalter für diese sympathetic strings dienen kleine Knöpfe, die auf dem Griffbrett sitzen. Auf dem Kopf mit dem Wirbelhalter sitzen weitere fünf vorderständige Wirbel aus Holz, die davon ausgehenden fünf Resonanzsaiten (?) führen über eine kleine ca 20 mm breite Auflage als gesonderte Gruppe.Alle Saiten verlaufen über einen gemeinsamen Steg, die Melodiesaiten liegen auf ihm und die Resonanzsaiten führen durch kleine Bohrungen durch ihn hindurch.
Tonbeispiel Taus [80]
Sarod
Dieses Instrument aus der Lautenfamilie der hindustanischen Musik entstand am Ende des 19.Jahrhunderts. Es ist eine Weiterentwicklung des rubab, eines Zupfinstrument aus Afghanistan, das noch heute dort gespielt wird (siehe Darstellung unten) Ähnlich wie dieses ist es aus einem einzigen Stück Holz gefertigt,der Korpus ist beim Übergang zwischen Hals und Decke stark eingewölbt. Diese ist aus Ziegenfell, darauf steht der Steg. Über ihn laufen die 4 Melodiesaiten, während die 21 Resonanzsaiten durch Bohrungen hindurch zum unterständigen Saitenhalter geführt werden. Das Griffbrett, das sich vom Sattel aus zur Decke hin verbreitert, ist bundlos und mit einem Blech belegt.Gezupft wird das Instrument mit einem dreieckigen Plektrum (z.B. aus Kokosnussschale). Die Saiten werden auf das Blech des Griffbretts niedergedrückt, die glatte Unterlage und das Fehlen von Bünden fördert das Gleiten der Finger zur stufenlosen Veränderung der Tonhöhe für einen vokalen Stil des Vortrags. Die meisten Instrumente diesen Typs besitzen in der Höhe des Sattels noch einen zusätzlichen Resonator aus Metall.
Tonbeispiel Sarod [82]
Sarangi
In der klassischen hindustanischen Musik ist die sarangi das bedeutendste Streichinstrument, das aber auch in der Volksmusik in verschiedenen Varianten eine wichtige Rolle spielt. Zusammen mit der sarinda bildet sie eine weit verzweigte Instrumentenfamilie. Joep Bor nennt folgende gemeinsame Merkmale: [84A]
- aus einem Block Holz ausgehöhlt
- mehr oder minder eingezogene Taille
- ganz oder teilweise mit einer Felldecke überzogener Korpus
- auf die Decke gesetzter Steg
- bundloser Hals
- Saitenhalter ist eine Ausbuchtung des Korpus
- der Kopf (Wirbelkasten) ist mehr oder minder hohl mit einer charakteristischen Öffnung ("Mund") in der Vorderseite
- drei oder vier (manchmal auch nur ein oder zwei) seitlich eingesetzte Wirbel für die Spielsaiten
- in senkrechter Position vor der Brust gestrichen
Organologisch zählt die sarangi zu den Kurzhalslauten, ihre wichtigste Aufgabe war früher die Gesangsbegleitung, heute wird sie zunehmend auch solistisch zur Interpretation von Ragas eingesetzt. Der Klang der sarangi mit den vielen Resonanzsaiten soll unter allen indischen Musikinstrumenten der menschlichen Stimme am nächsten kommen. Die Saiten werden beim Spielen nicht auf den vorne geschlossenen Hals als Griffbrett aufgedrückt, sondern durch seitliches Anlegen des Daumennagels verkürzt. DieseTechnik führt zu einer gesanglichen Portamentospielweise, die charakteristisch für die Sarangi ist. Der Resonanzkörper ist mit einer Tierhaut als Decke überspannt auf der der Steg sitzt, der sowohl Spiel- als auch Resonanzsaiten aufnimmt und häufig die Form eines Tieres hat, wie bei Sarangi 3. Beim Bau von sarangi und auch sarinda gibt es keinerlei Standardisierung, jedes Instrument hat seine besonderen charakteristischen Merkmale. Die Unterschiede liegen z.B. in der Größe, Instrumente, die für die Begleitung einer weiblichen Singstimme konzipiert wurden, sind kleiner als die für männliche Stimmen vorgesehenen. Auch die Taillierung unterliegt keinen festen Regeln (siehe seitliche Abbildungen ), ebenso ist die Anzahl der Resonanzsaiten vor allem bei der sarangi sehr unterschiedlich. Einfache Volksmusikinstrumente verfügen nur über einige wenige, Instrumente, die in der klassischen Musik Verwendung finden besitzen 24 bis 39 Aliquotsaiten. Sie sind dann in Gruppen angeordnet, die chromatisch oder nach den wichtigsten Tonstufen eines ragas gestimmt werden.. Viele der Volksinstrumente werden in vielfältiger Weise ornamentiert und verziert, andere dagegen kaum. Bei nebenstehender Sarangi 1 sind z.B. Kopf und Hals mit ziseliertem Silberblech belegt, Sarangi 2 (rechts) ist mit klassischen Motiven bemalt, während Sarangi 3 keine Verzierung aufweist. Dafür ist bei ihr der Steg als Tierfigur aus Bein oder Knochen schön geschnitzt. Darüberhinaus nutzen die Instrumentenbauer je nach geographischer Herkunft symbolhafte Ornamente, Kerbschnitzereien und Materialien, um ihre Instrumente zu verschönern. In Afghanistan geschieht dies häufig durch filigrane Einlegearbeiten aus Knochen oder Horn. In Pakistan wird durch Punzen ein silberfarbenes Metall eingetrieben (siehe unten sorud 2). Kettchen, Bänder, Metallringe, ebenso Münzen und Ziernägel aus Kupfer oder Eisen werden als individuelle Ausschmückungen benutzt.
Tonbeispiel Sarangi [81]
Sarinda
Als sarinda wird eine Gruppe von Kurzhalslauten bezeichnet, die mit der Sarangi zusammen eine Instrumentenfamilie bildet Sie ist in einem weiten Gebiet zwischen dem Südostiran und Nordostindien verbreitet. Man kann zwei Haupttypen unterscheiden: eine dickbäuchig ovale, herz- bis ankerartige Form (Beispiel untenstehende sorud) und zum andern eine schlanke wenig ausgebauchte mit geringen Einbuchtungen (nebenstehende sarinda 1) Allen Typen gemeinsam ist die zweigeteilte Form des Resonators: ein Teil ist immer offen, während der zweite Teil mit Fell gedeckt ist und den Steg aufnimmt, der meist schräg gestellt wird, um sogenannte Wolfstöne zu vermeiden. In Teilen Afghanistans, Pakistans und Nordindiens bezeichnet man diesen stark bauchigen Haupttypus als sarinda, in Pakistan (Sind) wird sie surando genannt, in Afghanistan auch sarang, gheychak und saroz. In Belutschistan ( Iran und Pakistan) werden die Bezeichnungen gheichak, sorud oder saroz verwendet. Im westlichen Teil von Rajastan (Nordwestindien) ist der Begriff surinda geläufig. Die zweite schlankere Form findet sich häufiger im Norden und Osten Indiens. In Nepal heißt sie nepali sarangi und wird vor allem von den gaine (gandarbha in Sanskrit), einer Musikerkaste am unteren Rande der Gesellschaft gespielt. In Assam findet sich die sarega und im Stammesgebiet von Manipur (Nordostindien) die sananta.Beide sind einfache Instrumente und besitzen keine Resonanzsaiten. Erstere verfügt über drei, letztere über vier Spielsaiten und eine Decke aus Eidechsenhaut, in die fünf Schalllöcher eingestanzt sind. Morphologisch verwandte Instrumente finden sich auch im zentralasiatischen Raum wie der kyl kiak und der kobyz (siehe Kapitel Zentralasien) Auf Grund des riesigen Verbreitungsgebiets haben sich innerhalb der zwei Grundtypen eine Vielzahl lokaler Varianten herausgebildet, bei Fosshag [84] S. 282 sind über 30 unterschiedliche Instrumente abgebildet.
Tonbeispiel1 Sarinda Nepal einfach [83] Tonbeispiel2 Sarinda einfach [85]
Bekannte Ausprägungen sind die als sorud bezeichneten Instrumente in der Region Belutschistan und die meist einsaitige dhodro banam bei dem Urvolk der Santal in Süd - Bihar und Orissa, auf die ich in diesem Kapitel an anderer Stelle noch ausführlicher eingehen werde.
Der sorud ist eine entwickeltere Form der Sarinda. Wie die sarangi ist er aus einem Stück Holz herausgearbeitet, sein Korpus weist starke Einbuchtungen auf, die die Führung des Streichbogens erleichtern. Der Boden des Resonators ist meist stark gerundet, sein unterer Teil ist oft kleiner und mit einer Felldecke mit Steg versehen, während der obere größere Teil nach dem Aushöhlen teilweise mit einer dünnen Holzplatte wieder abgedeckt wird, so dass zwei Schallöffnungen freibleiben. Korpus und Hals sind fast immer schön mit Ornamenten verziert, im linken Beispiel (sorud 1)sind fünf kleine Spiegel auf dem Griffbrett angebracht. Hier handelt es sich vermutlich nicht um individuelle Ornamente sondern diese besitzen apotrophäischen Charakter. In Belutschistan und Sind wird der sorud nämlich zum Exorzismus benutzt und öfter auch in Heilungszeremonien gespielt.[84] S. 293 Die verwendeten Streichbögen bestehen vermutlich aus Pferdehaar und werden per Knäuelwicklungen befestigt. Manche Instrumente besitzen auch schon Resonanzsaiten ähnlich wie die sarangi. Der Wirbelkasten endet oftmals in einer nach hinten geschweiften Platte. Die seitständigen massiven Wirbel sind oft bemalt und beschnitzt.
Tonbeispiel1 Sorud [86]
Tonbeispiel2 Sorud [87]
Damburag (Dambura)
Wie der Name schon sagt, ist dieses Instrument wohl ein Abkömmling der tanbur-Familie aus dem vorderasiatisch-persischen Raum. Man findet es als Volksinstrument im nordwestlichen Indien und Pakistan, vor allem in der Region Belutschistan wird es als Begleitinstrument zum sorud viel gespielt. Sein tiefbauchiger Korpus ohne Schallöffnung wird von einer Holzdecke abgeschlossen, welche mit geometrischen Ornamenten versehen ist. Korpus, Hals und Wirbel sind reich mit Mustern, sowie grünen und roten Glasperlen verziert. Besonders die drei großen, vorderständigen Wirbel, die die drei Saiten des Instruments aufnehmen, sind fein herausgearbeitet und mit Glasperlen besetzt.
Tonbeispiel Damburag [88]
Dotara
Neben der Gopiyantra ist die dotara das typische Instrument der Bauls in Bangladesh und Westbengalen. Diese stellen eine eigene soziale und religiöse Gruppierung dar, die sich mit keiner der institutionalisierten Religionen identifiziert. Ihre Tradition lässt sich bis ins 15.Jahrhundert zurückverfolgen. Sie ziehen von Ort zu Ort und verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit dem Singen ihrer traditionellen Lieder, einem besonderen Typus mit Einflüssen der hinduistischen Bakhti-Bewegung und den Shuphisongs der Sufis. Sie begleiten sich unter anderem dabei auf der Dotara, einer einfach gebauten Laute, deren Kopf in einer Vogeldarstellung endet. Es ist ein reines Zupfinstrument,das mit einem Plektrum gespielt wird. Der kleine Korpus besitzt eine Felldecke, in die kleine Löcher gestanzt sind, der Korpus ist oft beschnitzt, wie im linken Instrument. Die Instrumente scheinen aus einem Stück herausgearbeitet zu sein, der Hals ist bundlos, der Wirbelkasten einfach.
Tonbeispiel Dotara [89]
Esraj und Dilruba
Organologisch zählen beide Instrumente zu den gestrichenen Halslauten, sie verfügen auch sonst über viele Gemeinsamkeiten. Der Resonanzkörper des esraj ist kaum breiter als das Griffbrett, ist stark zum Boden zu gerundet und tief eingeschnitten zur Bogenführung. Der Korpus der dilruba ist abgeflachter, etwas breiter und weniger eingebuchtet. Beide sind aus einem Stück Holz gefertigt und besitzen eine Decke aus Tierfell (meist Ziegenleder). Ähnlich wie die sitar besitzen beide verschiebbare Metallbügel als Bünde, unter denen die Resonanzsaiten durch den durchbohrten Steg aus Knochen verlaufen. Diese sind beim Esraj auf einer Leiste befestigt, die längs des Halses verläuft, bei der Dilruba sitzen die Wirbel direkt am Hals. Gegriffen wird nur eine der Hauptsaiten, die übrigen sind chikaris, Bordune.
Der Esraj entstand im 19.Jahrhundert, die Dilruba ist vermutlich wesentlich älter. Ersterer hat sich als Begleitinstrument im nordindischen klassischen Khyal-Gesang und im halbklassischen Thumri-Stil sowie in der Volksmusik Westbengalens und Bangladeshs etabliert. Die Dilruba hat sich im Verlaufe des 20. Jahrhunderts von Nordwestindien aus bis nach Afghanistan verbreitet und teilweise die ältere Sarinda verdrängt. Der Klang der Instrumente ist zarter und näselnder als der der Sarangi.
Tonbeispiel Esraj [90]
Tonbeispiel Dilruba [91]
Rubab
Dieses Instrument wird nach seinem Ursprung auch als kabuli rubab bezeichnet, weil sich diese Form in den größeren Städten Afghanistans im Verlaufe des 18. Jahrhunderts entwickelte.Traditionell wird es aus dem Holz des Maulbeerbaums hergestellt, der tief gewölbte Resonanzkörper ist mit Ziegenfell bespannt und es wird häufig mit schönen Einlegearbeiten verziert. Korpus und Hals sind durch eine starke Einbuchtung auf beiden Seiten voneinander getrennt. Der Hals verjüngt sich zum Wirbelkasten zu, dieser ist nach hinten geneigt und weist ein typisches durchbrochenes ornamentales Design auf.
Die drei Melodiesaiten werden auf der rechten Seite des Wirbelkastens befestigt, die Bordune auf der linken. Die bis zu 15 Resonanzsaiten werden von den am Hals angebrachten seitenständigen kleineren Wirbeln auf die Tonhöhe des jeweiligen Musikstücks abgestimmt. Die Hauptsaiten werden in Kabul meistens in Quarten gestimmt, anderswo kommen auch Quintabstände vor. Die vier geknüpften Bünde führen zu einer Unterteilung der Oktav in etwa 12 gleich große Halbtöne. Das Instrument wird mit einem Plektrum gezupft. Es gilt heute als Nationalinstrument Afghanistans.
Tonbeispiel Rubab [92]
Chikara
Der Begriff chikara ist vieldeutig, er bezeichnet manchmal eine zweisaitige Spießlaute aber auch kleinere Formen der nepalesischen Sarangi, wie sie im Kathmandutal von Wandersängern und Bettlern gespielt werden. Deren drei Spielsaiten aus Darm oder Pferdehaar werden auf Grundton, Quarte und Quinte gestimmt und die meistens fünf Resonanzsaiten aus Stahl liegen im Abstand von Quinte, Sexte, Septime, Grundton und zweitem Ton der höheren Oktav. In Kaschmir gibt es eine als saran oder sarang bezeichnetes Instrument in der Form einer kleinen rabab (ca 54 cm lang) mit zwei Stahl- und zwei Darmsaiten und einer Anzahl Resonanzsaiten.[92A] Sachs beschreibt die Chikara als ein kleines Streichinstrument in Rebabform mit drei Darm- oder Pferdehaarsaiten und 3 - 9 Stahlresonanzsaiten, [6, S. 101] wobei es sich um die zutreffendste Deutung handeln dürfte.
Bei dem abgebildeten Instrument sind Korpus und Hals aus einem Stück dünnwandig ausgehöhlt, wobei der Korpus rubabähnlich stark eingezogen und mit Fell bespannt ist. Der hohle Hals verjüngt sich konisch zum Wirbelkasten hin und wird von einer Holzdecke geschlossen. Der viereckige ebenfalls hohle Wirbelkasten ist aus vier Brettchen zusammengesetzt und nimmt seitlich drei relativ große Holzwirbel auf, die die drei Darmsaiten mit unterschiedlichem Durchmesser spannen. Diese verlaufen über einen Holzsteg, welcher mit zwei Füßen auf der Felldecke aufgesetzt, ist zu einem hölzernen Saitenhalter, welcher außen auf den Korpusrand aufgesetzt ist.
Hier werden sie durch Bohrungen geführt und unter dem Halter mit Hilfe von Knoten befestigt. In den Hals sind seitlich sieben Löcher in zwei Reihen gebohrt, welche die Wirbel für die Resonanzsaiten aufnehmen. Diese Stahlsaiten gleichen Querschnitts treten durch versetzt angebrachte Bohrungen aus dem Griffbrett aus und werden unterhalb der drei Melodiesaiten mit sieben Bohrungen durch den Steg hindurchzu dem erwähnten hölzernen Saitenhalter geführt, wo sie durch Schlaufen befestigt sind. Als Verzierung ist ein Vogel auf den Wirbelkasten aufgesetzt, an dessen Rändern umlaufend Ritzverzierungen angebracht sind. Die Öffnung,durch die die Saiten aus dem Wirbelkasten austreten, weist ebenfalls eine dekorative Form auf. Ebenso sind drei einfache Einlegearbeiten an Vogel, Wirbelkasten und Halsansatz zu sehen
Ghichak
Dieses Instrument habe ich in ähnlicher Form bei einem afghanischen Internethändler gesehen, der es als ghichak bezeichnet hat. Das Instrument weist aber auch gewisse Ähnlichkeiten mit einer rubab - i pamiri, einer in der Landschaft Badachschan im Norden Afghanistans und östlichen Tadjikistans gespielten Laute auf. Beide Möglichkeiten weisen auf eine Herkunft aus Afghanistan hin, vor allem der Stil der Verzierungen lässt diese Vermutung zu.
Der Resonator besteht aus einer Kalebasse welche eine Decke aus Tierhaut besitzt, die auf den Korpus aufgeklebt ist. Der Hals des Instruments ist aus massivem Holz und recht dick (8 cm). Er ist zusammen mit dem Kopf aus einem Stück herausgearbeitet. Dieser besitzt die Gestalt eines Schwanenkopfes. Der Ansatz des Halses am Kürbisresonator erfolgt ähnlich wie bei vielen indischen Sitarinstrumenten durch Überlappen eines halbrunden Holzkranzes, der sich in zehn halbkreisförmigen Bogensegmenten über den Resonator legt und eine stabile Verbindung der beiden Teile gewährleistet.
Das Griffbrett, die Seiten des Halses und der Schwanenkopf sind ebenso der dazwischen liegende Wirbelkastenschön mit weißen Einlegemustern verziert, die mit dem schwarzen Holz von Hals und Kopf einen deutlichen Kontrast bilden. An der einen Seite des Halses ist ein Stück Holz angesetzt, welches die Form eines Vogelflügels besitzt. In ihm stecken drei Wirbel aus Holz welche drei Saiten aufnehmen, die wahrscheinlich als Aliquotsaiten aufzufassen sind. In den Wirbelkasten sind von beiden Seiten je zwei Wirbel zur Aufnahme der Saiten eingesetzt. Zwei von ihnen besitzen einen etwas größeren Querschnitt, sie verlaufen über den relativ kleinen Steg aus Holz, welcher auf das Deckenfell aufgesetzt ist. Die übrigen zwei Saiten aus dem Wirbelkasten werden zusammen mit den vorhin erwähnten drei seitlichen Resonanzsaiten aus dem Flügel mit fünf Bohrungen durch den Steg geführt. Alle Saiten verlaufen dann über den Rand des Resonators und werden dann an einem hölzernen Dorn befestigt, welcher wahrscheinlich als Verlängerung des Halses anzusehen ist, welcher durch den ganzen Korpus verläuft.
Swarsangam
Das swarsangam ist ein Kombinationsinstrument aus einer Swarmandal und einer Tanpura, das am Ende des 20. Jahrhunderts in der indischen Musik Einzug fand.
Die swarmandal, auch Surmandal genannt, dient hauptsächlich als Borduninstrument in der klassischen hindustanischen Musik, wo es im khayal die Gesangstimme unterstützt. Sie gleicht äußerlich einer europäischen Zither oder einer amerikanischen Autoharp, mit denen sie auch organologisch als Kastenzither verwandt ist. Die Saiten werden mit einer gitarrenähnlichen Mechanik am Rande gestimmt. Die Stimmung richtet sich dabei nach dem gerade gespielten Raga, es gibt keinen Standard, weil es keine festgelegte Zahl von Saiten und auch keine fixe Korpusgröße gibt.
An der rechten Seite des Instruments sieht man das zweite Instrument, das hier integriert wurde, eine Tanpura. Die Saiten sind an einer metallenen Mechanik befestigt, werden über einen schmalen Sattel geführt und verlaufen über den typischen breiten Knochensteg, welcher die besondere Klangcharakteristik bewirkt. Der Klang der Swarmandal dagegen ist filigraner und silbriger. Die Kombination dieser beiden Instrumente setzt den Spieler in die Lage, auch durch die Erweiterung des Tonumfangs eine große Zahl von unterschiedlichen Liedern begleiten zu können.
Swarmandal: 15 Saiten; Mensur 20,7 - 60,3
Tanpura: 4 Saiten; Mensur 67,5
Tonbeispiel Swarsangam [93]
Tonbeispiel Swarmandal [94]
Santur
Etymologisch kommt der Name vom griechischen Psalterion her, dem Vorfahren der Psalter. Das indische Hackbrett santur ist aus Persien übernommen, wo es in den klassischen Ensembles eine führende Rolle spielt. Es gelangte zunächst in die Kaschmirregion, wo es in der Volksmusik Fuß fasste und später in die Kunstmusik Nordindiens eingeführt wurde.
Die 24 dreichörigen Saiten sind an einer Seite an randständigen Stimmwirbeln befestigt und führen an den beiden Seiten je über eine hochstehende Kante als Sattel. Sie verlaufen über kleine bewegliche Stege, die auf der Resonanzdecke stehen und die Saitenschwingung übertragen. Mit den seitlichen Wirbeln und den beweglichen Stegen lässt sich das Instrument auf die entsprechenden Töne des jeweiligen Ragas einstimmen. Gespielt wird es mit zwei besonders geformten Schlegeln aus Holz, die je nach Timbre auch mit Leder bzw. Filz belegt sein können.
Obwohl es auf Grund seiner Konstruktion keine gleitenden Tonübergänge erlaubt, die für große Teile des klassischen nordindischen Repertoires stilprägend sind, hat sich das Instrument in diesem Genre behauptet, dank einiger überragender Virtuosen, wie z.B. Shivkumar Sharma.
Tonbeispiel Santur [95]
Ravanhatta
Die ravanhatta ist eine gestrichene Langhalslaute, die hauptsächlich in Rajastan vorkommt. Ihr Korpus besteht fast immer aus einer durchschnittenen Kokosnuss, die mit Ziegenfell bespannt ist. Durch den Resonanzkörper hindurch verläuft der lange Hals, der hier mit einem dünnen Blech aus hellem Metall (Aluminium?) belegt ist. In ihm sind die Wirbel für die zwölf Resonanzsaiten aus Stahl angebracht. Zwei größere Wirbel nehmen die beiden Spielsaiten auf. Eine besteht aus Metall, sie dient als Bordun. Die andere ist aus Pferdehaaren zusammengedreht, sie verläuft nicht parallel zum Hals, sondern in einem schrägen Winkel zu ihm. Auf ihr wird die Melodie gespielt. Der Bogen ist sehr einfach, aber es sind kleine Glöckchen angebracht, die es dem Spieler erlauben, rhythmische Akzente im Spiel zu setzen. Der Korpus wird beim Spielen meist gegen den Bauch gehalten, der Hals zeigt vom Körper weg.
Das Instrument ist schon im Mittelalter bekannt, es soll in feudalistischer Zeit das erste Musikinstrument gewesen sein, das die jungen Prinzen erlernen mussten. Heute ist es das Instrument der bhopas, einer Kaste von wandernden Sängern, die von Ort zu Ort ziehen und ihre epischen Erzählungen damit untermalen. Das bekannteste dieser Epen, das Epos von Pabuji, erzählt seit über 600 Jahren die Geschichte von Ehre, Heldentum, Märtyrerschaft und Rache.
Tonbeispiel Ravanhatta [96]
Gopiyantra
Diese Zupftrommeln, eine Mischung aus Membranophon und Chordophon, kommen allein in Indien vor. Der Name rührt von den gopis her, den Hirtinnen der indischen Mythologie und Gespielinnen Krishnas. Irreführenderweise werden die Instrumente aber auch als ektara (Einsaiter) bezeichnet. Sie bestehen immer aus einem fassförmigen oder konischen Resonator aus Holz, Kürbis, Kokosnuss, Ton oder Metall, dessen Unterseite mit einer Fellmembran verschlossen ist, wobei die Oberseite aber meist frei bleibt. Durch das Fell wird eine Stahlsaite geführt, ein Knopf verhindert das Durchrutschen. Von der Seite verlaufen meist zwei flexible Arme zu einem Saitenhalter mit einem Stimmwirbel.
Die Saite wird meist mit dem Finger angerissen, die Saitenspannung und damit die Tonhöhe lassen sich durch Druck auf die seitlichen Arme verändern. Auf diese Weise können ein Bordunton und rhythmische Strukturen erzeugt werden. Es ist eines der von den Bauls hauptsächlich in Westbengalen und Bangladesh gespielten Instrumente. Ein fahrender Musikant als Alleinunterhalter spielt oftmals die Gopiyantra mit der einen Hand, während die andere Hand eine kleine Trommel schlägt. Instrumente mit Kürbisresonator werden auch als lao tokari bezeichnet.
Saitenschwingung und Membranschwingung stehen in einem rechten Winkel zueinander. Die Schwingungen der Membran überlagern sich dadurch mit den Saitenschwingungen, was zu einem verstärkten Aufbau von Obertönen über der Grundfrequenz der Saite führt. Die Membran wirkt als Frequenzdoppler und führt zu nichtlinearen akustischen Phänomenen, die von einem Saiteninstrument so nicht erwartet werden. [98]
Bei der Gopiyantra1 scheint es sich um eine verwandtes Instrument zu handeln. Es besitzt zwei Saiten, die an einem Holzboden befestigt sind. Als Kopf des Saitenhalters ist ein Vogel (Adler?) angeschnitzt. Bei den Adivasi Zentralindiens wird ein Instrument verwendet, auf das die Kriterien zutreffen, man bezeichnet es als kuranrajan.
Tonbeispiel Gopiyantra [100]
Ektara
Bundlose Langhalsspießlauten wie die nebenstehende ektara ( ek - ein, tara - Saite) sind Instrumente meist von wandernden Bettelmusikanten, sei es von hinduistischen Sadhus oder muslimischen Fakiren. Gespielt werden diese griffbrettlosen primitiven Lauten in der volkstümlichen nordindischen Musik meist als Begleitinstrumente für religiöse und unterhaltsame Lieder, weil sie wie die Gopiyantra eine Bordunbegleitung mit rhythmischer Komponente beisteuern können. Der Sänger hält dabei die Ektara mit einer Hand am Bambusrohr oder Holzstab senkrecht vor sich und schwingt es über die Schulter, während er mit dem Zeigefinger derselben Hand die Saite zupft.
Das Instrument besteht aus einem ca ein Meter großen Stab, der durch einen Kalebassenresonator so hindurch geführt wird, dass ein kleiner Teil aus der Gegenseite herausragt. Dieser Teil wird zur Saitenaufhängung benutzt. Der Resonator ist mit einem Ziegenfell oder Echsenhaut bespannt. Auf ihm steht ein primitiver Holzsteg, der die Schwingungen überträgt. Am oberen Ende des Saitenträgers ist ein Wirbel für die Stahlsaite eingelassen.
Bei diesem Instrument links dürfte es sich allerdings um eine Dotara (Zweisaiter) handeln, die mit Ausnahme der zweiten Saite genauso aufgebaut ist und gespielt wird.
Tonbeispiel Ektara [99]
Tambur (Tumbur)
Der afghanische tambur oder auch tumbur wird überwiegend im Norden des Landes gespielt. Sein Äußeres hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem persischen Tanbur, von dem er abstammen könnte, sowie mit der Herati Dutar. Der herzförmig sich nach unten verjüngende Korpus ist aus einem Stück Maulbeerbaum gearbeitet, an den der hohle Hals aus gleichem Holz angesetzt ist. Zwölf geknüpfte Bünde sind beweglich angeordnet und erlauben eine Veränderung der Tonskala. Wie bei vielen afghanischen Instrumenten können Intarsien zur Verzierung eingelegt sein. Die 6 Spielsaiten sind in drei Doppelchören angeordnet; sie sind an je drei seitenständigen und vorderständigen Holzwirbeln direkt am Hals befestigt, ein Wirbelkasten fehlt. Die 11 Resonanzsaiten laufen vom unterständigen Saitenhalter wie die Melodiesaiten über einen flachen Steg. Sie enden an den seitlich am Hals angebrachten Wirbeln.
Der Hals ist mit einem dünnen, furnierten Griffbrett belegt, welches eben mit der hölzernen Decke, ebenfalls aus Maulbeerbaumholz, abschließt. In diese Decke sind eine Vielzahl kleiner runder Löcher als Schallöffnungen hineingebohrt; sie bilden zusammen mehrere einfache geometrische Figuren. Das Instrument wird mit einem Plektrum gespielt, es findet vor allem in der Begleitung von Gesang und Tanz, seltener im klassischen Ghazal Verwendung
Tonbeispiel Tambur [101]
Waji(Waj)
Der waji (auch waj, vaj, wadzh) stammt aus der ostafghanischen Provinz Nuristan. Er ist organologisch schwer einzuordnen, er besitzt Merkmale des Musikbogens, der Harfe und der Rahmenzither.
Ein gleichmäßig gebogener, runder Saitenträger wird durch die dunkle Felldecke des Resonanzkastens geführt, der meist aus Zedernholz gefertigt wird. Die Decke wird mit Lederriemen am unteren Teil des Korpus befestigt. Etliche runde Löcher sind als Schallöffnungen eingestanzt. Der Resonanzkörper hat die Form eines Bootes, welches aus einem Stück mit einem geraden Boden ausgearbeitet ist. Der Korpus ist auf beiden Seiten eingezogen, so dass annähernd eine Achterform entsteht.
Von einem Ende des runden, massiven Bogens aus Holz zum anderen sind vier Saiten gespannt, welche aus Tiersehnen (Rind oder Rehwild) oder einem anderen organischen Material gefertigt werden. Sie erzeugen auf Grund ihrer unterschiedlichen Länge auch unterschiedliche Tonhöhen.
Beim Spielen fährt die rechte Hand im Rasgeadostil mit einem hölzernen Plektrum, meist aus Pinienholz, über die Saiten. Die linke Hand dämpft die Saiten ab, die nicht klingen sollen, eine Spielweise, wie man sie z.B. beim russischen gusli oder dem äthiopischen krar ebenfalls benutzt. Meist begleitet sich ein Sänger selbst auf dem Instrument und erzählt traditionelle epische Heldengeschichten. Oft wird es aber auch beim polyphonen Gesang, bei dem zwei Sänger sich mit einem Chor abwechseln, in einem ostinaten Muster gespielt. Meist wird dabei noch eine sarindi, ein zweisaitiges Streichinstrument, verwendet. Dessen beide Saiten werden nach dem waji gestimmt und immer zusammen als Bordun verwendet. Die Saiten des waji sind diatonisch gestimmt, dabei liegt ein Halbtonschritt über oder unter zwei Ganztonschritten. Zwei Spielhaltungen sind üblich: einmal wird das Instrument mit dem einen Arm über beiden Knien umfasst und mit der freien Hand angeschlagen. Zum anderen wird das waji mit einem Fuß an einem Ende auf der Erde fixiert und das andere Ende an den Schenkel des anderen Beines angelehnt, so dass die Saiten in etwa waagerecht zu liegen kommen. [98A] [98B]
Inzwischen konnte ich noch ein zweites Exemplar waji erwerben, es kann hier betrachtet werden. Die Korpusform und die Verschnürung der Resonatordecke mit Lederriemen, die durch Perforationen geführt und am Boden und an der Seite festgezurrt werden, sind ebenfalls identisch. Die Bogenstange hat einen Durchmesser von 3 cm und eine Öffnung von ca 50 cm, was der maximalen Saitenlänge entspricht. Diese bestehen hier aus Nylon und werden mit einer Knäuelwicklung gespannt. In der Felldecke sind zwei mal drei Gruppen kleiner, runder Schalllöcher eingestanzt oder eingebrannt, also insgesamt 18 Löcher. Die Bogenstange wird an "Bug" und "Heck" jeweils mit Lederriemen fixiert.
Tungana
Die tungana wird im gesamten Gebiet am Südrand des Himalaya verwendet, man findet sie in Ladakh, Bhutan und Nepal. Weil Chordophone in der Tradition des Buddhismus ausgeschlossen sind, wird das Instrument nur in der Volksmusik gespielt. Diese nimmt im alltäglichen Leben eine wichtige Stellung ein. Musiker begleiten Prozessionen, Volksfeste, Hochzeiten und Begräbnisse. Darüber hinaus wird es als Begleitung zum Gesang am abendlichen Feuer geschätzt.
Das Instrument wird aus einem einzigen Stück Holz herausgearbeitet. Der ovale bis runde Korpus verjüngt sich nach hinten zu und ist vollständig beschnitzt. Die Decke besteht meist aus Ziegenfell und wird mit Nägeln oder Holzstiften am Korpus befestigt. Der untere Rand ist als Saitenaufhängung ausgebildet. Die vier oder fünf Saiten laufen über einen niederen Steg zu den seitenständigen Wirbeln am sichelförmig geneigten Wirbelkasten, der die Form des Kopfs eines Dämonen oder der unnahbaren Göttin Hayagriva hat. Der Hals ist scharf vom Korpus abgesetzt und in seinem unteren sich verbreiternden Teil ornamental verziert. Gespielt wird das Instrument, indem man die Saiten mit einem Holzplektrum in akkordischer Spielweise schlägt.
Tonbeispiel Tungana [102]
Bulbul Tarang (Benju)
Das tara bulbul oder bulbul tarang (übersetzt: Schwingen der Nachtigall) ist ein relativ junges Instrument, welches das japanische Taishogoto zum Vorbild hat. In der pakistanischen Region Baluchistan wird es als benju bezeichnet und ist in der Volksmusik weit verbreitet. Es findet z.B. im zayirak (von zakir: Erinnerung, Trauer,Melancholie), einer melancholischen Musikform, als Begleitung zum Gesang Verwendung.
Meist verfügt es über sechs Saiten, wobei die Saiten 1 und 2, sowie die Saiten 5 und 6 als Bordune behandelt werden; sie sind in Quarten oder Quinten gestimmt. Die mittleren Saiten 3 und 4 sind unisono gestimmt, meist auf die Töne f oder g. Die Instrumente besitzen eingelegte Bünde, mit Hilfe der Typewriter-Tastatur werden metallene Bügel niedergedrückt, die die Saiten verkürzen. Mit einem Plektrum aus Holz oder Kunststoff werden die Saiten gemeinsam als Akkorde angeschlagen, seltener eine Melodielinie aus Einzeltönen gespielt.
Tonbeispiel Bulbul Tarang [103
Dhodro banam
Das dhodro banam ist eine gestrichene Lautenart vom Sarinda-typus, die vom Stamm der Santal im nordöstlichen Indien im Bundesstaat Orissa stammt. Sie gehört zu den Instrumenten, bei denen die Beziehung Mensch - Instrument sehr deutlich wird. Die Santal bezeichnen den gedeckten Teil des Korpus als Bauch, den offenen als Brustkorb, den Wirbelkasten als Kopf, in dem der Wirbel, als Ohr bezeichnet, sitzt. Häufig ist der Wirbelkasten selbst als Kopf ausgebildet (Dhodro1).
Ein Mythos des Stammes berichtet von sieben Brüdern, die eines Tages ihre Schwester umbrachten, um sie zu verspeisen. Der jüngste Bruder aber, der sie sehr geliebt hatte, konnte seinen Teil nicht essen und begrub ihn im Hügel der weißen Ameisen. Daraus wuchs ein Guloicbaum; ein vorbeiziehender yogi hörte aus dem Baum einen melodiösen Klang und beschloss, daraus ein Musikinstrument zu bauen, das erste dhodro banam. Die Santal haben bis heute zu diesem Instrument eine besondere Beziehung. Weil alles Schöne, was der Mensch sich erschaffen kann, mit ihm verschwinden soll, wurden die Lauten häufig beim Tode des Besitzers verbrannt oder zerstört.
Das dhodro banam wurde bis in unsere Zeit von bettelnden yogis aber auch von halbprofessionellen Musikern gespielt, die man zu festlichen Gelegenheiten herbeiruft. Beim Spielen befinden sich die Instrumente vertikal vor dem Ausführenden, der Hals mit der Greifhand oben, die Bogenhand unten. [75] p.95/96
Auffallend sind die oft verwendeten Kopfplatten, die an viele Instrumente angeschnitzt sind. Sie zeigen als Motiv häufig tanzende Frauen, die Santal sind bekannt für ihre Gruppentänze.
Dhodro banam 1
Das ganze Instrument ist aus einem einzigen Stück von einem rötlichen Holz gearbeitet. Die Rückseite des Korpus ist wie die zuammengelegten Flügel eines Vogelleibs gestaltet, die Federn sind schön herausgeschnitzt. Der Wirbelkasten des Instruments ist nach der Vorderseite zu als menschliches Gesicht geformt, nach hinten aber ist er hohl. Die Bohrung für den Wirbel der Einzelsaite, die an einem unterständigen Holzpflock befestigt wird, geht durch das Ohr. Im unteren Teil fehlt die Felldecke, im freien Teil des Resonators, dem "Brustkorb" ist eine weibliche Figur herausgearbeitet.
Die Kopfplatte ist besonders groß und dominiert das ganze Instrument. Sie zeigt zwei Reihen von jeweils vier Frauen, die sowohl nach der Vorderseite als auch nach der Rückseite hin fein aus dem Holz herausgearbeitet sind. Nach der Art, wie sie dargestellt sind, könnte es sich um Tänzerinnen handeln. Die Umfassung der Platte als auch die Querstrebe zwischen den beiden Reihen sind durch eingeritzte Muster gestaltet.
Dhodro banam 2
Dieses Instrument ist ebenfalls aus einem einzigen Stück Holz gearbeitet, welches aber wesentlich dunkler und leichter ist als beim vorher geschilderten. In dem einfachen Wirbelkasten sind Bohrungen für drei Saiten. Der fellgedeckte Teil, der "Bauch" ist verhältnismäßig klein und eingebuchtet wie bei einer Sarangi. Vom großen ungedeckten Teil des Korpus, der "Brust" verläuft ein schlanker Hals zum Wirbelkasten. Auch hier ist die Kopfplatte schön gestaltet. Sie zeigt ein Paar, das miteinander verbunden ist und eine einzelne Person in einer Reihe sitzend. Es könnte sich dabei um ein Elternpaar mit Kind handeln. In der unteren Reihe sind vier anscheinend männliche Figuren dargestellt, deren Gestik ebenfalls auf die Aufführung eines Tanzes hinweisen könnte.
Die Instrumente 3 und 4 sind von wesentlich einfacherer Bauweise und viel gröber ausgeführt.
Dhodro banam 3
Der Korpus ist hinten nicht verziert und einfach halbrund. Der Wirbelkasten, der zwei Saiten vorsieht, ist nach hinten zu offen, zur Vorderseite hin aber sind Linienmuster als Verzierung eingeritzt. Der offene Teil des Korpus wird durch Leisten in sechs Segmente gegliedert. Der gedeckte Teil verbreitert sich und endet in einem groben Holzklotz als Saitenhalter.
Dhodro banam 4
Auch hier ist der ganz einfache Wirbelkasten nach hinten offen, er kann zwei Saiten aufnehmen. Der Korpus ist hinten halbrund, der gedeckte Teil relativ groß. Der freie Teil wird durch ornamenthafte Leisten gegliedert. Die Kopfplatte zeigt acht angedeutet stilisierte Figuren, vier sind nach vorne gewendet, vier nach hinten.
Dhodro banam 5
Dieses Instrument besteht aus einem dunklen, schweren Holz und ist vollständig aus einem Block herausgearbeitet. Der Resonanzteil mit halbrundem Boden besteht aus einem unteren, trapezförmigen und eine darüberliegenden rechteckigen Hohlraum; ersterer war mit einem Fell bedeckt, das nun fehlt, lediglich die abgebrochenen Nägel für die Befestigung sind noch erhalten. Beide Hohlräume sind in Höhe durch eine runde Öffnung miteinander verbunden. Auf den Resonanzteil folgt ein sich verjüngender Hals mit einem schön gearbeiteten Kopf, durch dessen beiden Ohren der Wirbel für das einsaitige Instrument gesteckt wurde.Die Saite trat in einer Öffnung am Kinn aus, die mit dem hohlen, inneren Teil des Kopfes in Verbindung steht. Auf dem Kopf befindet sich die für die Dhodro -Instrumente typische Kopfplatte, auf deren Vorderseite wohl eine männliche Person in der Mitte dargestellt ist. Links und rechts neben ihr sitzen auf zwei Säulen Vögel, deren gebogene Schnäbel sich über der Figur berühren und eine Art Schirm bilden. In dem Dreieck an der Spitze der Platte ist eine herzförmige Darstellung sichtbar. Auf der Rückseite der Kopfplatte ist eine blühende Blume dargestellt, die in einer geschwungenen Vase steht.
Dhodro banam 6
ist aus einem Stück leichten und dunklen Holzes herausgearbeitet. Auf dem Kopf der Figur liegt ein Querriegel aus Holz mit eingeritztem Rautenmuster, darauf steht eine weibliche Figur. An den Seiten findet man angeschnitzte Arme mit Händen. Auf der Vorderseite der "Brust" sieht man schräg gestellte Kerbverzierungen, auf der gerundeten Rückseite und an den Seitenteilen finden sich eingeritzte Fischgrätenmuster.Im "Hals" befindet sich ein Loch zum Durchführen der einzigen Saite. Der Kopf ist massiv ausgeführt und nicht ausgehöhlt.
Dhodro banam 7
Der Kopf des Instruments ist nach hinten ausgehöhlt, der Wirbel zur Aufnahme der einzigen Saite wird durch das Ohr geführt. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Frauenkopf mit Ohrbehängen als Edelsteinnachbildung. Auffallend ist ein kleiner, menschlicher Kopf, der von hinten über den Schädel der Hauptfigur hinausragt. Er ist wie die ganze übrige Figur aus einem Block herausgearbeitet. Der Hals ist relativ lang, nach beiden Seiten und nach vorne hin offen. Am Kinn befindet sich eine Öffnung zur Durchführung der Saite hin zum Wirbel. Der Brustteil ist so ausgehöhlt, dass zwei diagonale Streben stehen bleiben. Man findet an vielen Stellen Kerbverzierungen.
Dhodro banam 8
besitzt einen rechteckigen Wirbelkasten, der nach vorne hin offen und rundum mit Kerbschnitzerei versehen ist. Von der Seite her führt ein massiver Holzwirbel durch den Kasten zur Aufnahme der einzigen (nicht originalen) Saite, auch die Felldecke des Resonators scheint nicht original zu sein. Die auf den Wirbelkasten aufgesetzte Platte zeigt 10 Tänzer, die dem Betrachter zugewendet sind, was bei den Instrumenten der Santal häufig vorkommt.Zwei Reihen der Tänzer zu je fünf befinden sich übereinander, sie scheinen gleich gekleidet zu sein.
Shenai und Nagasvaram
Die shenai ist das wichtigste Blasinstrument der hindustanischen klassischen Musik und die nagasvaram ist ihr Gegenstück in der karnatischen Musik. Beide sind auf Grund ihres durchdringenden Tones Outdoor-instrumente, die in religiösen und weltlichen Zeremonien, z.B. bei Prozessionen eine Rolle spielen.
Die shenai zählt zu den Schalmeien, den Doppelrohrblattinstrumenten. Sie wird meist von einem ähnlichen Blasinstrument begleitet, welches einen Bordunton spielt, wie z.B. die shruti. Während die Instrumente der volkstümlichen Musik der über in fast ganz Asien verbreiteten kurzen zurna in der Länge gleichen, können die in der klassischen Musik gespielten bis zu 60 cm lang sein.
Typische Kennzeichen der shenai sind eine konische, weite Bohrung, sie hat kein Daumenloch und sieben bis acht Fingerlöcher und eine kurze, weite Stürze, meist aus Messing. Gebaut wird sie aus langfaserigem Holz. Das Doppelrohrblatt wird auf eine konische Metallhülse gewickelt und ist aus einem speziell gezüchteten Pala-Gras hergestellt. Der Spieler nimmt das ganze Blatt im Mundraum auf,der wie eine Windkapsel wirkt und es dem Spieler erlaubt, mit Hilfe der Zirkularatmung einen durchgehenden Ton zu produzieren. Durch Überblasen kann der Tonumfang über zwei Oktaven hinausgehen. Durch Teildeckung der Fingerlöcher entstehen die für die klassische Musik so wichtigen ständigen Tonhöhenänderungen und Glissandi. [20]
Die nagasvaram Südindiens ist erheblich länger als ihr nordindisches Pendant, sie kann fast ein Meter lang werden. Sie findet hauptsächlich in der Tempelmusik Verwendung. Hier ist sie meist Teil eines Ensembles, das noch eine ottu, ein verwandtes Rohrblattinstrument ohne Grifflöcher als Bordun und eine tavil, eine Fasstrommel, umfasst.
Die nagasvaram hat sieben Grifflöcher und noch zusätzlich 4 oder fünf andere auf der Gegenseite. Diese können mit Wachs verschlossen werden und erlauben dadurch ein Umstimmen des Instruments auf eine andere Tonhöhe. Ihre Stürze besteht fast immer aus Holz. Man verwendet keine Klappenmechanik um die Tonlöcher zu schließen und zu öffnen. Würde man dies tun, könnte man keine gleitenden Tonübergänge durch Teilabdeckungen der Löcher mit den Fingerkuppen mehr erzeugen. Bei der nagasvaram kann auch durch Regulierung der Stärke des Luftstroms eine Tonhöhenänderung in einem gewissen Umfang erzielt werden. Ansonsten ähnelt die Spieltechnik der der shenai.
Tonbeispiel Shenai [104]
Tonbeispiel Nagasvaram [105]
Pakhavaj
Diese Trommel diente im alten dhrupad-Stil der nordindischen Musik als Begleitung zur rudra vina und tanpura und war das herausragende Rhythmusinstrument. Als diese ernste und getragene Form nach und nach durch den khyal-Stil abgelöst wurde, änderte sich auch die Instrumentierung, die sitar ersetzte weitgehend die vina und die tabla verdrängte die pakhavaj, die heute nur noch selten zu hören ist.
Diese ist eine doppelfellige Trommel mit einem zweifach konisch zulaufenden, aber asymmetrischen Korpus aus Holz. Sie kann bis 600 mm lang sein, das kleine Fell hat meist einen Durchmesser von 160 mm, das größere bis zu 250 mm. Gespielt wird sie mit beiden Händen, die Trommel liegt entweder waagrecht auf der Erde oder auf den Knieen des Spielers im Schneidersitz.[97] Die Felle werden wie bei der tabla mit zwei Ringen gespannt; durch Lederriemen mit untergeschobenen Holzpflöcken oder wie nebenstehend mit Seilen und metallenen Spannringen kann die Spannung der Felle und damit die Tonhöhe verändert werden.
Tonbeispiel Pakhavaj [106]
Tabla
Dieses Trommelpaar ist in den meisten Musikformen der hindustanischen Musik ein unverzichtbarer Bestandteil geworden.
Die zwei Trommeln stehen aufrecht auf gefütterten Tuchringen vor dem Spieler im Schneidersitz. Die Trommeln in unterschiedlicher Größe und Tonhöhe sind einfellig und werden unterschiedlich gespielt. Die rechte Trommel ( tabla oder dayan = rechts) hat meist eine sich nach oben verjüngende, zylindrische Zarge aus Holz, der Korpus der linken Trommel ( baya = links oder duggi ) besteht meist aus Kupfer oder Stahl.
Das Fell der linken Trommel ist etwa anderthalbmal so groß wie das der rechten und erklingt mindestens eine halbe Oktave tiefer. Auf jedes Fell ist ein Ring eines zweiten Fells aufgeleimt, das die Mitte des unteren Fells frei lässt. Manchmal wird dies von der Unterseite wiederholt, so dass ein dreilagiges Fell entsteht. Auf das durchgehende Fell wird auf die Mitte eine Stimmpaste kreisrund aufgebracht. Diese ist eine Mischung verschiedener Komponenten (Reismehl, schwarze Asche usw.), die in einem komplexen Verfahren in mehreren Lagen aufgetragen wird. Auf dem bayan ist der Kreis kleiner und exzentrisch, weswegen diese Trommel einen eher dumpfen Klang besitzt. Jedes Fell ist mit Zickzackschnürung durch Riemen mit zwei Spannringen aus geflochtenem Leder gebunden. Bei dem dayan werden die Riemen zusätzlich durch untergeschobene zylindrische Holzkeile gespannt.
Sogar unter der Vielzahl subtiler asiatischer Trommelspieltechniken ragt die tabla wegen ihrer komplizierten und schattierungsreichen Spieltechnik heraus. Die dayan wird mit der Handfläche, den Fingern und Fingerkuppen an verschiedenen Stellen der Membran geschlagen, auf dem bayan erzeugt der Spieler z.B. eine leichte Tonerhöhung durch Druck und Entlangschieben der unteren Handfläche zur Mitte des Fells hin nach dem eigentlichen Schlag.
[20] p. 315
Tonbeispiel Tabla [107]
Dhyangro
Die dhyangro hat im Schamanismus der Regionen des südlichen Himalayas ihre Wurzeln. Es handelt sich bei ihr um eine doppelfellige Rahmentrommel, die traditionell mit einem gekrümmten Schlegel, dem gajo, geschlagen wird. Die Felle werden mit Verschnürungen gespannt, die im Zickzack von einem zum anderen laufen. Während die eine Hand den gajo schwingt, hält die andere die Trommel mit der am Rahmen befestigten phurba.
Dieser Griff ist die Nachbildung eines rituellen Dolches, der dazu dienen soll, den Einfluss teuflischer Wesen und dunkler Mächte zurückzuweisen. Die phurba ist immer mit symbolhaften Schnitzereien versehen, die von einfachen geometrischen Figuren bis hin zu figürlichen Darstellungen reichen. Der obere Teil, wie rechts zu sehen ist, besteht fast immer aus drei Gesichtern mit wechselndem Ausdruck, einmal heiter, dann zornig und schließlich ausdruckslos. Oftmals wird im Mittelteil die Seegottheit Makara dargestellt, ein Fabelwesen aus Krokodil und Elefant. Im unteren Teil werden einzelne oder, wie hier, miteinander verschlungene Schlangen dargestellt. Sie sind die Hüter des Wassers und der Unterwelt, sie verleihen die Kraft, Regen zu spenden.
Die Shamanen spielen diese Trommel, um sich in Trance zu versetzen. Sie treten dann in Beziehung zu den Überirdischen und zu den Ahnen, bringen Heilung bei Krankheiten und Hilfe bei der Lebensbewältigung.
Tonbeispiel Dhyangro [108]
Rag dung und Sankha
Das rag dung oder auch dung chen ist eng mit dem Buddhismus verbunden, es ist ein typisches Instrument, das in den Klöstern Tibets und der benachbarten Regionen verwendet wird. Es ist eine Langtrompete, meist aus ornamentiertem Kupfer oder einer Kupferlegierung, mit mehreren teleskopartig zusammengesetzten Segmenten, die mit einem tubaähnlichen Mundstück geblasen wird. Ihr Ton ist tief und durchdringend und soll an das Trompeten eines Elefanten erinnern. Gespielt wird es meist bei Prozessionen und rituellen Anlässen, fast immer zu zweit, um einen ununterbrochenen Ton hervorrufen zu können.
Die sankha, auch sankh oder dung kar genannt zählt zu den einfachsten und ältesten Trompeten überhaupt. Sie besteht aus dem Gehäuse von großen Meeresschnecken, deren Schalen durch Gravuren und Metalleinlagen verziert werden. Oftmals wird noch ein Mundstück angesetzt. Ihr Ton ist markant und durchdringend, im indischen Kulturraum findet sie nur im sakralen Bereich Verwendung. In der tibetischen Ritualmusik, die nur Blas- und Schlaginstrumente kennt, wird sie meist paarweise gespielt, um einen kontinuierlichen Ton zu erzeugen. Sie wird in Ritualen eingesetzt, bei denen es beispielsweise um das Vertreiben böser Geister geht. Die Schnecke ist darüber hinaus eines der acht Glückssymbole des tibetischen Buddhismus. Auch im Hinduismus ist das Schneckenhorn neben Rad, Keule und Lotos eines der vier Hauptsymbole für Vishnu, den Gott des Bewahrens und Erhaltens.
Tonbeispiel Rag dung [109]
Tonbeispiel Rag dung [109A]
Tonbeispiel Sankha [110]
Tonbeispiel Sankha [110A]
Tingsha
Bei tingshas oder ting - shags handelt es sich um kleine Zimbeln, die im nepalesischen und tibetischen Buddhismus bei bestimmten Zeremonien gespielt werden. Im tibetischen Buddhismus finden sie in Ritualen Verwendung wie z.B. beim persönlichen Gebet zum Totengeleit und bei Opferungen für Verstorbene und deren Hungergeister. In der klassischen und volkstümlichen Musik finden sie allerdings keine Verwendung. Sie haben eine gewisse Ähnlichkeit mit crotales oder anderen antiken Zimbeln und besitzen eine kreisrunde Form bei einem Durchmesser um die 5 -7 cm. Man spielt sie überwiegend paarweise, wobei das Paar durch einen Lederriemen oder eine Kette miteinander verbunden ist. Der Spieler nimmt dann den Lederriemen in beide Hände und lässt die beiden etwas glockenartig aufgewölbten Teile horizontal gegeneinander schlagen. Bei einer anderen Technik erfolgt das Gegeneinanderschlagen durch eine vertikale Auf - Abbewegung an den Rändern. Eine dritte Variante besteht darin, dass eine der beiden Hälften mit einer Hand fixiert wird und die zweite "Glocke" als "Schlägel" dient. Steht nur eine Zimbel zur Verfügung wird sie mit einem Stück Holz oder Horn zum Klingen gebracht. Als Material zur Herstellung wird fast ausschließlich Bronzeguss verwendet. Antike Zimbeln sollen einen besonderen Reichtum an Obertönen besitzen, was in der Besonderheit der verwendeten Legierungen begründet sein soll. Ausschlaggebend für die Qualität einer Tingsha ist die Homogenität der Frequenzen, die von jedem der beiden Teile erzeugt werden. Diese ist bei industriell gefertigten Objekten selten gegeben.
Sehr viele Zimbeln dieser Art sind mit religiösen Symbolen geschmückt. Die links abgebildete tingsha enthält das Mantra "OM MANI PADME HUM" als Verzierung.
Auf Grund ihres oft lang anhaltenden Klangs werden tingshas in westlichen Kulturen hauptsächlich neben Klangschalen in der Esoterik und in der Klangtherapie eingesetzt.[110 B]
Tonbeispiel Tingsha [795]