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Institut für Musikforschung

Teilsammlung Fritz Degel: Afrika Nord

 

Die Musik Afrikas kann grob in zwei große Teilbereiche gegliedert werden: einmal die Musik des islamisch geprägten Nordens und zum anderen die Musik der Völker südlich der Sahara. Zu den Ländern des ersten Bereich zählen Marokko, Mauretanien, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten. Auf ihre Musik und ihre Musikinstrumente soll in diesem Kapitel eingegangen werden.

Die Musik Nordafrikas


Die Musik des nördlichen Afrika schöpft aus vier Quellen:

  • der klassischen arabisch-andalusischen Musik
  • der Populärmusik der arabischen Bewohner
  • der Musik der Berber und Tuareg
  • der Musik des Islams und einiger Sufirichtungen

1. Die arabisch-andalusische Musik

Im Jahr 822 verließ Ziryab (Ali Ibn Nafi), begnadeter Sänger, Oudspieler und Komponist, seine Heimat Baghdad und ließ sich in Cordoba nieder. Hier fand er am Hofe der Omayyadenherrscher Aufnahme und wurde in kürzester Zeit die wichtigste Persönlichkeit der Musikkultur Andalusiens, die in dieser Zeit ihrem Höhepunkt zustrebte. Neben der technischen Vervollkommnung der Oud wird ihm vor allem die Entwicklung der nouba (oder nawba) zugeschrieben, jener Musikform, die bis auf den heutigen Tag im Zentrum der klassischen arabisch-andalusischen Musik steht. Man bezeichnet diese Musik als al-âla oder als gharnati in manchen Teilen Marokkos, als san´a oder gharnati in Algerien und als malouf  in Tunesien und Libyen. Auch die muwashsha, die gesungene Dichtung Ägyptens, hat hier ihren Ursprung.

Man sagt, zu Ziryabs Zeiten habe es 24 nouba gegeben, für jede Stunde des Tages eine, heute sind nur noch elf in Marokko, zwölf in Algerien und 13 in Tunesien erhalten. Eine nouba besteht in Marokko aus fünf Sätzen (mîzân) und folgt einem genau festgelegten Ablauf. Sie kann sich über mehrere Stunden hinziehen, dewegen wird heute meist nur ein Teil davon aufgeführt. Die gesamte nouba ist immer in einem einzigen Modus (maqâm) gehalten, der ihr auch den Namen verleiht und auch eine emotionale Grundhaltung beschreibt. Die einzelnen mîzân haben jeweils einen eigenen Rhythmus und werden durch ein oder mehrere Vorspiele eingeleitet, die oft auch improvisatorische Komponenten besitzen. Danach folgen bis zu zwanzig Lieder, häufig gesungene Dichtung, deren Themen sich z.B auf die Liebe, die Natur oder den Wein beziehen. Dazwischen werden noch einmal  instrumentale Zwischenspiele geschoben. Insgesamt findet eine Steigerung innerhalb einer nouba hinsichtlich des Tempos vom Anfang zum Ende zu statt.

Das Ensemble, das eine nouba aufführt, besteht aus einem oder mehreren Sängern sowie rebab andalusi, Violine, oud, Cello und verschiedenen Perkussionsinstrumenten. Der Ablauf ist in anderen Ländern des Maghreb grundsätzlich gleich, die instrumentale Besetzung variiert. In Algerien kommen manchmal mandol und Mandoline hinzu, in Tunesien die ney und qanun. Insgesamt nimmt die Verwendung westlicher Instrumente wie z.B. Piano und Kontrabass zu. [317][318]

2. Die Populärmusik

Während die klassische Musik hauptsächlich die Musik der gehobeneren Klasse war, entwickelten sich daneben Musikstile, die mehr in der breiten Bevölkerung angesiedelt waren. Stile wie der städtische malhûn,  von den professionellen cheikhs (Meister) und cheikhas gesungene Poesie, nutzten die Volkssprache und verwendeten mehrere Modi in einem Stück. Auch der algerische hawzi steht in einem ähnlichen Zusammenhang.

Bekannt geworden ist der chaabi, der manchmal auch als "Blues der Kasbahs" betitelt wurde. Man bezeichnet damit in Marokko Musikstile, die rhythmische Strukturen der gnawa-Musik mit Elementen der Musik der Berber und schon bestehender Populärmusik verbinden.

In Algier entstand unter diesem Begriff in den 1940er Jahren ein typischer Gesangsstil, der soziale Themen, den Zwiespalt zwischen Tradition und Fortschritt sowie Probleme des Alltagslebens beleuchtete. Begleitet wurde dabei oft auf mandol, qanun, Violine, Piano und anderen Melodieinstrumenten sowie Trommeln und Perkussion. Diese Form aus gesungenen Versen im Wechsel mit instrumentalen Passagen auf Saiteninstrumenten wurde von Hajj Mohammed Al - Hanka (Spitzname "Kardinal") perfektioniert. Zunächst als anrüchige Musik der mahchachat (Cannabiskneipen) verschrien, wurde sie bald allgemein anerkannt und auch bei Hochzeiten und anderen sozialen Anlässen gespielt. Der chaabi kann zusammen mit dem bedoui auch als einer der Grundlagen angesehen werden, aus denen sich letztendlich der rai entwickelt hat, zusammen mit Einflüssen aus Rock, Soul, Funk und Reggae. [319][320]

3. Musik der Berber

Die verschiedenen Berberstämme verteilen sich über den gesamten nordafrikanischen Raum bis nach Mali, Niger und Burkina Faso. In Marokko siedeln die Chleuh, die Imazighen und die Rifbewohner, in Algerien die Chaoui, Kabylen und Tuareg.

Bei den Chleuh im Südwesten Marokkos sind die rwâyes, halbprofessionelle Barden, die Träger der musikalischen Aktivitäten. Sie begleiten sich als Sänger auf der rribab einer einsaitigen Fiedel, die anderen assistieren mit Laute, Glocke und Perkussion. Im Wechsel mit dem Chor werden Themen wie Liebe, Religion, soziale Ereignisse und die alltägliche Arbeit angesprochen. Ebenso spielt der Tanz eine bedeutede Rolle, bei den Chleuh wird er ahwash genannt, bei den benachbarten Berbern ahidus. Beides sind Tänze mit Gesangsbegleitung und wesentlicher Ausdruck der Berberkultur im Atlasgebirge, wobei Poesie, Rhythmus und Tanz eine Einheit bilden.

Die traditionelle Musik der Rifkabylen wird von der Gruppe der iddebalen getragen, die mit ghaitas (Oboen), tbel (Ziegenfelltrommel) und bendir (Rahmentrommel) bei religiösen Festen, festlichen Zusammenkünften, Hochzeiten und Beschneidungszeremonien auftreten. Daneben spielt der Gesang eine Rolle, im Atlas finden sich die cheikhas, Sängerinnen, die ihre Lieder mit Szenen des Alltagslebens mit dem lotar (Laute) und dem bendir (Rahmentrommel) untermalen. Bei den Chaouia in Algerien wird der Gesang üblicherweise mit qasba (Flöte) und ebenfalls bendir begleitet. Bei den Kabylen haben sich viele Sänger im Befreiungskampf engagiert. Sie tradieren auch die alten izlan, die Liebeslieder der vergangenen Zeit, ihre Lieder zeugen vom Sinn für Poesie und Metaphern.

Bei allen Tuaregstämmen (in Algerien, Libyen, Mali und Niger) ist die Musik fast immer Frauensache. Sie singen, spielen die einsaitige Fiedel imzad und schlagen die tindé, eine einfache Trommel aus einem Mörser zum Mehlstampfen, den man mit einem Fell überzieht. Mit dem gleichen Namen bezeichnet man aber auch Gesang, Tanz und musikalische Zusammenkünfte. Eine Vorsängerin singt in Versen, die z.B. von Helden erzählen, von Kriegstaten und vom Wert der Frauen. Ein Chor aus Männern und Frauen antwortet ihr unter rhythmischem Händeklatschen. [321]

4. Religiöse Musik

Der orthodoxe Islam lässt nur wenig Spielraum für musikalische Betätigung in der Ausübung der Religion. Der adhan, der psalmodisierende Ruf des Muezzins ist von einer Region zur anderen oft sehr verschieden. Die Koranrezitation ist ein anderes Beispiel; sie geschieht ebenfalls in der Form der Psalmodie und erfordert eine gute Kenntnis der modalen Struktur, die in den Vortrag einfließt.

Lediglich die verschiedenen Sufiorden billigen der Musik und oft auch dem Tanz einen wesentlichen Platz in ihren Riten zu. Sie betrachten die Musik als ein Mittel hauptsächlich zur mystischen Vereinigung mit Gott. In Marokko findet sich die Sufibruderschaft der gnawa. Sie wurde von Nachkommen der Sklaven gegründet, die aus dem westlichen Afrika vom 17. Jahrhundert an im Zuge der arabischen Expansion nach Norden verschleppt worden waren.

Die Musik Ägyptens

Was die Musik angeht, so ist Ägypten an der Nahtstelle zwischen Afrika und der arabischen Welt ein Schmelztiegel in dem verschiedene Strömungen zusammengeflossen sind.

Wie schon erwähnt, hat die arabisch-andalusische Musik auch bis nach Ägypten ausgestrahlt, aber nicht in dem Maße wie im Maghreb. Man findet die muwashshas, poetische Kompositionen mit diesem Ursprung nur noch selten, ebenso wie die qasidas, gesungene Poesie in klassischem Arabisch. Einige takht, kleine Orchester mit oud, qanun, Violine, nay und riqq, bleiben der alten Tradition noch treu.

Oum Kalsoum und Mohammed Abdel Wahab sind die beiden bedeutendsten Vertreter des ughniya mutawwala (langes Lied) oder munuluj (Monolog) genannten Gesangsstils. Diese Lieder, wie der Name schon ausdrückt, sind von epischer Länge und können bis zu einer Stunde dauern und werden oft von Orchestern beträchtlicher Größe untermalt. Hervorgegangen aus der klassischen und volksnahen Tradition erfreuten sie sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts großer Beliebtheit und hatten für die gesamte arabische Welt Vorbildcharakter. Oum Kalsoum als Ikone dieses Stils, interpretierte die Verse, von denen jeder eine eigene Melodie hatte, in der Sprache des Volkes. Es waren oft leidenschaftliche Themen, deren sie sich annahm. Die Musik war modal, die Ausführung schwierig  und  der Stil erinnerte mehr an klassische Musik als an Populärmusik.

Daneben war der shaabi eine Liedform, die auf den Straßen Cairos zu finden war. Diese Musik wurde von einer Mischung aus traditionellen arabischen und westlichen Instrumenten wie Akkordeon, Saxophon, Schlagzeug und Synthesizer gespielt. Sie war eine der Grundlagen, aus denen sich dann in Cairo der moderne jeel entwickelt hat, eine ägyptische Parallele zum algerischen rai. Man bezeichnet damit eine Verschmelzung zwischen nubischen Stilelementen des Südens, ägyptischen Rhythmen und Rhythmen der Beduinen, Melodien und Themen der Populärmusik, arabischem Gesangsstil und westlichem Instrumentarium. Es war eine Art Reaktion auf das theatralische klassische Chanson und man bezeichnet diese neue Musik als Abgenzung  dazu auch als shabâbyya, Musik für die Jugend.

Bedeutung hat auch der raqs sharqi, der orientalische Tanz. Im Libanon und Syrien entstanden, erreichte er in Ägypten seine größte Bedeutung. Im Westen als Bauchtanz bezeichnet, wird er oft mit einem sexuellen Flair in Verbindung gebracht. Die Orientalen finden dies als nicht angemessen und verweisen auf die lange Tradition weiblicher Tanzformen in Ägypten.

Am Suezkanal und vor allem in Port Said findet man die simsimyya, eine Leierart. Der Begriff bedeutet aber auch einen Musikstil. Man begleitet mit ihr Tanz und Gesang und spielt sie bei Besessenheitsriten. Man hat ein eigenes, bodenständiges und oft spontanes Repertoire dafür geschaffen.

Im Niltal findet man Ensembles, die aus meistens vier mizmar (Oboen) bestehen. Die Musiker spielen die mizmar in Zirkularatmung überwiegend zu Tanzveranstaltungen zusammen mit der tabl, einer großen zweifelligen Trommel. Sie singen auch lange Monologe bei denen sie sich auf der rababa, einer Spießgeige mit Kokosnussresonator begleiten. Dieser Stil wird als saiydi bezeichnet. [325]

Rebab andalusi

Mit dem Begriff rebab in anderer Schreibweise rabab, rababa, rababe, rribab, rubab, rubaba, rowap, rawap etc wird eine große Instrumentenfamilie bezeichnet, die man von Marokko über ganz Nordafrika, dem Mittleren Osten und Teilen Asiens bis nach Indonesien antreffen kann. In manchen Gebieten bezeichnet man damit Spießgeigentypen mit kleinem rundem oder ovalem Korpus (z.B. Indonesien),  in anderen werden Lautenarten unterschiedlicher Bauformen (z.B. Afghanistan) damit benannt.

Im nördlichen Afrika findet man mehrere Formen aus der Familie, die sich erheblich voneinander unterscheiden. In der arabo-andalusischen Musik war das führende Streichinstrument die rebab andalusi, was schon auf ihre Herkunft hinweist. Sie war spätestens im 11. Jahrhundert von den Arabern nach Spanien gebracht worden und wurde zum Vorläufer des europäischen rebec [326], das ein wichtiges Streichinstrument des Mittelalters war, ähnlich wie der oud, der auf gleichem Wege zur europäischen Laute wurde.

Die rebab andalusi gehört zu den gestrichenen Kurzhalslauten. Sie wird aus einem Stück Holz herausgearbeitet und besitzt einen länglichen, nach hinten halb gerundeten Korpus. Der untere Teil ist mit einer Felldecke bezogen, während der obere Teil entweder mit einer aus Holz (zwei Beispiele aus Marokko) oder Metall (Beispiel Tunesien) künstlerisch gestalteten Abdeckung versehen ist. Auch die Rückseite ist meistens aufwändig mit Intarsien aus  verschiedenen Hölzern oder  farblicher Gestaltung ornamentiert. Die rebab besitzt zwei Saiten, eine aus Darm, die andere aus Stahl. Sie verlaufen von einer unterständigen Befestigung über einen Steg, der auf dem Fell aufsitzt, zu zwei markanten Holwirbeln, die in dem nach hinten geknickten Wirbelkasten sitzen. Das Instrument wird mit einem kurzen Pferdehaarbogen gestrichen und wird dabei in senkrechter Haltung auf das Knie gestützt. Sie ist eines der Hauptinstrumente der klassischen arabisch-andalusischen Musik, wird aber mehr und mehr durch die europäische Violine mit ihrem größeren Tonumfang ersetzt. [327]

Video  Rebab [328]
Video arabisch-andalusische Musik [329]

 

Rebab (Marraba)

Das Rebab einiger Berberstämme und das Rebab der Beduinen sind zwei Instrumente, die sich in gewisser Weise ähneln.
Sie besitzen als Korpus einen mehr oder minder rechteckigen Rahmen, der bei der beduinischen Form einseitig, bei der berberischen Form beidseitig mit Fell bespannt ist. Beide besitzen Stimmwirbel zur Regulierung der Saitenspannung. Die marraba besitzt davon drei, die "quirlförmig" angeordet sind, die Beduinenform hat einen vorderständigen Wirbel. Beide sind Spießlauten, wobei die Berberform als Binnenspießlaute ausgebildet ist: die Saiten werden an dem Ende des Spießes befestigt, der durch ein Loch in der Felldecke zugänglich ist und verlaufen dann über einen Steg. Bei beiden ist der Hals als Rundstab ausgebildet. Die Tonhöhe wird bei diesen Instrumenten nicht durch Niederdrücken der Saiten auf den Rundhals sondern durch leichtes Anlegen der Finger an die Saiten verändert.

Bei den rwais-Berbern existiert noch eine dritte Form des Rebabs, das dort als rribab bezeichnet wird. Es ist eine einsaitige Kastenspießgeige mit einer schräg über den Korpus zu einem weit seitlich abstehenden Wirbel verlaufenden Saite. Manchmal sind quer über die Resonanzdecke Perlenschnüre oder ähnliches gespannt, die zusätzlich ein schnarrendes Geräusch erzeugen. [330, S. 134]

Video Rebab der Beduinen [331]

 

Rebab und Kamanga aus Ägypten

In Ägypten findet man zwei weitere Rebabformen, die als rababa und als kamanga  bezeichnet werden.
Die rababa findet man häufig im Niltal und sie wird oft auch als "Nilgeige" bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine mit einfachsten Mitteln gebaute Spießgeige. Der Korpus besteht aus einer Kokosnuss, von der ein Segment abgeschnitten und mit Fischhaut oder Fell überzogen wurde. Ein runder Stab wird durch den Korpus hindurchgeführt, die überstehende Spitze dient zur Befestigung der beiden Saiten, die häufig aus Rosshaar bestehen und die an zwei seitständigen Wirbeln befestigt werden, die in einem schmalen Wirbelkasten sitzen. Das Instrument wird in senkrechter Haltung mit einem Bogen gestrichen und meist zur Liedbegleitung eingesetzt. Auch hier wird die Tonhöhe durch leichtes Anlegen der Finger der Greifhand an die Saiten verändert.

Das links abgebildete Instrument ist schwierig zu identifizieren. Es könnte sich um ein Rebab aus Indonesien handeln, dem widerspricht jedoch die runde Form des Korpus mit dem Schallloch am Boden. Der gedrechselte Hals und die Fellbespannung weisen eher auf ägyptischen Ursprung hin. Es ist wohl eine kamanga, ein zweisaitiges Streichinstrument aus der Gruppe der Schalenspießgeigen, das ebenfalls wie die rechteckige rebab as-sair, der Rebab des Dichters, zur Begleitung gesanglicher Vorträge eingesetzt wird. [330, S.131]

Video Rababa [332]

 

Mezoued

Der mezoued (auch mizwad, mizwid) ist eine Form des Dudelsacks, der in der Volksmusik Tunesiens gespielt wird. In Libyen heißt ein ähnliches Instrument zukra. Der mezoued besteht aus einem Windsack, der meist aus Ziegenleder hergestellt wird. Darin werden zwei miteinander verbundene, zylindrisch gebohrte Pfeifen mit sechs Grifflöchern eingeführt. Beide endigen in einem Schalltrichter aus Kuhhorn, welche eine eigene Klangcharakteristik bewirken. Die Einzelrohrblätter der Pfeifen werden separat in die beiden Rohre eingesetzt und mit Wachs fixiert. Das Blasrohr wird meist aus Schilf gefertigt, auch hohle Flügelknochen von Vögeln werden verwendet.

Beide Rohre werden gleich gestimmt: e  fis gis a b h. Die ersten drei Töne können jeweils Leitton für einen maqam darstellen.
In Libyen werden die beiden Pfeifen oft auch ohne den Windsack gespielt. Die Verwendung zweier Pfeifen als Doppelinstrument ist sehr alt, bereits 2700 v.Chr. wurde dieses Prinzip schon angewendet. Die zummara und der arghul in Ägypten oder die alboka der Basken sind z.B. verwandte Blasinstrumente, die auf diesem Prinzip aufgebaut sind. [333]

Video Mezoued [334]

 

Mandol

Dieses Instrument findet man hauptsächlich in Algerien und zu einem kleineren Teil in Marokko. Es soll um 1930 von dem Instrumentenbauer Bélido auf Anregung von Hajj Mohammed El Hanka, dem wichtigsten Vertreter des Chaabistils, entwickelt worden sein. Dementsprechend ist es auch eines der Hauptinstrumente dieses populären Musikstils und wird oft von Sängern benutzt, die sich selbst auf diesem Instrument begleiten.

Die mandol entwickelte sich aus dem Mandoloncello, mit dem es viele bauliche Komponenten teilt, zeigt aber auch den Einfluss des arabischen Oud. Die Saiten sind immer doppelchörig angeordnet, es gibt Instrumente mit vier, fünf und sechs Doppelchören, die fünfsaitige Variante findet sich am häufigsten. Die Stimmung ist unterschiedlich, manchmal wird sie wie die untersten Saiten der Gitarre gestimmt (EE AA dd gg hh), manchmal wie das Mandoloncello (CC GG dd aa e1e1), manchmal aber auch nach einer der vielfältigen Stimmungen des Oud. Die Saiten verlaufen wie beim Mandocello von einem unterständigen Saitenhalter über einen Steg und ein Griffbrett mit eingelegten Metallbünden zu den gitarreähnlichen Mechaniken im durchbrochenen Wirbelkasten. Die einem Ei ähnliche Korpusform entspricht dem eines Mandocellos, die Zargen sind senkrecht und der Boden immer flach. Man findet verschiedene Schalllochvarianten: manche sind rautenförmig, andere rund. Häufig ist wie bei dem abgebildeten Instrument auch eine Dreieranordnung, wie sie beim Oud häufig anzutreffen ist. Um ähnliche maqam, wie auf diesem arabischen Instrument spielen zu können, verfügen viele mandol über zusätzliche Bünde zur Erzeugung von Vierteltönen. Sie ist immer auch mit einer Schlagplatte zwischen den Schalllöchern und dem Steg ausgestattet, die die Holzdecke des Instruments durch Beschädigungen mit dem Plektrum beim Spielen schützen soll. [335]

Video Mandol [336]

 

Nfir

Das nfir oder nafir gehört zur Familie der endgeblasenen Naturtrompeten. Diese Instrumente haben bei den islamischen Sultanaten Westafrikas eine Jahrhunderte alte Tradition. Sie werden an den Höfen dieser Herrscher als Teil des Repräsentationsorchesters zu zeremoniellen Anlässen gespielt. Dies geschieht nur durch Männer, die meistens hoch zu Ross ihre zwei signalartigen Töne blasen. Im Tschad nennt man das Instrument waza und bei den Haussa und ihren verwandten Gruppierungen heißt es kakaki.

Auch in Marokko ist eine solche Langtrompete seit dem 11. Jahrhundert unter dem Namen nfir bekannt. Zunächst wurde ein Militärinstrument damit bezeichnet, später erhielt es seine bis heute verwendete religiöse Funktion. Während des Fastenmonats Ramadan ist es den gläubigen Moslems zwischen Sonnenauf- und Untergang untersagt, Speisen und Getränke zusichzunehmen. Deshalb ist es sinnvoll, noch vor Sonnenaufgang etwas zu sich zu nehmen. Gewissermaßen als Weckruf zu dieser frühen Mahlzeit werden von den Minaretten der Moscheen zwischen zwei und drei Uhr morgens mit den nfir und, wie in Marrakesch, im Wechsel mit der gaita Signale geblasen, die die Gläubigen wecken sollen. Deswegen wird das nfir manchmal auch als Ramadantrompete bezeichnet. Das Instrument kann teleskopartig zerlegt werden, das becherartige Mundstück ist direkt aus der Röhre geformt. Das ganze Instrument ist durch feine Ziselierungen ornamentiert. [337][338]

Daneben spielt das Instrument auch eine große Rolle bei muslimischen Bruderschaften, die in gleich gekleideten Gruppen zu bestimmten Anlässen durch die Straßen ziehen. Eine solche Gruppe besteht aus mehreren Trommlern und immer zwei Nfir-Spielern Im Internet sind davon etliche Umzüge vor allem aus Marokko zu sehen, aber auch aus Europa werden Beispiele gezeigt.

Video Nfir [339]
Video Nfir [339A]

 

Loutar

Die Bezeichnung guembri, auch gumbri, gimbri, gunibri, ghembre, gnibra, gombri oder gmbri bezieht sich nicht  eindeutig auf ein bestimmtes Instrument. Im Atlasgebirge benennt man damit die neben abgebildete Lautenform, die aber in manchen Gegenden als loutar bezeichnet wird. Unter loutar oder lotar wird aber auch die Laute der rwais-Berber mit ihrem runden Korpus verstanden. Andererseits werden auch die in den gnawa-Zeremonien verwendeten größeren Bassinstrumente als guembri, manchmal aber auch als hajhouj oder sentir benannt.

Sie gehören alle zur Familie der Binnenspießlauten, einer der ältesten Lautenformen überhaupt. Schon im Alten Ägypten findet man sie auf vielen Darstellungen; von hier aus wanderten sie nach Süden in die Königreiche von Kush und Meroe und von da aus im Zuge von Binnenwanderungen in den Westsudan und weiter nach Nordafrika. Die Araber beließen ihr nach ihren Eroberungen einen Platz im kulturellen Leben der ansässigen Bevölkerung. Ähnliche Instrumente finden sich auch in Mauretanien (tindinit) und bei den Tuareg (tehardent) sowie bei vielen Volksstämmen Westafrikas mit unterschiedlichen Formen und Bezeichnungen wie n´goni oder xalam.

Das nebenstehende loutar ist eine in ganz Marokko sehr beliebte typische Halslautenart. Das Instrument besteht aus einem länglichen Korpus, der aus einem Stück Holz herausgearbeitet ist. Er ist mit einem Fell, das oft ungegerbt bleibt, als Resonanzdecke bespannt. Der Hals in Form eines runden Stabes wird unterhalb der Decke bis zu einem Loch weitergeführt und sein Ende ist sägezahnartig als Saitenbefestigung ausgebildet. Im oberen Teil des Halses, der keinen Wirbelkasten aufweist, sitzen in der für Nordafrika typischen rundständigen Art die Wirbel. Das Instrument besitzt drei Saiten, die früher meist aus Darm, heute aber aus Stahl oder Nylon sein können. Diese werden mit einem Plektrum aus Horn, Grasstengeln oder Kunststoff angerissen, manchmal werden sie auch mit den Fingern gezupft. Ursprünglich mit drei Saiten bestückt wurde in neuerer Zeit durch Mohammed Rouicha eine vierte hinzugefügt. Er gehört zu den Barden des Mittleren Atlas, den imdyazn, die bei den amazigh, wie sich die  Berber selbst bezeichnen, eine bedeutende Rolle in der Volksmusik als Sänger und Instrumentalisten spielen. [340] [330, S. 136,138]

Video Loutar [341]

 

Runde Loutar und Guinbri

Diese beiden Instrumente können als Verwandte des guembri angesehen werden. Das rechts abgebildete loutar hat mit dem oben gezeigten guembri viele Gemeinsamkeiten: die Wirbel sind ebenso ohne eigenen Wirbelkasten in den Hals rundständig eingelassen wie bei den meisten Guembri-Typen. Es handelt sich auch hier um eine Binnenspießlaute, bei der der Hals unterhalb der Felldecke in den Korpusraum hineinragt und eine Öffnung die sägezahnartige Saitenbefestigung (tukhsin)  freigibt. Ein halbkreisförmig gebogener Steg sitzt auf dem Fell der Decke auf und überträgt die Saitenschwingung.

Der Korpus besteht aus einer kreisrunden zum Boden hin gewölbten Schale. Darüber sind von oben und unten zwei pergamentartige Membranen gespannt, die in einer gezackten Form miteinander verspannt sind. Das loutar ist, wie schon erwähnt, das klassische Instrument der rwaîes, der Dichter-Sänger des Atlasgebirges, die diese Laute zusammen mit dem rribab, der einsaitigen Spießgeige, zur Begleitung ihrer gesungenen Poesie verwenden.

Kleinere guembri-Formen werden gewöhnlich als guinbri bezeichnet. Das rechts abgebildete Instrument gehört zu dieser Kategorie. Neben den drei rundständigen Wirbeln, dem Fehlen eines Wirbelkastens und dem runden, ritzverzierten Hals besitzt es als Resonanzdecke ein relativ dickes Fell, das über einen Schildkrötenkorpus gespannt ist. Es scheint eher ein Kinder- oder Lerninstrument gewesen zu sein, das in der praktischen Musikausübung keine Rolle mehr spielt. [340]

Video Loutar [342]
 

Hajhouj und Guembri

Dieses Instrument ist gewissermaßen der Bass in der guembri-Familie. Man bezeichnet es auch als guembre (oder ähnlich), daneben aber auch als hajhouj und in manchen Gegenden auch als sentir. Es ist das Instrument des Vorsängers und Ensembleleiters in den Zeremonien der gnawa, das den Gesang untermalt und die Melodie vorgibt. Darüber hinaus bieten Musiker mit diesem Instrument die Möglichkeit einer zeremoniellen Reinigung in den Häusern Verstorbener, sie spielen bei Hochzeiten und sonstigen festlichen Gelegenheiten auf.

Das hajhouj verfügt wie die beiden hier gezeigten Instrumente meist noch über eine alte Art der Saitenbefestigung. Ähnlich wie bei den Vorläufern im Alten Ägypten werden die Saiten an dem runden Hals der Binnenspießlaute an Lederstreifen (oder Streifen aus Kunststoff) festgebunden, die man zum Stimmen des Instruments verschieben kann. Mit der Ausbreitung des Islam von Nordafrika nach Süden wurde diese Technik auf viele Lauten West- und Nordafrikas angewendet, wie z.B. bei der n´goni, xalam oder der kora der Mandinge-Völker.

Das marokkanische Instrument besitzt eine rechteckige Resonanzdecke aus Fell, die über einen halbzylindrischen Holzkorpus gespannt wird. Die drei dicken Saiten sind an den "Zähnen" des Binnenspießes eingehängt und verlaufen dann über einen halbrund gebogenen (Beispiel Guembri) oder einen brückenförmigen Steg (Beispiel Hajhouj) mit zwei "Füßen", die auf der Decke ruhen. Die Instrumente werden oft mit Intarsien oder Ziernägeln reich ornamentiert. Üblich sind auch, wie beim Guembri, runde oder ovale Metallplatten, die in das Halsende eingesetzt werden und am Rande mit einer Anzahl kleiner Metallringe versehen sind. Sie stellen als Pendelrasseln ein zusätzliches perkussives Element dar. Das Instrument wird mit den Fingern der rechten Hand angeschlagen, wobei der Handrücken stark gekrümmt wird und die Fingernägel im Abschlag die Saiten treffen. [330, S. 136 ff.]

Video Hajhouj [343]
Video Guembri [343A]

Rribab

Das abgebildete Instrument zählt zu den Kastenspießgeigen und wird von den Rwais-Berbern im südlichen Marokko gespielt. Der Korpus besteht aus einem 4 cm breiten Holzrahmen oft aus Oliven oder Rebenholz, der annähernd zu einem Kreis gebogen wird. Über und unter dem Rahmen werden zwei Felle meist aus Ziegenhaut gelegt, die mit Hilfe von Schnüren fest miteinander verzurrt werden, so dass eine Art Doppelfelltrommel entsteht. Durch den Rahmen, wo sich die beiden Teile beim Zusammenbiegen überlappen, wird nun der verjüngte Hals in Form eines Holzstabes hindurchgeführt, so dass ein Stück auf der gegenüberliegenden Seite übersteht. Dieser Teil wird als Saitenbefestigung benötigt. Der übrige Hals ist quadratisch (3,5 x 3,5 x 47cm) und besitzt ein abgerundetes Endstück. Auf der Vorderseite des Halses sind fünf Blechornamente angebracht, von denen drei rechteckig umlaufend sind und zwei nur auf der Vorderseite  rautenförmiges Aussehen besitzen. In diese Metallteile sind abwechselnd rote und grüne geschliffene Teile aus Glas oder Kunststoff als Edelsteinimitationen eingesetzt. Auf den zwei Seiten des Halses sind jeweils noch zwei Metallrauten als Verzierung aufgesetzt, allerdings ohne Schmuckeinsatz. Der Wert vieler Instrumente liegt oft in den sehr aufwendigen Materialien, mit denen die Hälse früher verziert worden sind. Typisch für den rribab ist der relativ große und massive Wirbel, der von links durch den Hals hindurchgeführt wird und an dem die eine Saite aus gedrehtem Pferdehaar befestigt wird. Diese verläuft dann über einen primitiven Holzsteg schräg in Richtung bis etwa zur Mitte der Deckenmembran, wo sie an einem Eisenring befestigt wird. Dieser wiederum wird mit einer Schnur oder einem Lederriemen am überstehenden Halsspieß festgebunden. Gestrichen wird das Instrument mit einem einfachen Bogen aus gekrümmtem Holz, an dessen beiden Enden Schlitze angebracht sind, in die die Pferdehaare des Bogens eingeklemmt werden. Die Bogenhaare haben eine Länge von 43,5 cm und der Bogen selbst einen Durchmesser von 17,5 cm. Traditionell verfügt der rribab über eine Stimmschlinge zur Festlegung des Tonraumes. Die Verkürzung der schwingenden Saitenlänge geschieht durch leichtes seitliches Berühren mit dem Finger oder dem Fingernagel. Über der Decke sind hier lediglich zwei Stoffstreifen gespannt. Sie sollen beim Spielen durch die Vibration der darunter liegenden Decke einen gewissen Verfremdungseffekt in Form eines Schnarrgeräuschs hervorrufen. Bei wertvolleren Instrumenten geschieht dies durch Ausspannen von Perlenschnüren o.ä. [330, S. 131 ff.]

Video Rribab und Guembri [540]

 

Qarqaba

Wie eingangs schon erwähnt, spielt die Musik im Islam der Maghrebregion eine eher untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme bilden hier volksislamische Sufibruderschaften (tariquas), hier sind vor allem die Gnawa in Marokko zu nennen. Sie bilden eine ethnische Minderheit im Land und gelten als Nachfahren von Sklaven, die vom 17. Jahrhundert an im Verlaufe der arabischen Expansion aus dem westlichen Afrika südlich der Sahara nach Marokko verschleppt worden waren.

Bei den gnawa Marokkos heißt die zentrale Zeremonie derdeba oder lila, sie vereinigt Elemente des Islam mit Praktiken, die aus der schwarzafrikanischen Herkunftsregion übernommen sind. Musik und Gesang stellen dabei wichtige Komponenten dar. Die Musik ist stark rhythmusbetont und der Gesang alterniert zwischen dem Meister, der die Zeremonie leitet und der die dreisaitige guimbri spielt, sowie dem Chor, der von den Teilnehmern der Zeremonie gebildet wird. Die Musik dient hauptsächlich als ein Mittel zur mystischen Vereinigung mit Gott.

Der Tanz stellt ebenfalls einen wichtigen Teil der gnawa - Zeremonie dar, er symbolisiert die Bewegung der Planeten. Die Kleidung und die gewählten Farben haben ebenfalls eine symbolische Bedeutung, sie werden bestimmten djinn (Geistern) zugeordnet, ebenso wie gewisse Tanz- und Melodieformen. Der Ritus beginnt mit einer Prozession und einem Tieropfer, es folgen Tänze, die das Leben der Vorfahren wieder auferstehen lassen. Schließlich beginnt die nasha, die Anrufung der Geister. Untermalt von guimbri und Perkussion und stetem Wechselgesang zwischen Chor und Meister tanzen die Teilnehmer, bis sie in Trance fallen. Jetzt können sie in Kontakt zu den Geistern und Dämonen treten, um sie zu beschwichtigen und um sich von ihren Leiden und Kümmernissen befreien zu lassen. Oft dauert ein solcher Ritus bis zu zwölf Stunden. [322][323][324]

Es sind vor allem drei Instrumente, die den musikalischen Teil bestimmen. Die guembri des Meisters führt die Melodie und den Gesang, mit Stöcken geschlagene t`bola-Trommeln und Händeklatschen bilden dazu die Untermalung. Das dominierende Instrument aber, das den Rhythmus bestimmt der letztendlich zur Trance führen soll, sindmetallene Klappern, die in Marokko als kraqeb oder arabisch qarqaba (Mehrzahl qaraqib) bezeichnet werden. Diese Gegenschlagidiophone sind auch in Libyen, Tunesien und Ostalgerien verbreitet und zwar unter Bezeichnungen wie tsaqtsaqa, chakchaga, chqacheq, shaqshaq, shaqshaqa, qarqabu, qraqeb. In der Praxis werden fast ausschließlich zwei Paare zusammen verwendet, eines für jede Hand. Ein Paar besteht aus zwei Halbschalen mit breitgeklopften Rändern und einem flachen, verbindenden Teil von etwa 7 cm Länge, an dem die Hände greifen. Wie in den abgebildeten qaraqib sind sie oft mit eingepunzten Mustern verziert. Beide Teile sind durch einen Eisenring lose an einem Ende miteinander verbunden. Beim Spielen werden sie senkrecht mit dem Ring nach unten gehalten. An den Verbindungsstegen sind Leder oder Schnurschlaufen festgeknotet. Der Tänzer oder Musiker hält die qarqaba mit drei Fingern, die durch die Schlaufen des Lederriemens geschoben werden. Der Daumen drückt außen gegen eine Schale, Mittel - und Ringfinger außen gegen die andere. Man erzeugt dadurch ein lautes, metallisches Schlaggeräusch. Den Klang kann man in mehrfacher Weise modulieren. Lässt man beim Schlagen die Finger anliegen, dämpft man die Schwingungen, lässt man die Finger frei, wird der Klang lauter und blecherner. Manchmal werden auch die geschlossenen Klappern beider Hände gegeneinander geschlagen. Oft aber werden mit den beiden Händen unterschiedliche Rhythmen erzeugt, die ein Tänzer dann auch mit den Füßen umzusetzen sucht.

Video qarqaba [343B]
Video qarqaba [343C)

 

Berber Klarinette

Bei diesem Instrument, das aus einem Fairtradeladen in England stammt, soll es sich um ein Exemplar handeln, das bei den Berbern in Marokko gespielt wird. Es besteht aus einem hohlen Rohr mit einem Durchmesser von etwa 1,5 cm, an das ein Schalltrichter angesetzt ist, der vermutlich aus dem Horn einer Ziege hergestellt wurde. Beim Spielen nimmt man das gesamte nicht dekorierte Ende in den Mund. Aus dem Rohr ist eine kleines Stück U-förmig eingeschnitten, so dass das separierte Teil als Einzelrohrblatt in Schwingung versetzt wird, wenn man von vorne dagegen bläst. Auf Grund dieses Sachverhalts habe ich das Instrument als Klarinette bezeichnet, ihr Ton ist recht laut und durchdringend. Zur Änderung der schwingenden Luftsäule besitzt das Instrument fünf Grifflöcher. Um das Rohr ist zur Verzierung ein durchbrochenes Metallband spiralförmig gewunden. Ein metallisches Dekorband umschließt auch den Rand des Schalltrichters auf dem auch rote, weiße und grüne Steine (oder Kunststoff) zur Verzierung angebracht sind. Die Rückseite des Trichters ist mit roter Farbe versehen, ebenso ein Teil der Vorderseite.


 

Mizmar

Unter der Bezeichnung mizmar wird in Ägypten ein konisch gebohrtes Doppelrohrblattinstrument mit Schallbecher verstanden, dessen Typus von Marokko bis nach China verbreitet ist und den man auch auf dem Balkan findet. In Marokko nennt man das Instrument ghaita, in arabischen Ländern oft zamr, in Indien shenai und in China suona um nur einige der zahlreichen Namensvarianten aufzuführen.

Das Instrument wird in Ägypten traditionell aus Aprikosenholz in einem Stück gefertigt. Man baut es in drei Größen: das kleinere bis etwa 30 cm Länge und der höchsten Stimmlage nennt man sibs, das mittlere bis 40 cm chalabiya und das tiefste bis etwa 60 cm qabak oder telt. Beide angebildete Instrumente sind deswegen als sibs einzuordnen.

Das mizmar besitzt normalerweise 7 Grifflöcher (manchmal auch mehr) und ein Daumenloch an der Unterseite. Wie bei der zurna der Türkei finden sich an der Stürze weitere oft kleinere Bohrungen. Das doppelte Rohrblatt wird aus Schilf gefertigt und  beim Spielen  vollständig in den Mundraum genommen, der dann die Funktion einer Windkammer bekommt. Man benutzt die Technik der Zirkularatmung um ununterbrochene Tonsequenzen spielen zu können. Das Instrument wird im gesamten Verbreitungsgebiet fast nie allein gespielt, meistens sind es zwei bis vier Spieler, die im mehrstimmigen Spiel von einer großen doppelfelligen Trommel (tabl baladi) begleitet werden. Wie der Zusatz mizmar baladi (baladi = volkstümlich) erkennen lässt, wird es ausschließlich in der ägyptischen Volksmusik verwendet. Man spielt es im saiydi (siehe AbschnittDie Musik Ägyptens) aber auch bei festlichen Gelegenheiten hauptsächlich zur Begleitung von Tänzen. Keine Hochzeit, bei der das neu vermählte Paar nicht auf die zaffa-Rhythmen der Oboen und Trommeln tanzen würde. Auch der raqs sharqi [347] (Bauchtanz) wird oft von ihnen begleitet, ebenso wie der Frauentanz raqs al baladi und der Stocktanz der Männer raqs al-Assaya. (Weitere Informationen unter Vorderasien-Zentralasien beim Instrument Zurna) [344][345]

Video Mizmar [346]

 

Simsimyya

Organologisch gehört die simsimyya zu den Leiern, die bereits in sumerischer Zeit bekannt waren. Zu Beginn des 2. Jahrtausends v.Chr. finden sich Abbildungen von Kastenleiern in Felsgräbern Ägyptens. Von hier aus verbreitete sich dieses Instrument nach Süden über den Sudan bis nach Äthiopien und nach Westen bis Kenia und Uganda, wo sie heute noch als kirar, tambura, krar, begenna oder edongo gespielt werden. Schwarzafrikanische Sklaven brachten die Leier unter dem Namen tambura auch auf die arabische Halbinsel und an den Persischen Golf.

Nachdem das Instrument lange Zeit in Ägypten nicht mehr erwähnt wurde, findet man es seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entlang der Küsten des Roten Meeres und vor allem in der Suezkanalzone, wo es hauptsächlich in der urbanen Musikkultur der Städte wie Port Said und Ismailia eine große Rolle spielt. Grund dafür war der Bau des Suezkanals, bei dem Arbeiter aus ganz Ägypten, aber auch aus dem Sudan und Äthiopien angeworben wurden. Sie brachten ihre eigene Musikkultur und ihre eigenen Musikinstrumente mit, so auch die Leier, die rasch in die bestehende Musiktradition integriert wurde. Es entwickelte sich aus der Verschmelzung der verschiedenen Einflüsse ein eigener, damma genannter Gesangsstil, bei dem die simsimyya das führende Begleitinstrument war. Auch in dem bambutiya genannten Tanzstil, der von den suhbagiyya genannten Musikgruppen zur Unterhaltung der Hafenarbeiter und Seeleute geschaffen worden war, spielte sie die wichtigste Rolle.

Heute begleitet die simsimyya noch die Geschichtenerzähler der Beduinen, wichtiger aber ist ihre Funktion, wie zu ihrer Blütezeit, in der städtischen Unterhaltungsmusik. Die jetzigen Ensembles werden als firaq bezeichnet und verwenden neben der Leier auch den oud, die rababa, manchmal die nay-Flöte und verschiedene Trommeln wie daff (Tamburin) und die Bechertrommel darbuka.
Die Bezeichnung simsimyya wird nicht für eine genau festgelegte Leierart verwendet, meist ist damit aber eine Kastenleier mit rundem Korpus und einer Holzdecke gemeint. Letzteres Kennzeichen unterscheidet sie von den anderen ostafrikanischen Leiern, die allesamt fellbespannt sind. Die Saiten werden mit Hilfe von Stimmwirbeln an dem Querjoch befestigt. Waren es zunächst ursprünglich 5-6 Saiten, werden bei modernen Instrumenten bis zu 16 gezählt. Man ist damit in der Lage, auch mikrotonale, maqambasierte Literatur wiederzugeben.

Die Saiten werden entweder mit einem Plektrum einzeln gezupft, oder werden alle gemeinsam angeschlagen. Mit der zweiten Hand werden dann die Saiten gedämpft, die nicht erklingen sollen. [348][349]

Video Simsimya Beduinen [350]
Video Simsimyya Suez [351]