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Institut für Musikforschung

Das Takht

Das Takht (arabisch für „Podium“) ist das traditionelle Ensemble arabischer Kunstmusik. Es umfasst vier Hauptmelodieinstrumente, das Qanun, die Oud, die Nay und die Kamanjah sowie ein Rhythmusinstrument, den Riqq. Obwohl das Takht im letzten Jahrhundert weitgehend durch moderne große Orchester ersetzt worden ist, gilt es in Ländern wie Ägypten, dem Libanon, Syrien und Jordanien noch immer als Inbegriff und Verkörperung klassischer Musikkultur.

Die Kastenzither Qanun entstand im 10. Jahrhundert. Den Namen mit der Bedeutung „Gesetz“ trägt das Instrument wohl in Rückbezug auf die Monochordzither (griechisch Kanon), vielleicht aber auch, weil sich die Instrumente eines Ensembles an der Stimmung des Qanun orientieren. Das Qanun ist seit dem 10. Jahrhundert in arabischsprachigen Quellen bekannt. Die heute übliche Halbtrapezform erhielt es im 17. Jahrhundert. Den Klang des Instruments bestimmt ein auf Membranen stehender  Steg, über den eine Besaitung von zweieinhalb Oktaven läuft. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde eine fein abgestufte Stimmhebel-Leiste entwickelt, die ein differenziertes Modulieren zwischen den Tonarten ermöglicht.

Die Oud ist eine bundlose Kurzhalslaute, die mit einem Plektrum (Rischa) gezupft wird. Sie ist die Vorfahrin der europäischen Laute. Im Takht spielt sie eine zentrale Rolle, ist aber auch in der türkischen und griechischen Musik weit verbreitet. Schon ihr Name, der im Arabischen „Holz“ bedeutet, weist auf ihr hauptsächliches Herstellungsmaterial hin, wobei oft verschiedene Holzsorten aus mehreren hundert Einzelteilen zusammengesetzt sind. Gewöhnlich besitzt die Oud fünf bis sechs Saiten, deren Stimmung sich je nach Region und Genre unterscheidet. Sie dient traditionell der Gesangs-Begleitung. Im letzten Jahrhundert hat sie sich auch zu einem Soloinstrument entwickelt. Die Einwanderungsbewegungen aus dem nahen Osten haben der Oud in den letzten Jahrzehnten einen Platz in der deutschen Musiklandschaft zugewiesen.

Bei der Nay handelt es sich um eine aus Schilfrohr gefertigte Flöte, die beim Spielen schräg an den Mund gehalten wird. Um in verschiedenen Tonlagen und Modi spielen zu können, besitzen Musiker unterschiedlich große Instrumente. Eingesetzt wird die Nay in weltlicher Kunstmusik und in religiösen Zeremonien. Ihr Klang, ihre "Stimme", ist von manchen Gläubigen auch als Klage über die Trennung zwischen Menschen und Gott interpretiert worden. Am eindringlichsten wurde dies vom persischen Mystiker und Dichter Jallal al-Din Rumi (1207–1273) formuliert. Sein Lehrgedicht Masnawi beginnt mit dem "Lied der Rohrflöte". Darin sehnt sich die Nay nach dem Röhricht, aus dem sie geschnitten wurde, und beklagt eine Trennung, die für die Entfernung des Menschen von seinem göttlichen Ursprung steht und zugleich an den Schmerz voneinander getrennter Liebender erinnert.

Kamanjah ist traditionell der Name für eine mit Schafs- oder Fischhaut bespannte Spießgeige, die meist im Schneidersitz gespielt wurde. In der heutigen arabisch-sprachigen Welt bezeichnet Kamanjah die europäische Violine, die seit Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluss Europas Eingang in das Takht gefunden hat. Kennzeichnend für das Geigenspiel im Ensemble sind ein eigene Stimmung, Spieltechnik und Ornamentierung mit Glissandi, Trillern und virtuoser Modulation innerhalb des Maqam-Systems.

Beim Riqq handelt es sich um eine kreisförmige und traditionell mit Fischhaut bespannte Trommel, an deren meist aus Holz gefertigtem und oft mit Mosaikplättchen ornamentiertem Rahmen Schellen angebracht sind. Der Riqq ist meist das wichtigste Perkussionsinstrument im Takht-Ensemble und gibt den Rhythmus (Iqa’a) an. Gehalten wird er in der linken Hand, zwischen Daumen und allen übrigen Fingern, die frei auf den Fellrand trommeln können. Die Finger der rechten Hand schlagen entweder auf die Mitte des Fells, seinen Rand oder auf die aus Messing gefertigten Schellen. Diese komplizierte Fingertechnik erzeugt helle, auf Arabisch als „tak“ und dunkle, als „dum“ bezeichnete Trommelschläge und ermöglicht eine Vielzahl von improvisierten rhythmischen Verzierungen.

Die Bağlama ist eine Langhalslaute mit drei gleich gestimmten Doppelchören, die mit einem Plektrum gezupft werden. Sie wird oft auch als Saz bezeichnet, was auf Persisch schlicht "Instrument" heißt. Die Bağlama ist eines der verbreitetsten Instrumente in der Türkei, dem Iran sowie in den kurdischen Regionen des Iraks und Syrien. Gebracuht wird sie vor allem in der Volksmusik, auf Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten. Bei den Alewiten dient sie in religiösen Zeremonien zur Tanz- und Gesangsbegleitung. Obwohl die Laute nicht zum traditionellen Takht gehört, hat sie im Lauf des 20. Jahrhunderts auch in Ensembles arabischer Kunstmusik Eingang gefunden, daneben tritt sie in regionalem Pop/Rock und als Solo-Instrument auf. Dass die Bağlama in Syrien vor allem von Kurden, der größten ethnischen Minderheit des Landes, gespielt wird, lernten Studierende des Instituts für Musikforschung am 5. Mai 2022, als der kurdische Musiker Hussien Mahmoud Einblicke in Geschichte und Spiel des Instruments gab. In Syrien, erklärte er, waren kurdische Musik und Kultur kaum Teil des öffentlichen Lebens. Das Spiel auf der Bağlama hat er sich selbst beigebracht. Das Fernsehen und die Nähe seiner Heimatstat Qamishli zur Türkei waren dafür zentral: "Es gab zwei Sender im syrischen Fernsehen, dort kam nur arabische Musik, aus Aleppo, aus Damaskus, aus Suweida oder aus Deraa. Aber da wir an der Grenze zur Türkei wohnten, konnte man mit einer einfachen Antenne zwei oder drei türkische Sender empfangen. Da gab es ab und zu türkische Musik mit Bağlama, und als Kind hat mich das interessiert. So habe ich gelernt."