Klarinette in C, Johann Baptist Merklein, Wien – W 35
Klarinette in C mit 10 Klappen
Johann Baptist Merklein, Wien, vor 1830, möglicherweise zwischen 1800–1810
Der Blasinstrumentenmacher Merklein [GND] wurde 1761 in Rehberg (Franken; heute Teil von Neuhaus an der Pegnitz) geboren, er starb am 24. 5. 1847 Wien. Am 27.12.1799, wohnhaft in Wien auf der Laimgrube Nr. 172, legte Merklein den Bürgereid ab. Spätestens 1812 war er Vorsteher des Gremiums der Blasinstrumentenmacher, welches damals acht Mitmeister umfasste; 1822–27 war er beeideter Schätzmeister. Merklein gab sein Gewerbe 1830 auf.
Angeblich hat der Wiener Korrespondent der Allgemeinen musikalische Zeitung 1809 gemeldet, Merklein habe Neuerungen von Iwan Müller (1786–1854) umgesetzt: dies hieße etwa runde Klappen mit Belederung; Neusilberringe als Grifflochrahmen; Abschaffung der Wulstlagerungen für Klappen zugunsten von Säulchen auf ovalen Plättchen und Stahlfedern unter Hebeln oder Klappen. (Hopfner 2004; eine Verbindung zwischen Merklein und Müller wird auch bei van Kalker 2019, S. 82/84, angenommen, jedoch nicht überzeugend belegt). Das vorliegende Instrument besitzt noch die vor den Müllerschen Instrumenten üblichen viereckigen Klappen und Wulstlagerungen der Klappenachsen. Möglicherweise fällt es in die Phase der Erweiterung der Klappensysteme (von vier bis zu 13) innerhalb des ersten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts. Allerdings wurden freilich ältere Klappensysteme auch nach Müllerschen Neuerungen weiter gebaut (vgl. z.B. Rice 2003, S. 75, Abb. 2.14, Bassett-Klarinette; Beschreibung auf bei Fröhlich 1817).
Dem Beitrag Ueber die Klarinette, der 1808 in der Allgemeinen musikalischen Zeitung erschien, ist zu entnehmen, dass Klarinetten in A und B gegenüber der kleineren C-Klarinette der Vorzug eingeräut wurde. (Sp. 387: "Ferner ist es erforderlich, dass man von der C-Klarinette abstrahirt, und sich auf B- und A-Klarinette beschränkt, eigentlich aber die letztere zu Hauptinstrumente macht. Die Sache redet für sich selbst, wenn man beyde Instrumente vergleicht; denn eines Theils ist die A-Klarinette auffallend die schönste, und mit der C-Klarinette gar nicht zu vergleichen, anderen Theils passt sie auch bei weitem besser in alle Kompositionen, ja ich möchte sagen, sie ist ein ganz anderes Instrument. Unleugbar ist zwar die Höhe auf der kleinsten Klarinette in C am leichtesten und sichersten zu erreichen; allein ich kann nie zugestehen, dass hierauf ein besonderer Werth beruhe.") Derselbe Autor fordert zu einem bequemen Spiel mit konstanter Tonqualität "wenigstens neun Klappen" (ebd.).
Signatur: Brandstempel auf Birne, Mittelstück, Herzstück, Unterstück, Stürze
"(Habsburger Adler) // "I. MERKLEIN | WIEN | (Stern)" – Stempelelemente variierend, auf dem Mittelstück zusätzlich mit der Angabe "C"
Rohr aus Buchsbaum. Schnabel aus Ebenholz. Sechsteilig. Bohrungsverlauf bis zum Unterstück hin zylindrisch. Ab der e-Klappe sich zur Stürze hin öffnend.
Gesamte Länge: 57,6 cm
Rohrteile (ohne Zapfen):
Schnabel 6,1
Birne 6,1
Mittelstück 16,3
Herzstück 8,1
Unterstück 11,2
Stürze 9,8
Durchmesser der Rohrteile am
Ende des Schnabels: 1,0 cm
Anfang des Mittelstücks: 1,3 cm
Ende des Herzstücks: 1,3 cm
Ende des Unterstücks: 1,8 cm
Eine Darstellung des Klappensystems folgt.
Klappenpolster aus einfachen Korkscheiben ohne Befilzung oder Belederung; bei den Überblaslöchern nicht deckend
Weitere Instrumente von J. B. Merklein: University of Edinburgh: zwei Klarinetten in A, Inv.-Nr. 4876 und 4720; Kunsthistorisches Museum Wien: Klarinette in As, Inv.-Nr. SAM 1074 und Bassetthorn Inv.-Nr. SAM 328.
Herkunft: Das Instrument wurde am 16. Oktober 2024 erworben von Adam Ambarzumjan (seit 2020 Solist der Württembergischen Philharmonie Reutlingen). Dieser hat die Klarinette erhalten vom Klarinettisten Martin Bewersdorff (Mitglied der Philharmoniker am Theater Dortmund).
Literatur: M.: Ueber die Klarinette, in: AMZ, 10. Jg., Nr. 24, 9. März 1808, Sp. 369–375; Nr. 25, 16. März 1808, Sp. 385–391. – Franz Joseph Fröhlich: Ueber die Verbesserung der Klarinette vom Hrn. Iwan Müller, vormals Prof. am Conservatorium zu Paris, nun erstem Klarinettisten an der großen Oper zu London, in AMZ, Jg. 19, Nr. 42, 15. Oktober 1817, Sp. 713–719. – Albert R. Rice, The Clarinet in the Classical Period, Oxford, new York u.a.: OUP 2003; – Rudolf Hopfner, Art. „Merklein (Mercklein), Familie“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am 9.12.2024): https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d966. – Johan van Keller, Die Geschichte der Klarinette. Eine Dokumentation, 2. Auflage, München und Salzburg: Katzbichler 2019.
{ow; 2024-12-17}