Intern
Institut für Musikforschung

Monochorde (Polychorde) – N 1, U 2, W 8, De 377


Das Monochord zählt seit der Antike, über das europäische Mittelalter bis zur Neuzeit hin, zu den wichtigsten musiktheoretischen Instrumenten für die Demonstration von Intervallproportionen. Es war demnach in erster Linie ein Messinstrument, das mathematische oder physikalische Daten über das Medium der schwingenden Saite hörbar machte. Aufstieg und Fall seines Renommées erlebte das Instrument vielfach. Interessant wurde es für die Empirie und Intervallforschung vor allem dann, wenn es mehrere Saiten erhielt: Nur unter dieser Voraussetzung war ein Vergleich der mit Stegen zurechtgeschobenen Intervalle simultan möglich. Obwohl es gewiss ist, dass das Monochord musikdidaktisch eingesetzt wurde, gibt es keine Beschreibung, die zeigt, wie dies performativ vonstatten gegangen sein soll. N1 zeigt eher eine Wunschvorstellung von historischer Musiktheorie (Intervall-Lehre der Spätantike) als ein sinnvolles Demonstrationsgerät. Da Intervalle auf diesem Instrument nur sukzessiv darstellbar sind und die gespielten Töne der Täuschung des Gedächnisses unterliegen, ist es erfahrungswissenschaftlich defizient. Ihm fehlt der Speicher (Redundanz, eine zweite, dritte etc. Saite). N1 repräsentiert das Monochord als reduziertes (und praktisch ausgehöhltes) Symbol. Noch im ersten Buch von Johann Joseph Fux' sehr reduzierter Gradus ad Parnassum (1725) war das Monochord (vermutlich für die Dreiklangs- und Modusdarstellung) eher ein Trichord (Abb. links; die Holzmaserung ist in dieser Darstellung bezeichnenderweise wichtiger als die Saitenführung).

Instrumentenbautechnisch ist das Monochord eine Kastenzither. Aufgrund der Ähnlichkeit seiner vielsaitigen Bauform zu Zithern (wie der Koto), und weil die Intonation, einmal eingestellt, keine spielpraktische Hürde darstellt, entwickelten sich seit den 1980er Jahren Zitherabwandlungen, die im Kontext der Musiktherapie (Klangliegen etc.) von Bedeutung erlangt haben. Die Erfahrung des Klangs oder Intervalls (als Harmonie) verdrängt hier freilich den Erkenntnisanteil. Wie man an W8, einem modernen Physik-Monochord, sehen kann, ist das physiaklische Interesse an der Exaktheit eines Messergebnisses via Monochord ebenfalls gesunken. Mit dem Monochord werden scheinbar längst errechnete Prinzipien (Saitenspannung/Gewicht/Zug zu Tonhöhe) evidenziert: Die Demonstration wird selbst zur historischen Übung. U2 ist geeignet, um Akkorde in verschiedenen Stimmungen darzustellen oder Tetrachorde etwa der altgriechischen Musiktheorie zu demonstrieren. Es ist unklar, welche Firma dieses interessante Instrument gebaut, und welche Käufergruppe dafür existiert hat.

Monochord – N 1

vor 1933. Eine Saite. Ahornkorpus und Stegführungsleiste mit sieben Markierungsritzen für eine diatonische Skala. Zwei Schalllöcher am Boden, vier gedrechselte Füßchen. Gesamtlänge 76,6 cm, größte schwingende Saitenlänge 60 cm. Drei Stege aus Palisander, zwei fest, einer auf einer Führungs- und Markierungsleiste beweglich. Da der bewegliche Steg fast gleich hoch ist wie die Randstege, funktioniert die Tonhöhendemonstration kaum. 
Auf der Unterseite ein Inventarstempel des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Erlangen mit Hakenkreuz-Adler.
Herkunft: Teilsammlung Reinhold Neupert (1874–1955). Stiftung an das Musikwissenschaftliche Seminar der Universität Erlangen.
Das Instrument war ausgestellt in der Sonderausstellung MUS-IC-ON! Kalng der Antike (Martin von Wagner Museum 10. Dezember 2019 bis 12. Juli 2020).

Monochord – De 377

England, 20. Jh. Kein Herstellersignet. Korpus: 61,3 x 7 x 3,5 cm. Mensur 49 cm. Ein verschiebbarer Steg fehlt.
Herkunft: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel), Juni 2021

Polychord – U 2

Vier Saiten. Wohl 1930er Jahre. Kastenform. Rotbuchekorpus mit Fichtendecke. Fünf aufgesteckte Ahornleisten mit Zentimetermaß 0–100. Zwischen den Linealleisten können vier Stege, die durch Stahlfedern stabil gehalten werden, frei bewegt werden. Gesamtlänge 140,6 cm. An den kurzen Zargenseiten Hohlräume für Werkzeug mit aufschiebbbarem Deckel. Wirbelkasten und Anhängestock aus Rotbuche. Vier Schalllöcher im Boden legen nahe, dass das Instrument auf einem Bock oder einem Fußgestell gestanden haben dürfte. Schraubwirbel und Wirbelvorrichtungen mit Sätteln aus Stahl in einer gefalzten Stahlblechschiene; Sättel ursprünglich schwarz lackiert; mittelstark korrodiert. Aufgebranntes Herstellersignet beidseitig an den langen Zargen (nicht identifiziert). Der geleimte Anhängestock war 2008 aufgrund der Saitenspannung aus der Verankerung gerissen. Er wurde 2014 neu aufgeleimt, anbei die trockene und verdreckte Fichtendecke gereinigt und mit Carnaubawachsemulsion eingelassen. 
Stiftung von Martin Scholz an das Erlanger Institut im Jahr 1948.

Mit dem viersaitigen Instrument lassen sich Intervalle im Vergleich (und Akkorde) darstellen, technisch ist es damit auf einem Stand, den Johannes de Muris in der Musica speculativa um 1320 empfahl, obwohl er selbst schon ein 19-saitiges verwendete. Magister Theorger aus Metten hatte bereits im 11. Jahrhundert das viersaitige Monochord als veraltet bezeichnet. (Vgl. Curt Sachs, Handbuch der Musikinstrumentenkunde, Leipzig 1930, S. 143.)

Das Instrument wurde als Hands-On-Instrument ausgestellt bei MUS-IC-ON! Klang der Antike (Martin von Wagner Museum, 10. Dezember 2019 bis 12. Juli 2020) zusammen mit einem Anleitungs-Buch, anhand dessen antike Hexachord-Stimmungen nachzuvollziehen waren.

Monochord (Contex Didactics) – W 8

Monochord mit zwei Stahlsaiten und Saite zur Durchführung von Zugkraftexperimenten mit unterschiedlichen Gewichten. Zwei Stahl- und eine Nylonsaite sind auf den Holzkasten spannbar. Die Spannung kann bei zwei Saiten mit Wirbeln, bei der dritten Saite mit Gewichten über eine Rolle verändert werden. Die Seitenlänge ist durch das Einsetzen von zwei Stegen variierbar. Farbige Blockskala (rot/schwarz), Saiten, Stege und Spannknebel. Skalenlänge (und intendierte schwingende Saitenlänge) 600 mm, Skalenteilung: cm und dm. 
Abmessung des Resonanzkastens: 70 x 9 x 7 cm.
Erworben vom Institut für Musikwissenschaft Würzburg 2005 bei der Firma Conatex Didactics (Chemie-, Physik- & Biologie-Lehrmittel und Experimentierhilfen für den Unterricht).

{2014-08-28/rev. 2024-06-15} ow