Martin-Hörner („Schalmeien”) – De 479, De 483
Ein Signalinstrument, ein sogenanntes Folgetonhorn, dessen Name Martin-Horn, auch Martinshorn oder Martinstrompete, auf seinen Erfinder Max B. Martin – Deutsche Signal-Instrumenten-Fabrik, Markneukirchen, gegründet 1880 – zurückgeht. Martin hatte es als Signalinstrument (für Kavallerie, Polizei und Feuerwehren) konzipiert. Als Musikinstrument besitzt es auch den Namen Schalmei, wobei es vom historischen Typ gleichen Namens morphologisch nicht abstammt. Der Name wurde wegen des vergleichbar durchdringenden Klangcharakters übertragen.
Der Ton wird durch Atemluftdruck mit einer aufschlagenden Zunge erzeugt. Eine Resonanzröhre definiert die Tonhöhe, ein Schalltrichter verstärkt den Ton. Bei dieser Tonerzeugung ist keine dynamische Variation möglich. Dass das Mundstück meist dem von Hörnern oder Trompeten ähnelt, ist nur der äußeren Ähnlichkeit mit Blechblasinstrumenten geschuldet. Das Martin-Horn ist kein Lippenpolster-Instrument. Beim Anblasen erzeugen die Lippen des Spielers keine Vibrationen. Beim Martin-Horn handelt es sich mithin um ein Spiel von Rufhörnern (Hupen) in diatonischer Tonhöhenreihung. Angewählt werden die jeweiligen Rufhörner durch einen Mechanismus mit drei hintereinander kombinierbare Kolbenventile.
Turn-, Radfahrvereine und Freiwillige Feuerwehren gründeten in den 1920er Jahren sogenannte Martin-Kapellen, was rasch eine Differenzierung des Instruments in verschiedene Stimmlagen nach sich zog. In der Arbeiterbewegung spielte das Martin-Horn eine wichtige Rolle: Bei Demonstrationen und Kundgebungen spielten Schalmeienkapellen Arbeiterlieder, so auch beim Roten Frontkämpferbund. In der Freien Deutschen Jugend der DDR hatte die Schalmei einen festen Ort. Schalmeienkapellen gibt es auch heute, die Instrumentengruppe wird in der Regel ergänzt durch Querpfeifen und Trommeln.
De 479: Diskant-Schalmei, VEB Signal, Berlin, 1970er Jahre
Kastenmaß: L 56 cm, H 18 cm, T 16 cm
8 Rohre mit Trichter
3 Kolbenventile mit stufenweise leicht absteigenden Knöpfen
Umfang: g' bis g"
Luftkanaleingang nach dem Vorbild eines Hornmundstücks
De 479 b: Anschraubbare Lyra als Notenblatthalterung
De 483: Bariton-Schalmei, VEB Signal, Berlin, 1970er Jahre
Kastenmaß: L 120 cm, H 20 cm, T 20 cm
8 Rohre mit Trichter
3 Kolbenventile, 1. (= unterster) Druckknopf erhöht
Umfang c bis c'
Luftkanaleingang nach dem Vorbild eines Hornmundstücks
Drehbarer Kanal für Atemluftzufuhr
Schaden: Lötstelle der Kondenswasserklappe gelöst
Herkunft: Stiftung Fritz Degel (2021)
Literatur: Enrico Weller, Art. Martinstrompete, in: Laurence Libin, The Grove Dictionary of Musical Instruments, Second Edition, New York (OUP), Bd. 3, S. 407 f.
{ow; 2021-10-27}