"Böhm-Waldzither" von Georg Walther (GEWA, Mittenwald) – De 313
Zistertyp von C. H. Böhm (Hermann Christoph Christian Böhm, 1863–1934), patentiert als Gebrauchsmuster D.R.G.M. 77344 (der Zistertyp) und 80548 (die Fächer-Schraubmechanik). Böhm begann 1897 mit der Produktion der sog. Waldzithern, die in verschiedenen Modellen in großer Stückzahl produziert und vermarktet werden konnten. Er konnte das Instrument erfolgreich (über gedruckte Schulen, Liederhefte und Unterrichtskurse mit zur Verfügung gestellten Leihinstrumenten) als deutsches Nationalinstrument propagieren, obwohl die Bauform offenbar nicht vom deutschen Cisternbau (vgl. Thüringer Cister R 52), sondern viel eher von der portugiesischen Gitarre inspiriert ist (vgl. De 228, auch Mandriola De 234, De 641; Böhms Modelle Nr. 3 und 4 übernehmen sogar das dekorative Element der Schnecke von der Guitarra portuguêsa). Böhm setzte auf die Wandervogel-Bewegung. Er behauptete im Vorwort zu seinem Taschenliederheft, Hamburg 1919: "Es ist eine unbedingte Notwendigkeit, daß der Deutsche zu seinen Liedern auch ein echt deutsches Begleitinstrument besitzt. Wie der Spanier seine Gitarre (fälschlich Laute genannt), der Italiener seine Mandoline, der Engländer das Banjo, der Russe die Balalaika usw. sein Nationalinstrument nennt, so sollte der Deutsche seine Laute, die Waldzither, welche schon von Dr. Martin Luther auf der Wartburg im Thüringer Walde (daher der Name Waldzither) gepflegt wurde, zu seinem Nationalinstrument machen.“ Der Name Waldzither ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts belegt (z.B. in den Erzählungen von Ludwig Bechstein, vgl. Michel, Studia instrumentorum musicae -> Zistern) und überträgt den romantischen Wald-Topos auf das Instrument.
Eine Besonderheit von Böhms Instrumenten waren ab 1900 Stege aus Glas. Ab den 1920er Jahren wurde der Zistertyp auch von Instrumentenbauern aus dem Vogtland imitiert und z.B. im Ruhrgebiet aufgrund des Namensschutzes als "Bergarbeiter-Instrument" verkauft. Nach Böhms Tod führte sein Sohn Ernst Wilhelm (1896–1935) die Produktion kurzzeitig fort. 1941 erwarb der Musikinstrumentenfabrikant Georg Walther aus Adorf (Vogtland) die Firma von Böhms Witwe Margaretha Caroline. Die Firma GEWA stellte bis in die 1960er Jahre hinein weiter „echte” Böhm-Waldzithern her, wobei zunächst Restmaterialien (z.B. die originalen Fächer-Schraubmachaniken) aufgebraucht wurden, bzw. noch vorhandene Glasstege verwendet wurden, die später durch Ebenholz-Holzstege ersetzt wurden. Der schwarze Zettel mit nicht ausgefülltem Feld ist ein Indiz für eine spätere GEWA-Produktion (zu den Signaturen siehe Feinendegen).
"Böhm-Waldzither", Georg Walther (Firma "Walthari" bzw. "Walthari"), Mittenwald, 1950er Jahre
Zettel auf dem Boden unter dem Schallloch (schwarz/weiß): "Böhm-Waldzither | Gesetzlich geschütztes Warenzeichen | Verkauf der echten | „Böhm-Waldzither” | [leeres Feld] | Vor Nachahmungen wird gewarnt!”
LBT 69 x 32,5 x 7,5 cm
Fächermechanik mit einfachen Schraubenköpfen, spät (GEWA-Mechanik)
9 Saiten (1 Bass-Saite, 4 doppelchör. Saitenzüge)
Mensur: 46,5 cm
19 Bundstäbchen, Sattel als "Nullbund"
Zubehör: Glassteg (nicht original, zu hoch, ohne Saitenführungen).
Schäden: Kratzer auf der Decke
Herkunft: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel), 2022
Literatur: Wikipedia: C. H. Böhm. – Wikipedia: Waldzither. – Andreas Michel: Zister, in: ders.: Studia Instrumentorum Musicae. – Norbert Feinendegen: Die Waldzithern von C. H. Böhm, 2015, Link. (dort die Subseite zu den Signaturen) –
Die Waldzithern von C. H. Böhm
Mehr Infos: https://c-h-bohm-waldzithern.webnode.page/
{ow; 2024-09-28}