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Institut für Musikforschung

Süditalienische Dekormandolinen – De 301, De 302, De 581

Die neapolitanische Mandoline erlebte von etwa 1870–1930 eine zweite – europaweite und kolonial-globale – Blütezeit, nachdem italienische Virtuosen das Interesse an dem Instrument neu erweckt hatten. Dass das Instrument nicht nur als Spielinstrument, sondern auch als dekoratives Objekt verstanden wurde, belegen die reich verzierten Vorderseiten der Instrumente und der Bau der Muschel aus gekehlten Spänen.

Hinter dem individuell erscheinenden Dekor lässt sich an den standardisierten Maßen und den funktionalen Bauteilen die Durchindustrialisierung des Instrumententypus erkennen: Filigran trifft auf robust. Aus Stabilitätsgründen ist die Muschel eingefasst, auch die ornamentale Kehlung der vielen Späne der Muschel dient einer breiteren Fläche der geleimten Verbindungen.

De 301

Mandoline von Giuseppe Puglisi-Reale, Catania, 1908

Zettel: "G. PUGLISI-REALE & FIGLI | STRUMENTI MUSICALI | A CORDA | (LINKS) PRIMO STABILIMENTO ITALIANO | (re) PER LA FABBRICAZIONE DI | (MITTE) MARCA DI FABBRICA CATANIA | CATANIA. | ANNO 1907–08"

Schallloch verziert mit dem (spätantiken?) Motiv einer in einem Boot segelnden Frau

LBT 60 x 19,5 x 12 cm
Deckenlänge 31 cm
Halslänge 29 cm
Muschel aus 27 gekehlten Spänen
Mensur 33,7 cm
17 Messingbundstäbchen

Die filigrane Führung des Masts im Schalllochmotiv erweist sich als anfällig: hier wölbt sich die Decke ca. 5 mm auf.

Herkunft: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel), 2022


De 302

Mandoline von Luigi Salsedo, Neapel um 1900

Zettel: "NAPOLI | 35, Strada formale, 35". An dieser Adresse war um 1900 die Werkstatt des Lautenbauers Luigi Salsedo ansässig. Überklebt mit violettem Zettel mit Golddruck: "JUL. HEINR. ZIMMERMANN | LEIPZIG | No.2822 | St. Petersburg, Moskau, Riga"
Der Musikinstrumentenfabrikant Julius Heinrich Zimmermann (1851–1922) gründete seine zentrale Niederlassung in Leipzig 1886, die davor gegründeten russischen Fabriken wurden mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs zunächst als feindliches Vermögen eingestuft und 1919 verstaatlicht.

Verziert mit floralen Arabesken

LBT 60 x 20 x 14 cm
Deckenlänge 30 cm
Halslänge 30 cm
Muschel aus 31 gekehlten Spänen
Mensur 35 cm
17 Bundstäbchen

Hals an zwei Stellen gebrochen und geleimt
Bruch in der Muschel, grob verleimt
Bundstäbchen 7–11 auf dem herausgebrochenen Halsstück nach Reparatur ersetzt

Herkunft: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel), 2022


De 581

Mandoline, 1928

Zettel (hs., Tusche): "Catania 1928"

Verziert mit Schmetterlingsmotiv unter dem Schallloch

LBT 60,5 x 19 x 14,5 cm
Deckenlänge 31,5
Halslänge 29 cm
Mensur 33 cm
17 Bundstäbchen

Einfassung der Muschel mit lackierten floralen Ornamenten

Riss durch die Mitte der unteren Deckenhälfte

Herkunft: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel), 2022

{ow; 2024-04-11}