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Institut für Musikforschung

Sarasvati Vina – De 165, De 371

Der Begriff Vina (Hindi: वीणा, vīṇā, engl. veena) benennt eine Gruppe gezupfter Saiteninstrumente aus Indien. Heute gibt es v.a. zwei Arten, die in der indischen Musik gespielt werden, die Rudra vina (eine Stabzither) in Nordindien und die Sarasvati vina (eine Langhalslaute) in der südindischen klassischen Musik (Kamataka). Unter die älteren Vinas fallen die Mayuri vina (Taus), die den schlankeren Varianten Dilruba und Esraj Pate gestanden hat; die Kinnari vina (mit einer halben Straußeneischale als Resonanzkörper, heute nicht mehr in Gebrauch); die Kacchapi vina der Begalen mit einer sehr flachen Resonanzschale.

Die südindische Sarasvati vina, in der Vergangenheit ein Fraueninstrument, ist heute die am weitesten verbreitete Vina. Sie wird in drei unterschiedlichen regionalen Musikstilen (Bani) gespielt: Der Mysore-Stil, melodiös, ohne Glissandi, geht auf Veene Sheshanna (1852–1926) zurück. Der Tanjore-Stil ahmt mit Glissandi die menschliche Stimme nach, der Andhra-Stil bevorzugt markant gezupfte rasche Passagen. Gespielt werden die Saiten mit einem Plektrum (Nagam) oder auch mit langen Fingernägeln. Der rechte kleine Finger zupft die Bordunsaiten. Wie bei der Rudra vina kann bei der Sarasvati vina Rhythmus (Tala) und Melodie (Raga) gleichzeitig gespielt werden.

Die Sarasvati vina hat dieselbe Saitenanzahl wie die Rudra vina und 24 Bünde. Die Gesamtlänge liegt zwischen 130 bis 140 Zentimeter. Sie ist wie die Sitar eine Langhalslaute, wird aber aus dem Holz von Brotfruchtbäumen gebaut. Gewöhnlich werden Korpus, Hals und Wirbelkasten separat ausgehöhlt und verleimt. Auch die leicht gewölbte Decke ist aufgeleimt. Hochwertigere Instrumente, die aus einem Stück Holz hergestellt wurde, heißen Ekanda vina. Ein zusätzlicher Resonator (Double Toomba aus Kürbis/Kunststoff/Pappmarché) wird auf der Rückseite unter dem Wirbelkasten befestigt. Auf dem Halsende sitzt der Kopf eines Fabelwesens.

Zur heutigen Form soll die Sarasvati vina zu Beginn 17. Jahrhunderts entwickelt worden sein – angeblich vom Regenten Raghunata Nayaka (1600–1634) und dem Gelehrten Govinda Dikshita(r). Im 18. Jahrhundert diente die vina als Referenzinstrument für das 72 Hauptragas umfassende Melakarta-System (Südindien).

De 165: Südindien, 20. Jh.
LBT 135 x 38 x 30 cm
4 Melodiesaiten, 3 Resonanzsaiten, Mensur 82 cm
24 Metallbünde
Fortsetzung des Wirbelkastens: geschnitzter Drachenkopf (mit Tierzähnen)

De 371: Südindien, 20. Jh.
LBT 135 x 35 x 32 cm
4 Melodiesaiten, 3 Resonanzsaiten, Mensur 45–65 cm
Double Toomba bemalt
Fortsetzung des Wirbelkastens: geschnitzter Drachenkopf

Herkunft: Stiftung Fritz Degel (Blieskastel), Juli 2021

Literatur:
Norbert Beyer: Lautenbau in Südindien. M. Palaniappan Achari und seine Arbeit, Berlin: Museum für Völkerkunde 1999. – Monika Zin: Die altindischen vīṇās, in: Ellen Hickmann, Ricardo Eichmann (Hg.): Studien zur Musikarchäologie IV. Musikarchäologische Quellengruppen: Bodenurkunden, mündliche Überlieferung, Aufzeichnung. Vorträge des 3. Symposiums der Internationalen Studiengruppe Musikarchäologie im Kloster Michaelstein, 9.–16. Juni 2002, S. 321–362 (PDF).

{ow; 2021-02-02}