Teilsammlung Fritz Degel: Unbekannt
In diesem Kapitel werden Instrumente vorgestellt, die ich nicht einordnen konnte, weil weder Hinweise noch eine bildhafte Vorlage existierten. Es ist deshalb nur möglich, eine physische Beschreibung zu geben. Für jegliche Hinweise zur Identifizierung sowie zur Herkunft und Spielweise der betreffenden Instrumente per E-Mail wäre ich sehr dankbar. Meine Adresse finden Sie hier.
Instrument 1
Dieses zweisaitige Instrument besitzt einen Korpus aus Kokosnuss mit einer Holzdecke, in die zwei relativ große Schallöffnungen eingearbeitet sind. Auf dem langen Hals sitzen zehn hohe Bünde aus Holz, wie sie bei chinesischen Instrumenten oft anzutreffen sind. Handelt es sich um eine Yehu ? (siehe Kapitel Ostasien)
Instrument 2
Über die hier abgebildete, goldbronzierte Laute gibt es kaum Informationen. Der angeschnitzte Pferdekopf lässt auf eine Herkunft aus dem mongolisch-mandschurischen Raum schließen. Die stark hervortretenden Bünde auf dem Griffbrett zeigen chinesischen Einfluss, ebenso der relativ flache Korpus und die Saitenhalterung auf der hölzernen Decke, wie z.B. beim yüetqin.
Instrument 3
Das nebenstehende Instrument 3 ähnelt in der Bauweise einem Mandolinbanjo. Es besitzt einen achteckigen Korpus mit Holzzargen, der beidseitig mit einem Fell oder pergamentartiger Haut bespannt ist. Auf ihm befinden sich in bläulicher Farbe Landschaftsdarstellungen und ostasiatische Schriftzeichen. Es besaß vier Saiten, deren Reste darauf schließen lassen, dass es sich um Darmsaiten handelte. In das Griffbrett eingelassen sind Metallbünde, ähnlich einer Mandoline. Der Hals ist separat und kann in den Resonanzkörper eingesteckt werden.
Instrument 4
Instrument 4 ist aus einem Stück sehr dunklem Holz herausgearbeitet. Es besitzt einen relativ kleinen, runden Schallkörper, der mit einer Holzdecke versehen ist, in die vier kleine runde Schalllöcher hineingebohrt sind. Seitlich vom Korpus sind zwei anthropomorphe Figuren angeschnitzt. Das Instrument besitzt vier Saiten, sie verlaufen von einem unterständigen großen Saitenhalter über einen Steg, Korpus und Hals zu vier seitständigen, einfachen Wirbeln, die die Saiten aufnehmen. Auch der Kopf ist modelliert. Als Herkunft vermute ich den südostasiatischen Raum.
Instrumente 5 und 6
Beide Instrumente wurden in Österreich zusammen mit noch einer kleineren Variante gekauft, allerdings verschwand der Verkäufer von der Bildfläche und die erwarteten Informationen blieben aus.
Das linke Instrument ist aus einem sehr schweren Tropenholz gefertigt, Korpus und Hals sind aus einem Stück gearbeitet und dotpaintartig verziert. Es besitzt acht Saiten, die über einen auf der Holzdecke aufgesetzten Steg und über den bundlosen Hals verlaufen und in seitenständigen Wirbeln befestigt sind. Der Kopf ist sehr aufwendig gestaltet.
Das rechte Instrument ist ebenfalls ein Lauteninstrument mit sechs Saiten. Es ist ebenfalls aus einem Stück gearbeitet, die Decke des Korpus erstreckt sich auch über den Hals. Auf beide sind 48 hölzerne Bünde in gleichem Abstand von 2 cm aufgeleimt. Der Kopf ist auch hier geschnitzt und man kann die Vorderansicht eines Elefanten erkennen. Seitlich an Hals und Korpus sind zwei geschwungene Verzierungen (Rattanstreifen?) angebracht.
Bei beiden Varianten scheint es sich um touristische Objekte zu handeln, ich habe bisher keine vergleichbaren spielbaren Instrumente gesehen.
Instrument 7
Das Instrument 7 ähnelt sehr Instrument 4. Auch dieses ist aus einem Stück gearbeitet, allerdings aus einem helleren Holz. Es ist vollständig anthropomorph gestaltet: der Oberteil zeigt einen Menschenkopf mit hochgereckten, verschränkten Händen. Es besitzt einen kleinen, runden Korpus, der mit einer hölzernen Decke belegt ist. Vom seitlichen Korpus aus führen je zwei Streben aus Holz zu dem Kopfteil. Beide sind mit je zwei menschlichen Gesichtern beschnitzt. In der Decke finden sich vier Bohrungen als Schallöffnungen. Das Instrument hatte wahrscheinlich vier Saiten, die vom recht großen unterständigen Saitenhalter über den bundlosen Steg zu den vier Löchern führten, in denen die hier fehlenden vorder- oder hinterständigen Wirbel gesteckt haben müssen.
Instrument 8
Das Instrument 8 gehört zur Lautenfamilie. Es ist aus einem einzigen Stück mittelbraunen Holzes herausgearbeitet. Der Korpus hat die Form eines Sechsecks mit nach innen gewölbten Flanken. Auffallend ist die geschwungene Form des rückseitigen Halses. Sehr schön herausgearbeitet sind auch der Kopf des Instruments und die drei seitständigen Wirbel. Das Schallloch ist recht klein und mit einem blumenartigen Motiv verziert, welches sich auch an Hals und Kopf wiederfindet. Leider fehlen die drei Saiten und der Steg.
Als Herkunft vermute ich den südostasiatischen Raum.
Instrumente 9, 10 und 11
Diese drei Instrumente ähneln sich sehr stark: sie haben alle vier Saiten, ihre Decken sind dekorativ gestaltet, es herrschen florale und geometrische Motive vor, sie sind fast gleich groß, sie sind aus einem Stück einer dunklen Holzart gefertigt. Die geometrischen Muster bestehen aus Perlmutt.
Bei Instrument 11 ist der Korpus in Form eines Vogels mit leicht gespreizten Flügeln gehalten, die anderen beiden erinnern an die Hasapi der Batak auf Sumatra. Ich vermute, dass sie aus Indonesien stammen und eher für Touristen gemacht sind.
Unbekannte Langhalslaute - Bandilla? Bandurria Cuzquena?
Die nebenstehende alte Volkslaute ist aus einem Stück herausgearbeitet. Der Resonator wird durch eine aufgenagelte Holzdecke abgeschlossen. In diese ist ein kleines, rundes Schallloch eingebohrt. Die sieben Saiten sind unterständig an der Seite des Schallkörpers befestigt und verlaufen über einen wahrscheinlich nicht originalen Steg über den Hals des Instruments, welcher keine Bünde besitzt. Durch eine Öffnung treten die Saiten in den Wirbelkasten ein, wo sie an seitständigen Wirbeln gespannt werden können. Der Kopf ist markant und aufwändig gestaltet. Er zeigt eine furchterregende menschliche Figur mit weit aufgerissenen Augen und gefletschten Zähnen, die eine kleinere Gestalt umfasst.
Bei einer Reise nach Kolumbien in den achtziger Jahren kam ich auch ins abgelegene "tierra dentro". Auf verschiedenen Monumenten war dort die Darstellung des "doble yo" (doppeltes Ich) zu sehen. Die Darstellung auf diesem Instrument erinnert mich stark an diese Figuren. Ich nehme deshalb an, dass es sich um eine Volkslaute südamerikanischen Ursprungs handelt.
Bei diesem Instrument könnte es sich nach der Bauform mit dem kurzen Hals und der Saitenzahl um einen der Abkömmlinge der spanischen Bandurria handeln. Diese Instrumente sind in Südamerika weit verbreitet und finden sich vor allem auch im Altiplano, wo sie vor allem um Cuzco ein wichtiger Bestandteil der musikalischen Volkskultur sind.
Andererseits sind die Abwandlungen der Bandurria auch in anderen Ländern zu finden, die im spanischen Herrschaftsbereich lagen, wie z.B. auf den Philippinen.