Teilsammlung Fritz Degel: Europa, Mitte
Griffbrettzithern
Unter den mitteleuropäischen Volksmusikinstrumenten ist die Gebirgszither wohl eines der wenigen Musikinstrumente deren Entwicklung weitgehend hier stattgefunden hat. Auf ihren geschichtlichen Werdegang und auf ihre verschiedenen Abwandlungen soll deshalb an dieser Stelle zunächst eingegangen werden.
In der Instrumentenkunde versteht man unter einer Zither ein Musikinstrument, das aus einer oder mehreren Saiten besteht, die zwischen festen Punkten über einen Saitenträger gespannt sind, der zugleich als Resonanzboden dient oder an dem ein ablösbarer Resonanzkörper befestigt ist. Laut dieser Definition nach Hornbostel-Sachs lässt sich eine Vielzahl von Instrumenten als Zither definieren. Musikbögen, Rundstab- und Plattstabzithern, Röhrenzithern, Floßzithern und Brettzithern in Afrika vor allem fallen darunter ebenso wie die Wölbbrettzithern (z.B. Koto, Kayagum) Asiens. Werden die Saiten nicht mit den Fingern oder mit Plektren gezupft sondern mit Klöppeln geschlagen spricht man von Hackbrettern, die in vielen Ländern anzutreffen sind (Iran, Indien, China). In Europa finden sich im Baltikum, Finnland und Russland verschiedene Formen von Zithern unter den Namen Kantele, Kannel, Kekle, Kangle und Gusli. Im restlichen Europa trifft man das Scheitholt, die Hummel, die Epinette des Vosges, das Langspil, das Langeleik, Saitentambourin, griffbrettlose und Griffbrettzithern an, um nur einige Beispiele zu nennen. Selbst große Tasteninstrumente wie das Klavier und das Cembalo lassen sich als geschlagene bzw. gezupfte Zithervarianten verstehen.
Ethymologisch geht der Name Zither auf das griechische kithara zurück.Im Mittelalter wurden daraus Namen wie cetera, citôle, zitôle, cithare, cytherne, zitter, cither oder zither, um nur einige Varianten anzuführen. Im Gegensatz zu heute aber bezeichnete man damals damit die Cister, eine Kastenhalslautenart mit unterständig befestigten Metallsaiten, variablem Steg, Griffbrett mit festen Bünden und einem Wirbelkasten mit Flankenwirbeln (siehe auch Kapitel Historische Instrumente).
Nachdem die Cister im 16. - 18. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebt hatte wurde sie im ausgehenden 18. Jahrhundert und zu Beginn des 19. Jh. von der Gitarre verdrängt und geriet mehr und mehr in Vergessenheit. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, gleichzeitig mit dem Niedergang der Cister entwickelte sich in Bayern, Tirol, dem Salzburgischen und der Schweiz ein Volksinstrument auf das der Name des aussterbenden Instruments überging: die ostalpine Gebirgszither.
Ihre Vorläufer waren das Monochord (griech. monos = allein, chordä = Saite) also Einsaiter und das Scheitholt ( = gespaltenes Holz). Ersteres war ursprünglich ein rechteckiger Kasten über den eine Saite geführt wurde. Diese lief an den beiden Enden über je einen Steg und wurde durch ein Gewicht oder einen Wirbel gespannt. Unter die Saite wurde ein beweglicher Steg geschoben. Man benutzte in der Antike diese Vorrichtung (schon Pythagoras) als mathematisches Demonstrationsmittel (z.B Darstellung der Intervallverhältnisse), als Lehrmittel im Gesang, seltener als praktisches Musikinstrument. Man baute späterhin auch mehrsaitige, gleichgestimmte Instrumente. Der Resonanzboden wurde manchmal mit einer Skala für die einzelnen Stegstellungen versehen. Bereits im 12. Jahrhundert gibt es Quellen, nach denen das Monochord von Spielleuten mit anderen Instrumenten zusammen gespielt wurde. Es steht zu vermuten, dass dabei die beweglichen Stege durch feste Bünde ersetzt wurden womit die Griffbrettzither geboren war. Aus diesen einfachen Instrumenten entwickelte sich im 16. Jahrhundert ein Typus, der neben einer oder mehreren Spielsaiten über einem Griffbrett zusätzlich leere Begleitsaiten aufwies. Diese Gattung bezeichnet man nach dem in Schweden üblichen Begriff als Hummel. Der Name rührt daher, dass der Ton der immer mitschwingenden Bordunsaiten an das Summen von Hummeln erinnerte. Die erste Erwähnung eines solchen Instruments findet sich 1508 in Köln, die erste bildliche Darstellung 1560 in Rynkeby auf Fünen/Dänemark.[545A]
In Island lautet die Bezeichnung Langspil, Langleik in Norwegen, bûche oder épinette des Vosges in Frankreich, Humle in Dänemark, Noordse balk in den Niederlanden, jouhi kantele in Finnland und im deutschen Sprachgebiet Scheitholt. Die ältesten Formen besitzen einen Kasten mit geraden Längsseiten und einem Wirbelkasten mit seitständigen Wirbeln, dazu 1 -2 Melodiesaiten und 1 - 2 Begleitsaiten. In einem folgenden Entwicklungsschritt wurde am Kasten eine einseitige Ausbuchtung angebracht, dann wurde der Wirbelkasten mit den Holzwirbeln durch einen Stimmstock mit Eisenwirbeln bei der geraden wie der ausgebauchten Form ersetzt. Die Anzahl der Spiel- und Begleitsaiten wurde erhöht. Manche Formen (z.B. Langspil) wurden gestrichen, Langleik und Hummel mit Plektren gezupft, Scheitholt und Epinette des Vosges ebenfalls gezupft ("gekratzt" oder "gescherrt"). Die Bünde werden häufig als Drahtbügel in die Decke eingelassen, bei den Hummelarten sind sie meistens diatonisch angeordnet, seltener kommen chromatische Zwischenbünde vor (siehe ungar. Hirtenzither rechts).[429, Kap. Zithern]
Video Monochord [545]
Video Epinette des Vosges [546]
Video Langspil [547]
Video Langleik [548]
Video Langleik (Gruppe) [549]
Video Hummel norddeutsch [550]
Video Scheitholt [551]
Video Ungar. Zither [552]
Die ostalpine Gebirgszither als Vorläufer der modernen Konzertzither nahm ihren Ausgang vom Scheitholt ohne Wirbelkasten mit Stimmstock.. Die ältesten erhaltenen Zithern stammen aus der zweiten Hälfte des 17. Jh., es sind rechteckige, mit Tremoloanschlag zu spielende "Kratz- oder Scherrzithern" mit bis zu 14 Bünden, zwei Spiel- und zwei Begleitsaiten. Diese Kratzzithern erscheinen um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in zwei Hauptformen: die einseitig ausgebuchtete "Salzburger", "Halleiner" oder "Pinzgauer" Form und etwas später die beidseitig ausgebauchte "Mittenwalder" Form, welche schon abgestimmte Begleitsaiten wie ein Psalterium und keine Bordunsaiten mehr besaß.
Die Salzburger Zither besaß 2 - 4 Melodiesaiten aber höchstens 18 Begleitsaiten. Die älteren Kratzzithern wurden mit Schlagring, Federkiel, Horn- oder Holzstäbchen angerissen, manchmal aber auch mit den Fingern gezupft. Zum Niederdrücken der Saiten auf das Griffbrett benuzte man meist ein Holzstäbchen; beim Gebrauch der Finger wurden 2 - 3 Finger der linken Hand zum Greifen verwendet. Der Anschlag mit der rechten Hand erfolgte auch mit dem bloßen Daumen oder einem Rindenplektrum. Dieses wurde wie bei der Mandoline mit zwei Fingern gehalten und ein Wechselschlag über sämtliche Griff- und Freisaiten zugleich ausgeführt, so dass letztere ununterbrochen mitklangen. Diese Spieltechnik hat sich beim Raffele und bei der ungarischen Zither bis auf den heutigen Tag erhalten. Das Raffele in seiner Hauptbauform (Abbildung links) mit einseitig ausgebauchtem Korpus findet sich häufig in Südtirol ("raffeln" = über die Saiten schlagen). Andere Bezeichnungen sind Kralzither ("kralen"), Scheitzither (wie ein Holzscheit) oder Kratzzither (die Saiten "kratzen").Im Allgäu ist die Bezeichnung Scherrzither (die Saiten "scherren"), im Werdenfelser Land kennt man die Scharr ("scharren") und in Vorarlberg die Zwecklzither (Zweckl = Holzstäbchen, Schlagstöckchen).
Als ältestes dokumentiertes Raffele gilt ein Scheitholt aus Schloss Milan bei Brixen/Südtirol, das die Jahreszahl 1675 trägt; es hatte die Form eines länglichen Rechtecks und besaß zwei Spielsaiten über einem Griffbrett mit 14 diatonisch angeordneten Bünden sowie zwei Bordunsaiten und zwei Schnarrsaiten. Die Instrumente wurden anfangs meist vom Spieler selbst gebaut, jedes war ein individuell geformtes Unikat. " Form, Besaitung, Stimmung und Spielweise waren je nach Herkunft, Landschaft und individuellen Bedürfnissen der Spieler unterschiedlich" [560]
Die Bünde waren diatonisch angeordnet und begannen mit der Unterquart einer Dur - Tonleiter. Von der Leersaite (Unterquart) stieg die Tonleiter in Ganztönen zum Grundton am dritten Bund; hier begann die diatonische Leiter in Dur bis zum obersten Bund, meistens eine ganze Oktav plus Quinte vom Grundton an gerechnet. Zu den zwei gleich gestimmten meist doppelchörigen Greifsaitenkamen 3 bis 7 freie Bordune hinzu, die oft in Grundton und Quinte, seltener als Dreiklang gestimmt waren. Als Plektron diente ein geschnitztes Holzstückchen, ein Fischbein, eine Speckschwarte oder ein Stück Klaue von Kuh oder Ziege. Die Saiten wurden auf Grund der engen Mensur mit den Fingern und nicht mit einem Stöckchen auf das Griffbrett gedrückt. Der Anschlag wurde, wie erwähnt, über sämtliche Griff- und Freisaiten ausgeführt, so dass letztere ständig mitklangen. Diese Spielweise als Solo - Borduninstrument wandelte sich nach und nach durch Aufgabe der Bordunsaiten und Übernahme eines funktionsharmonisch geprägten Spielstils in Dreiklängen. Die heute meist drei einchörigen Spielsaiten werden in a1a1d1. Das Raffele wird heute solistisch, zur Liedbegleitung, im Duett mit der Gitarre und in Stubenmusikbesetzungen gespielt. [560]
Video Raffele [553]
Video Raffele mit Begleitung [554]
Die Mittenwalder Form trat von 1820 an immer mehr in den Hintergrund, vor allem durch das Wirken des österreichischen Zithervirtuosen Johann Petzmayer (1803 - 1884), der von Erzherzog Max zum Hofmusiker befördert worden war. Letzterer erlernte selbst das Zitherspielen und war ein großer Förderer dieses Instruments, das rasch auch in Adelskreisen populär wurde. Petzmayer hatte sich für die Salzburger Form entschieden und leitete auch die Entwicklung zur Schlagzither ein. Die Melodiesaiten wurden nun mit einem Ring angeschlagen, der auf dem rechten Daumen aufgesteckt wurde, die Begleitsaiten wurden mit den übrigen Fingern der rechten Hand gezupft, die Finger der linken Hand verkürzten die nun einchörigen Spielsaiten auf dem Griffbrett.Nachdem bis dato keinerlei Regeln in der Anordnung und Stimmung der Leersaiten existierte, veröffentlichte der Münchner Nikolaus Weigel 1838 in seiner Zitherschule ein System der Normalbesaitung nach dem Quart-Quintzirkel mit zunächst 28 Begleitsaiten.
In dem Zeitraum der Entstehung der Schlagzither entwickelte sich auch die musikalische Form des Ländlers. Da sich die neue Zitherspielweise viel besser als die antiquierte Kratzzither zur Interpretation dieser neuen Musikform eignete, kann man davon ausgehen, dass sie der Akzeptanz und der raschen Verbreitung der Schlagzither dienlich war.
1862 baute Max Amberger in München die erste Konzertzither. Er wandte neuzeitliche Konstruktionsprinzipien an, sein Instrument hat eine durchgehende Griffbrettchromatik und eine verlängerte Mensur. Er erzielte dadurch erhebliche klangliche Verbesserungen.
Die heutige Konzertzither wird auch als Prim- oder Diskantzither bezeichnet. Sie verfügt über ein vollchromatisches Griffbrett mit 29 Bundstäben aus Metall, darüber verlaufen fünf Spielsaiten: zwei aus Stahl (a1a1), eine aus Bronze (d1) und zwei umsponnene Stahlsaiten (g und c). Zur Begleitung dienen 33 - 37 freie Saiten ( aus Kunststoff blank oder umsponnen, Stahl umsponnen) entweder zur Akkordbegleitung oder polyphonem Spiel.
Um auch auf der Zither ein Ensemblespiel zu ermöglichen war eine Erweiterung des Tonraumes geboten.1851 entwarf Georg Tiefenbrunner eine Zither mit verlängerter Mensur, die eine Quarte tiefer gestimmt wird wie die Diskantzither. Sie wird als Altzither oder auch als Elegiezither bezeichnet. Um 1930 kreierte Adolf Meinel sen. eine Quintzither. Wie der Name schon sagt war sie eine Quinte höher gestimmt als die Grundform. Derselbe baute auch als erster eine Baßzither, die eine Oktave tiefer als die normale Konzertzither klingt. [555]
Die Gebirgszither diente zunächst nur der Liedbegleitung und dem solistischen Spiel, fand aber wohl gleichzeitig Eingang in der "Stubenmusik" als gesellschaftliche Musizierform. Hier bildet sie oft zusammen mit Gitarre, Hackbrett, Harfe und Kontrabass ein Ensemble. Nach der Einführung der oben genannten Zitherformen bildeten sich viele reine Zitherorchester, die bis auf den heutigen Tag nicht nur reine Volksmusik wie z.B.Ländler und Walzer in ihrem Repertoire haben. Es gibt heute eine weite Palette von Bearbeitungen klassischer Themen aber auch moderne Originalkompositionen für diese Orchester.
Bei den beiden oben abgebildeten Zithern in Mittenwalder Form handelt es sich wahrscheinlich um sogenannte "Arionzithern". Diese Neuerung war 1883 dem Instrumentenbauer Xaver Kerschensteiner patentiert worden. Sie übertrug über einen zusätzliche Steg die Schwingungen direkt auf den Boden, der nur an den Rändern mit den Zargen verbunden war, um ein optimiertes Schwingungsverhalten zu erzielen. Darüber hinaus griff er, um ein größeres Resonanzvolumen zu erhalten, auf die fast verdrängte Mittenwalder Form zurück. Die meisten der Instrumente wurden mit einer gedrechselten Baronstange geliefert und öfter als Arion - Harfenzither angepriesen. Ein Teil der Begleitsaiten lief über den Freiraum, der durch die Seitenwölbung und die Stange entstand. Nach Katalogangaben wurden diese Instrumente, die sich nie hatten richtig durchsetzen können, bis in die vierziger Jahre gebaut. Ich vermute, dass es sich um Arionzithern handelt, weil sie über eine große Zahl von Begleitsaiten verfügen, die in der frühen Mittenwalder Form nicht gegeben war. [559]
Die rechts abgebildete Metallrahmenzither ist ebenfalls eine Sonderentwicklung, die von der Firma Gunzelmann gebaut wurde. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass bei der Konzertzither auf Grund der hohen Saitenzahl eine enorme Zugbelastung durch die Saitenspannung auftritt. Die Folge waren bei vielen nicht so gut verarbeiteten Instrumenten Schäden durch Spannungsrisse oder ein Verziehen der Decke. Um dieses Manko auszugleichen verwendete man nach dem Vorbild des Klaviers eine gußeiserne Konstruktion, die einen Großteil der auftretenden Zugkräfte aufnahm.
Video Zither solo [556]
Video Zitherterzett und Kontragitarre [557]
Video Stubenmusik mit Zither [558]
Video Zitherorchester [560]
Griffbrettlose Zithern
In der Zeit von etwa 1880 bis circa 1940 entstand hauptsächlich in den USA (siehe Kapitel Nordamerika) und in Deutschland eine Vielfalt von Zithern, die über kein Griffbrett oder Bünde verfügten. Die Massenproduktion dieser Instrumente erklärt sich aus der Demokratisierung des Musiklebens. Auch der "kleine Mann" wollte am musikalischen Leben partizipieren als die Tonkonserve noch nicht erfunden bzw. sich noch nicht durchgesetzt hatte und Rundfunk und Fernsehen noch in den Kinderschuhen steckten. Man wollte Volksinstrumente für Laien überwiegend für das damals sehr populäre häusliche Musizieren schaffen, einfach, preiswert und leicht zu erlernen, möglichst ohne die Notenschrift kennen zu müssen. So entstanden in dieser Zeit unzählige Neuschöpfungen und Erfindungen, die reißenden Absatz fanden. Oft sollte der Klang herkömmlicher Instrumente imitiert werden, Begriffe wie Gitarrzither oder Mandolinzither lassen darauf schließen. Die mit oft klangvollen Namen in den Reklameschriften assoziierten Klangvorstellungen wurden in der praktischen Ausübung allerdings kaum erreicht.
Um das Erlernen der Notenschrift zu umgehen, wurde häufig ein eigenes speziell entwickeltes Notationssystem verwendet, welches auf Unterlegblättern festgehalten war, das man unter die Saiten schob. Man brauchte nur den aufgedruckten Diagrammen zu folgen, um rasche Anfangserfolge zu erzielen. Dieses System hatte sich Theodor Meinhold 1881 patentieren lassen.
Grundsätzlich lassen sich drei Varianten feststellen:
- Die erste Variante besteht aus griffbrettlosen Zithern mit chromatischer oder teildiatonischer Anordnung von der tiefsten zur höchsten Saite, ein - oder doppelchörig (siehe Kinderzither)
- Die zweite Variante besteht aus griffbrettlosen Zithern mit einer Saitenanordnung in Akkorden ohne Melodiesaiten. Es können nur Akkorde gespielt werden. (siehe z.B. Harpeleikzither)
- Die dritte Variante schließlich ist eine Kombination aus den beiden ersten, sie verfügt über eine Anzahl von Melodiesaiten zu denen meist 5 -7 in Akkorden zusammengefassten Saitenchöre treten. Während die ersten beiden Varianten selten anzutreffen sind, ist die dritte Variante bei weitem die am meisten verbreitete, weil sie dem Spieler eine größere Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten bietet. (siehe z.B. Gitarrzither)[559]
Video Gitarrzither [561]
Video Mandolinzither [562]
Video Mandolinzither [563]
Die Gitarrzither
1894 wurde dem Berliner Friedrich Menzenhauer eine "Gitarr - Zither" patentiert. Diese wurde in Berlin aber auch in New Jersey zusammen mit der Firma Oscar Schmidt (Menzenhauer & Schmidt) in Massen produziert. Aber auch im Vogtland um Markneukirchen wurden nach Angaben von 1910 täglich 1200 Exemplare hergestellt. Die Bezeichnungen für dieses Instrument waren sehr unterschiedlich und oft verwirrend: Konzert - Gitarrenzither, Salonharfe, Konzert - Salonharfe, Mandolin - Gitarrzither (bei Doppelbespannung) oder Mandolinzither. Fest steht aber, dass es das am meisten verkaufte Akkordzithermodell gewesen ist.
Morphologisch hat die Gitarrzither mit dem namengebenden Instrument nichts gemein. Nach Andreas Michel [559] lehnt sich die Bezeichnung an einen für das Akkordspiel auf der Gitarre typischen Klang an. Bei der Gitarrzither ist eine deutliche Gruppierung der Saiten in zwei Teilen zu beobachten. Rechts liegen die Melodiesaiten und links die Begleitakkorde, sie gehört damit zur dritten Variante der griffbrettlosen Zithern. Die Melodiesaiten, einfach oder verdoppelt, sind meistens chromatisch angeordnet und umfassen normalerweise zwei, seltener zweieinhalb bis drei Oktaven. Der tiefste Ton ist links, der höchste rechts. Die Begleitsaiten sind in Gruppen von vier bis sieben Saiten in Akkorden angeordnet. Die dick umsponnene Basssaite des Akkords ist oft etwas abgesetzt, um das getrennte Spiel zwischen Bass und übrigen Akkordtönen zu erleichtern. Üblich waren fünf und sechs - akkordige Instrumente, es gab aber auch solche mit bis zu 12 Akkorden. Beim Spiel wurde das Blatt mit den Unterlegnoten unter die Melodiesaiten gelegt. Der Spieler folgte nun der vorgeschriebenen Zickzacklinie und zupfte an der angezeigten Stelle mit einem Zitherring oder einem Plektrum den entsprechenden Ton. Zusätzlich zur Melodie war die Nummer des anzuschlagenden Akkords vermerkt, der mit der linken Hand ebenfalls mit einem Zitherring angerissen wurde.War nur eine Ziffer angegeben, sollte nur die einzelne Basssaite gespielt werden, bei einer Ziffer mit untergesetztem Punkt wurde der Akkord ohne Basssaite wiedergegeben. Bei einer Ziffer mit untergesetztem Bogen wurde der vollständige Akkord mit Basssaite gespielt Auf diese Weise ließen sich leicht einfache Lieder (Volkslieder, Heimatlieder, Weihnachtslieder) aber auch bekannte Melodien aus Schlagern, Tänzen, Opern, Operetten und klassischer Musik wiedergeben.
Die Gitarrzithern waren fast immer einchörig besaitet. Vermutlich um eine größere Klangdichte zu erzielen, wurden auch doppelchörige Instrumente gebaut, die man nach dem Vorbild der Mandolinbesaitung auch als Mandolinzither bezeichnete. Oftmals waren die Instrumente auch dekorativ bemalt oder mit Bildern beklebt und optisch ansprechend nach dem Vorbild von Harfen mit gedrechselten Stangen gebaut. Davon wurden dann Bezeichnungen wie "Salonharfe", "Konzert - Salon - Harfe" oder ähnlich abgeleitet.
Um das Jahr 1900 wurde dem Markneukirchener Max Kleiber eine Lyrazither patentiert, "eine Gitarrzither mit zwei durch Säulen verbundenen Harfenköpfen" [559]. Der Name bezieht sich auf die Ähnlichkeit des neuen Instruments mit einer Lyra. Die rechts abgebildete Zither aus der Sammlung ist eine abgewandelte Form: die beiden stilisierten Adlerköpfe ersetzen hier die Harfenköpfe, die Säulen verlieren ihre Funktion und entfallen.
Bei all diesen Formen von Akkordzithern wurden die Melodiesaiten mit Hilfe eines Plektrons oder Zitherrings angeschlagen, seltener, vor allem bei zweistimmigem Melodiespiel, Finger benutzt. Die Akkorde werden entweder mit dem Daumen oder ebenfalls mit einem aufgesteckten Ring gespielt. Wichtig ist das Dämpfen der Saiten mit den Handballen um ein Überklingen vor allem der Akkordsaiten zu verhindern
Reine Akkordzithern
Hierbei handelt es sich um die seltenen Vertreter der zweiten Variante von Akkordzithern, die allein auf die Wiedergabe von reinen Akkorden ausgerichtet sind. Neben den beiden hier vertretenen Typen wurden auch in Amerika Modelle mit drei und fünf Akkorden von der Flagg Company mit der Bezeichnung "Regent - zither" angeboten, die im Prinzip gleich wie die Aeol - Zither aufgebaut waren.
Die links abgebildete Harpeleikzither war eine reine Akkordzither, die man nur zum Begleiten einer Singstimme oder von Melodieinstrumenten verwenden konnte. Neben der hier abgebildeten einfachen Form mit lediglich 7 Aklkorden gab es noch eine größere Variante mit 10 Akkorden in enger Lage mit je 9 Saiten ( H-,E-,A-,D-,G-,C-,F-,B-,Es- und As-Dur). Diese Instrumente waren wegen ihrer beachtlichen Größe in zwei Hälften aufgeteilt, die mit Scharnieren verbunden waren. Zum Transport fanden sie zerlegt in einem handlichen Koffer Platz.
Die links abgebildete Aeol -Harfen Zither wurde 1898 in den USA zum Patent angemeldet, in New York hergestellt und sowohl in den USA als auch in Europa vertrieben, vor allem von dem Verlag Eichler, der in Berlin ansässig war. Von daher rührt auch die weitere Bezeichnung american harp zither. Auf dem Instrument sind nur vier Akkorde in großer Zerlegung vorhanden, im nebenstehenden Beispiel mit 8, 8, 10 und 9 Saiten, wobei die drei ersten mit einer tiefen Bassaite schon einen Dreiklang bildeten. Das System war auf F- Dur aufgebaut und enthielt die Tonika, die Dominante, die Subdominante und den Dominantseptakkord. Dazu konnte man ganz links am Rand noch den Moll - Parallelakkord finden. Gespielt wurde ebenfalls nach Unterlegblättern, die aber anders aufgebaut sind als bei der Gitarrzither. "Auf den Notenblättern ist der Fortlauf der Melodie nur mit Zahlen markiert, der Rhythmus fehlt vollständig. Ein langgezogener Strich mit Zahl --------1 bedeutet, dass der ganze Akkord als Begleitung überstrichen wird, was arpeggienartiges Harfenspiel imitiert, und zuletzt bei der Zahl als Melodie etwas kräftiger angerissen wird. Zweiklänge sind so notiert 1----1, Dreiklänge 1---1---1. Auf diese einfache Art und Weise entsteht sogar mit einhändigem Spiel überraschend wohlklingende Musik" [564] Man konnte auf diese Weise lediglich einfache, schon bekannte Volkslieder begleiten.
Anders als Andreas Michel bezweifelt Gregg Miner auf seiner Webseite[565], dass es sich bei diesem Instrument um eine reines Akkordinstrument handeln soll. Nach seiner Meinung könnte ein versierter Spieler auch in der Lage sein, aus den Akkordzerlegungen die passenden Saiten für ein Melodiespiel "herauszupicken" oder sie, wie oben dargestellt, gewissermaßen als Endpunkt einer Arpeggioreihe stärker hervorzuheben. Er schlägt deshalb vor, dieses Instrument nicht als "Bundlose rein akkordische Zither" einzuordnen, sondern als "Bundlose Zither mit in Akkorden angeordneten Saiten"
Video Harpeleikzither [566]
Video Harpeleikzither [566A]
Klavierzithern
Klavierzithern zählen eigentlich zu den sogenannten Gitarr- oder Akkordzithern. Der wesentliche Unterschied zu den übrigen Zithern dieser Art liegt in der Anordnung der Akkordsaiten: sie verlaufen quer ganz oder teilweise über den Melodiesaiten. Da die Saiten im Klavier vergleichbar angeordnet sind, gab man dem neuen Instrument diesen Namen.
Diese Bauweise hat mehrere Vorteile aufzuweisen. Zum einen spart man Platz, die Instrumente sind kleiner und leichter als bei einer traditionellen Anordnung von Melodie- und Akkordsaiten in paralleler Anordnung. Darüber hinaus erreicht man durch die kreuzweise Anordnung ein volleres Mitschwingen der Obertöne und damir auch ein größeres Klangvolumen. Man war hier auch in der Lage, den Tonumfang der Melodiesaiten auf 3 Oktaven zu erweitern.
Die abgebildete Sonora - Klavierzither wurde damals stark beworben (siehe Werbung) [564]. Bei ihr verlaufen die 4 schräg zu den Melodiesaiten angeordneten Akkorde nur teilweise über diesen, so dass der vorgenannte Effekt nicht so ausgeprägt sein dürfte. Die Spielweise ist wohl mit der Gitarrzither identisch.
Die nebenstehende Klavierzither ist wohl eine Weiterentwicklung der Aeol - Harfenzither (siehe letzter Abschnitt). Sie trägt im Innern die Aufschrift "Concert Aeol American Harp Zither" von der Firma Eichler in Berlin. Bei dieser Ausführung wurde die kreuzweise Besaitung im Vergleich zur Sonora - Variante optimiert. Die Akkordsaiten verlaufen nun in ihrer gesamten Länge über den Melodiesaiten. Zusätzlich sind in einer dritten Ebene weitere 4 Akkorde untergebracht[564]
Zithern mit Tastatur
Autoharp
Auch die hier vorgestellte autoharp (von griech. autos = selbst, harp = Harfe) war fast ausschließlich als akkordisches Begleitinstrument zu verwenden. Man bezeichnete sie deshalb auch als Akkordzither, was zu einiger Konfusion führt, weil die Gitarrzithern ebenso benannt werden. Eine andere Bezeichnung war auch "Akkord - Zither - Harfe". Sie hat sich als einzige der vielen neu geschaffenen Zitherarten der Jahrhundertwende bis heute in der Praxis gehalten. Sie spielt immer noch in bestimmten Stilen der nordamerikanischen Volksmusik eine gewisse Rolle, z.B. im bluegrass. Bekannte Spieler kamen vor allem aus der Carter - Familie, wie z.B. Maybelle, June und Sara Carter. Aber auch viele andere Gruppen setzen dieses Instrument heute noch ein.
1864 wanderte Carl Friedrich Zimmermann in die Vereinigten Staaten aus, wo er 1881/1882 sich die autoharp patentieren ließ, allerdings lagen die Dämpfer parallel zu den Saiten. 1883/84 erhielt Karl August Gütter aus Markneukirchen ein ähnliches, britisches Patent. Es scheint, dass Zimmermann auf einer Reise nach Deutschland dessen System mit rechtwinklig zu den Saiten verlaufenden Dämpfern kennenlernte und es anschließend in Amerika unter seinem Patent industriell fertigte. Es wurde ein durchschlagender wirtschaftlicher Erfolg, der hauptsächlich auf die Einfachheit der Spielweise zurückzuführen ist. Innerhalb von drei Jahren sollen 50 000 Exemplare des ersten, dreiakkordigen Modells verkauft worden sein. Die Anzahl der Saiten und die Anzahl der Akkorde wurden mit der Zeit vergrößert, heute sind Exemplare mit 36 bis zu 47 Saiten im Handel, meist mit 15 und 21 greifbaren Akkorden. Geschickte Spieler erzeugen zu den Akkorden auch zusätzlich Melodielinien, dieses erfordert aber sehr viel Übung.
Die Spielweise ist denkbar einfach: eine Hand streicht über alle Saiten hinweg die diatonisch, halb- oder vollchromatisch angeordnet waren, während die andere eine bar niederdrückt. Dabei handelt es sich oft um einen federnd gelagerten Holzstreifen mit dem entsprechenden Akkordsymbol , auf dessen Unterseite meist kleine Stücke aus hartem Filz angeordnet sind. Sie dämpfen alle Saiten des gewünschten Akkords ab, die nicht in ihm enthalten sind. Nur die akkordeigenen Töne können frei schwingen.[512]
Mandolinette, Pianoharp und Akkordiola
Zu den mit einer einfachen Mechanik ausgestatteten Zitherarten gehören auch die Pianoharp und die Mandolinette. Die Pianoharp hat ihren Namen wohl von der aufgesetzten Tastatur, die an das Klavier erinnert. Ähnlich wie bei diesem werden die Saiten beim Betätigen einer der Tasten durch ein Hämmerchen angeschlagen. Dadurch soll auch ein dem Klavier ähnlicher Klang assoziiert werden. Mit der linken Hand werden dann zur Melodie die entsprechenden Akkorde angeschlagen.
Die Mandolinette wurde als ein sehr vielseitiges Instrument konstruiert. Als erste Spielart konnte sie wie eine Mandoline fungieren, daher bezieht sie auch ihren Namen. Durch Betätigen einer der Knöpfe wurde ähnlich wie beim Marxophon (siehe Kap. Nordamerika) ein Federstahl mit Holzaufsatz in Bewegung gesetzt, der die Saite anschlug. Ließ man sofort los, erzeugte man einen Einzelton. Hielt man aber die Taste gedrückt, entstand durch das Schwingen des Federstahls ein Mehrfachanschlag, der stark an ein Mandolintremolo erinnerte. Mit der linken Hand wurde dann die Akkordbegleitung gespielt. Zum Spielen wurden Unterlegblätter beigegeben.
In einem Katalog des Versandhauses Stukenbrock von 1926 wird unter anderem auch die Fidola von der Firma Fischer angepriesen und zwar als "Violin-Gitarre-Duett-Zither" Dort heißt es " Nr 13503. Violin-Gitarre-Duett Zither nach unterlegbaren Notenblättern und Melodiealbum, von einer oder auch zwei Personen gleichzeitig zu benutzen. Das Instrument besitzt 49 Saiten und 6 Begleitakkorde und wird mit Violinbogen und Melodienheft geliefert"[564] Daraus ergibt sich die Verwendung auch als Violinzither und als "Duettzither", da auch zwei Spieler gleichzeitig z.B. als Violinist und als Begleiter tätig werden können.
Eine dritte Variante ergibt sich, wenn man die aufgesetzte Tastatur entfernt, was mit wenigen Handgriffen möglich ist. Man kann dann mit einem Plektrum oder den Fingern die nun leicht erreichbaren Saiten anzupfen.
Das abgebildete Instrument hatte keinen Bogen dabei, es besitzt nur 35 Saiten und vier Akkorde so dass es sich hier um eine abgespeckte Variante der Mandolinette handeln könnte, bei der die Möglichkeit des Streichens nicht so sehr im Vordergrund stand.
Die Akkordolia rechts ist eine Schöpfung des Klingenthaler Instrumentenbauers Otto Teller aus dem Jahr 1919. Er verwendete dabei die Saitenanordnung einer Hummel (3 Melodiesaiten gleich gestimmt in f1, 4 Begleitsaiten für Akkorde f1, c1, a und f ). Darüber setzte er eine Tastatur mit Knopftasten und einem Federmechanismus, wie er ähnlich beim Akkordeon verwendet wird. Mit der rechten Hand werden die Saiten über dem Schallloch gezupft, geschlagen oder im Tremolo zum Klingen gebracht, während die linke Hand die Tasten zum Verkürzen der Melodiesaiten bediente. Auf den Tasten waren Zahlen aufgedruckt (die den herkömmlichen Noten entsprachen) und man konnte leicht nach vorliegenden Tabulaturen Melodien spielen. Darüberhinaus konnte man noch vier Begleitakkorde mit den entsprechenden Knöpfen der oberen Reihe hinzufügen. Es ist anzunehmen, dass er die 1912 von dem Japaner Morita in Nagoya entworfene nagoya harp oder taishogoto (siehe Kapitel Ostasien) gekannt hat, die im Gegensatz zur Akkordolia noch heute in Japan weit verbreitet ist und auch als Vorlage für das bulbul tarang Indiens und das benju Balutschistans diente. (siehe Kap. Indien)
Video taishogoto [570 A)]
Video taishogoto Ensemble[570A]
Streichzithern
Im Jahre 1823 erfand der oben schon erwähnte Zithervirtuose Johann Petzmayer eine Zither, die mit einem Bogen gestrichen wurde, gleichzeitig mit dem Wiener Instrumentenbauer Johann Georg Stauffer, der eine gestrichene Gitarre unter dem Namen Arpeggione anbot.
Die neue Streichzither wurde in Herzform gebaut, um es rein von der Form her von den herkömmlichen Streichinstrumenten zu unterscheiden. Auf Begleitsaiten wird bei allen Arten vollkommen verzichtet. Im Gegensatz zur Zither musste die Greiffläche abgerundet werden, um ein sauberes Streichen der Saiten zu ermöglichen. Petzmayers Instrument besaß ursprünglich nur drei Saiten in der Stimmung a1d1g; bald erfolgte eine Erweiterung um eine vierte Saite e2 , so dass eine Violinstimmung entstand. Es gab später noch eine fünfsaitige Form mit einem zusätzlichen tiefen g. Im Gegensatz zur Violine besaß das Instrument wie die Zither 29 feste Metallbünde und die Lage der Saiten war spiegelbildlich zu den klassischen Violinsaiten: die höchste Seite liegt links vom Griffbrett dem Spieler zugewendet. Das Instrument sollte im Sitzen gespielt werden und war dabei mit kleinen Füßen auf einem Tisch aufgesetzt, um diesen als zusätzlichen Resonanzboden zu nutzen. Manchmal wurde sie auch zwischen den Schoß des Spielers und eine Tischkante geklemmt. Da Griffbrett und Saitenanordnung weitgehend identisch mit der Gebirgs- oder Konzertzither waren, war ein Umstieg relativ leicht: man brauchte sich nur noch die Technik des Streichens anzueignen. Vielleicht erklärt sich daraus die weite Verbreitung dieses Zithertyps im 19. Jahrhundert, auch weil sie eine neue Klangfarbe ins Ensemblespiel brachte.
Der herzförmige Urtyp der Streichzither erfuhr in den folgenden Jahrzehnten etliche Abwandlungen. In Brünn erfand Leopold Breit 1856 die "Breitoline", ihr Korpus greift auf die klassische Violinform zurück. Sie besaß auch vier Saiten und war gestimmt wie die klassische Geige. Sie wurde auf den Schoß gelegt und gegen den Tisch geklemmt. Aus diesem Grund wird sie auch mehrheitlich als "Schoßharfe" oder "Schoßgeige" bezeichnet.
Einige Jahre später tauchte als neue Variante der Streichzither das Streichmelodion auf. Sein hervorstechendes Merkmal ist der markant geschwungene Korpus, der wohl an historische Vorbilder erinnern sollte. Durch die Vergrößerung des Resonanzkörpers wurde auch eine Kräftigung des Klangs erreicht. Auffallend ist auch das massive und relativ stark gewölbte Griffbrett. Diese Art der Streichzither wurde vor allem in Markneukirchen gebaut, z.B. von der Firma Ernst Rudolf Glier.[564][559] Das hier abgebildete Instrument soll aber von Max Amberger gebaut worden sein.
Video Streichzither [573]
Video Schoßharfe [574]
Bei den Violinzithern wurden die Melodiesaiten, wie der Name schon sagt, nicht mit den Fingern oder Plektren zum Schwingen gebracht, sondern durch Anstreichen mit einem kurzen, violinähnlichen, haarbespannten Bogen.1925 ließ sich die Firma Clemens Neuber in Klingenthal eine neu entwickelte Violinzither patentieren. Auch diese Instrumente gehören zu den Akkordzithern, obwohl sie irreführend oft als Geigenlaute oder Violinharfe bezeichnet wurden, wie an den nebenstehenden Sammlungsbeispielen erkenntlich ist.
Beim Spielen erzeugt meist der Daumen der linken Hand oder ein darauf gesteckter Zitherring die an der linken Seite angeordneten Akkorde. Die rechte Hand führt den Bogen. Für jeden Ton gibt es eine eigene Saite. Die Melodietöne liegen in zwei vertikal angeordneten Reihen. Beim Spielen einer Tonleiter muss dann jeweils die Reihe gewechselt werden. Manche Instrumente waren diatonisch gestimmt, sie verfügten über zwei bewegliche Blechstreifen, die man auf die Saiten herunterdrückte um diese zu verkürzen und den Ton um eine halbe Stufe zu erhöhen. Es gab aber auch Instrumente mit halbchromatischer oder chromatischer Saitenanordnung.[564]
Im Vergleich zu den gezupften oder angeschlagenen Tönen der anderen Zitherarten bietet das Streichen der Saiten vor allem den Vorteil lang klingender Notenwerte, die man vor allem für elegische Passagen nutzen konnte. Auf Grund der Anordnung der Saiten war ein rasches und virtuoses Spiel kaum möglich. So wurden diese Instrumente vor allem in Zitherensembles solistisch als Kontrast zum gezupften Klang verwendet. In der Hausmusik zur eigenen Erbauung und zusammen mit einem Partner als "Duettzither" liegt aber wohl ihre wichtigste Anwendung. Die Bezeichnung Konzert-Violinharfe wurde überwiegend von Max Lausmann in seiner Klingenthaler Werkstatt verwendet.
Video Geigenlaute [571]
Video Violinharfe [572]
Geschlagene Zithern
Das Hackbrett ist in vielen Ländern der Erde ein weit verbreitetes Instrument. Es ist von den Alpenregionen über Ungarn, Rumänien, Weißrussland, Griechenland, Irak, Persien, Indien, Thailand bis China verbreitet.In der alpenländischen Volksmusik ist es eines der tragenden Instrumente und hat sich bis auf den heutigen Tag in der Praxis gehalten.
Lange war man der Meinung, das Hackbrett sei eine mittelalterliche Adaptation des aus dem islamischen Kulturkreis bekannten santur.Es gibt aber einige Gründe, die dagegen sprechen. Einmal ist das Hackbrett als rechteckiges, mit zwei Schlägeln gespieltes Instrument in Text und Bild bereits im frühen 15. Jahrhundert nachgewiesen. Aus dem islamischen Kulturkreis stammende bildliche Darstellungen für das geschlagene santur finden sich erst am Ende des 15. Jahrhunderts. Für eine eigenständige europäische Entwicklung spricht auch das verwendete Saitenmaterial. Darmsaiten sind für eine Tonerzeugung durch Schlagen nicht geeignet. Für die Erzeugung von klaren und lauten Tönen können nur Metallsaiten verwendet werden. Diese können nicht geschmiedet werden, da diese Art naturgemäß sehr ungleichmäßig ist und unter Zug leicht bricht. Deswegen muss man gezogenen Draht verwenden, dessen Herstellung aber erst im 14. Jahrhundert bekannt war.
Es ist davon auszugehen als Vorläufer des Hackbretts das antike Monochord und das davon abstammende mit Stäbchen gespielte Psalterium anzusehen, das auch in der Form des Saitentambourins bekannt war.Zwei Bilder aus Böhmen um das Jahr 1360 zeigen solch ein balkenförmiges Instrument, das wahrscheinlich als Borduninstrument verwendet wurde, weil alle Saiten gleichzeitig angeschlagen wurden. Mitte des 15. Jahrhunderts verdrängte ein tafelförmiges Hackbrett das balkenförmige. Ab ca 1375 wurde dadurch ein zweihändiges Spiel möglich, der größere, rechteckige Resonator und in Chören gestimmte Metallsaiten führten zu einer verbesserten Tonqualität. Zuisätzlich wurden nun Teilungsstege eingeführt. Diese standen oft im Verhältnis 2 : 3, dadurch ergab sich ein Quintintervall rechts und links vom Steg, so dass man mehr Töne erzeugen konnte als Saitenchöre vorhanden waren. Durch die Vermehrung der Saiten wandelte man auch die Form, das Rechteck des Resonanzkörpers wurde zum Trapez.
Ein Instrument in diesem Umriss mit Teilungssteg ist auf einem Fresko der Karmelitenkirche in Frankfurt /Main aus dem Jahr 1435 zu sehen. 1512 wird in Holland ein Instrument abgebildet, welches eine wechselweise Saitenführung über einen Teilungssteg und darin befindliche Öffnungen zeigt. Die vom rechten Steg kommenden Saiten laufen durch ovale Löcher im linken Steg hindurch zu den Stimmwirbeln, um in voller Länge als Basssaiten zu fungieren.
Die früheste Erwähnung des Begriffes Hackbrett findet sich in der Schweiz 1447 in Zürich, in Bayern wird in Augsburg ab 1499 ein Bartelmo Schuster als Lauten- und Hackbrettbauer erwähnt. 1448 erscheint im Codex des Otto von Passau eine bildliche Darstellung eines Hackbretts.
" Das Hackbrett kam mit seinen klanglichen Eigenschaften dem Klangideal und Musikbedürfnis des 14. und 15. Jahrhunderts entgegen....Der musikalische Aufgabenbereich des Hackbretts war im 14. bis Anfang des 16. Jahrhundertsdie improvisierte Mehrstimmigkeit, für die der Bordun ein Charakteristikum ist...Die melodiefähigen Hackbretter sind sowohl zum Alleinspiel als auch im Ensemble verwendet worden"[575] Das Hackbrett fand in der Zeit Eingang in alle gesellschaftlichen Schichten, in die Landbevölkerung, die Bürgerschaften der Städte und in den Adel. Es war die Blütezeit dieses Instruments, hauptsächlich in der Tanzmusik.
Im 16. Jahrhundert folgte dieser Blüte der Niedergang durch einen Wandel des musikalischen Geschmacks. "Der ineinanderklingende, dämpfungsfreie Klang mit Geräuschanteilen" entsprach "nicht mehr der neuen Forderung nach einem klar abgegrenzten, scharf umrissenen, reinen Klang, der mit der Entwicklung der komponierten Instrumentalmusik im engen Zusammenhang steht"[575] 1589 wurde am Württembergischen Hof das Hackbrett zu den "Fastnachtsspielen" gezählt, Virdung zählt es zu den "LumpenInstrumenta" und nennt es "onnütz". Etwa hundert Jahre später erlebte das Hackbrett durch das Wirken des Tanzlehrers und Komponisten Pantaleon Hebestreit noch einmal eine kurze Blüte. Um 1690 entwarf er ein Groß - Hackbrett, das etwa viermal so groß war wie ein herkömmliches, ca 270 cm an der Basis, mit zwei Resonanzböden mit je 90 Saitenpaaren aus Darm und Metall. Das Instrument war nur von Profimusikern zu spielen, zum Erfolg als Dilettanteninstrument trug damals sicherlich hauptsächlich die herrschende Vorliebe für Schäferspiele bei, die das einfache Leben in der Natur verherrlichten. Nach diesem etwa hundert Jahre dauernden Intermezzo ging die Bedeutung des Instruments stark zurück, lediglich in den Alpen hat es sich in Deutschland vor allem in Ensembles der bayrischen Stubenmusi halten können.[575]
Das nebenstehend abgebildete Saitentambourin kann man als ein Hackbrett ansehen, dessen Saiten zu Akkorden zusammengefasst sind. Manche sehen es als das Instrument an, aus dem sich das Hackbrett entwickelt haben könnte.Es ist heute in Mitteleuropa wenig verbreitet und wird hauptsächlich zur einfachen Begleitung in volkstümlichen Ensembles verwendet. Im Gegensatz dazu ist es diesseits und jenseits der Pyrenäen unter verschiedenen Bezeichnungen und Formen bekannt und hat in der Volksmusik eine Jahrhunderte alte Tradition bis auf den heutigen Tag (siehe Kapitel Westeuropa).
Die Aeolsharfe
Dieses Instrument aus der Familie der Zithern ist nach dem griechischen Gott des Windes aiolos benannt, eine andere Bezeichnung dafür ist Windharfe, obwohl das Instrument keinerlei Kennzeichen einer Harfe aufweist. Ein erstes Exemplar wird Athanasius Kircher zugeschrieben, der es als machinamentum X [579]bezeichnet und 1646 in seiner ars magna lucis et umbrae sowie 1650 in der musurgia universalis beschreibt. Es handelte sich um ein Instrument mit 15 - 20 gleich gestimmten Saiten über einem rechteckigen Resonatorkasten mit verstellbaren Flügeln zum "Einfangen" des Windes. Etwa 100 Jahre später wurde die Aeolsharfe von schottischen Musikern und Poeten um James Thomson in London wiederentdeckt und populär gemacht. Von hier ausgehend wurde es auch in Deutschland bekannt und erlebte seine Blütezeit vor allem in der Zeit der Romantik. Die damaligen Instrumente verfügten meistens über einen rechteckigen Resonanzboden über den 4 - 8, seltener bis 12 Saiten gespannt waren. Späterhin wurden auch Instrumente mit anderen Umrissformen wie Dreiecke oder Fünfecke gebaut. Der an die Flageoletttöne anderer Saiteninstrumente erinnernde Klang, der durch das Element Wind erzeugt wurde galt in der Epoche der Romantik als Sinnbild die Natur. Folgerichtig wurden Aeolsharfen in Parks und alten Gebäuden installiert. So schrieb 1825 der Gartenarchitekt Ludwig von Sckell "Die Lage der Ruinen sollte gewöhnlich in fernen Gegenden des Parks, vorzüglich auf Anhöhen und da gewählt werden, wo sich die Natur in ihrem ernstlichen, feierlichen Charakter zeigt, wo Einsamkeit und schauerliche Stille wohnt, wo die ungesehene Aeolsharfe ertönt...wo der alte Ahorn, die bejahrte Eiche zwischen den bemoosten Mauern stolz emporsteigen.."[579] Die erste Aeolsharfe wurde in Deutschland auf Anregung von Justinus Kerner 1824 auf Burg Weibertreu in Weinsberg installiert, nach ihrer Restauration sind sie noch heute bei günstigem Wind zu hören. Mit dem Ausklingen der Romantik verschwindet das Instrument Mitte des 19. Jahrhunderts fast vollständig aus dem Musikleben. [429], Zithern
Die physikalischen Voraussetzungen für die Tonentstehung bei Saiten, die einem möglichst gleichmäßigen, nicht zu starken seitlich auftreffenden Luftstrom ausgesetzt sind, waren lange Zeit unbekannt. Erst 1878 erkannte Vincenc Strouhal in Würzburg, daß "die Töne durch ein alternierendes Abreißen von Luftwirbeln mit dadurch verursachten Resonanzphänomenen entstehen"[579] Die Töne der Windharfe sind meist die harmonischen Obertöne von gespannten Saiten, dabei ist der Grundton (die leere Saite) gar nicht oder nur in geringer Intensität zu hören. Hauptsächlich die Spannung der Saiten bestimmt den Ton und nicht deren Länge. Diese ist bestimmend für die Lautstärke: je länger die Saite, um so lauter der Ton. Von Bedeutung ist auch der Saitendurchmesser: das Verhältnis zwischen ihm und der Windgeschwindigkeit bestimmt den Ton.
Die Tonhöhe hängt von der Windgeschwindigkeit ab: je schneller die Luftteilchen auftreffen, umso höher wird der Ton. Daher rührt eine typische Eigenart der Aeolsharfe: verschiedene Töne können gleichzeitig auf einer Saite gehört werden. Abhängig von der Windgeschwindigkeit erscheinen neue Töne, während andere verklingen.
Um befriedigende Ergebnisse zu bekommen, sollten beim Bau einer Windharfe Saiten mit verschiedenem Material und verschiedenem Durchmesser verwendet werden, die man auf die gleiche Tonhöhe einstimmt. Die Saiten sprechen dann mit dem gleichen Ton auf unterschiedliche Windgeschwindigkeiten an. Günstig für die Lautstärke ist es auch, wenn man die Saiten auf die Resonanzfrequenz des Korpus stimmt. Von Bedeutung ist auch die Größe des Schalllochs oder der Schalllöcher: das Verhältnis des Durchmessers der Schallöffnung zum Luftvolumen des Resonanzkastens bestimmt dessen Resonanzfrequenz. Am besten verwendet man Rosetten da sonst der Wind nach Flötenart im Schallloch selbst einen Ton erzeugen kann. Die Stege sollten auch nicht auf dem Endblock des Resonators liegen sondern auf dem frei schwingenden Teil der Decke, dies verstärkt den Ton. Einer der bekanntesten Windharfenbauer im 19. Jahrhundert war Wilhelm Mehlkop in Hamburg. Der Luftzug, der beim normalen Gehen entsteht, soll seine Instrumente schon zum Klingen gebracht haben[579][429, Kap. Zithern]
Video Aeolsharfe [580]
Monochorde Musiktherapie
In sehr vielen Bereichen der Krankenmedizin wird versucht, gesundheitsfördernde Effekte durch Musik zu erzielen: in der Schmerztherapie, bei Tinnitus, Schlaganfall, Depression, Parkinson, Demenz, bei Risikoschwangerschaften, in der Krebsbehandlung und in der Palliativmedizin um einige Schwerpunkte zu nennen. "Nach einem Schlaganfall beispielsweise versuchen Menschen mit Musik ihre Bewegungen wieder zu koordinieren. Tinnituspatienten kann speziell bearbeitete Musik dabei helfen, das störende Pfeifen im Ohrwieder loszuwerden. Bei Menschen mit Alzheimer oder anderen Demenzerkrankungen vermag gemeinsames Singen Aggressionen abzubauen und die Lieblingsmusik ist in der Lage, verblasste Erinnerungen zurückzuholen....Ziel der Musiktherapie ist es immer, mit Klängen den Menschen emotional zu erreichen. Sei es Patienten, bei denen kein verbaler Dialog möglich ist, sei es um Entspannung zu ermöglichen und positive Gefühle zu wecken" [581] Dies gilt auch für den gesunden Menschen, dessen Wohlgefühl durch eine "Klangmassage" gesteigert wird oder der meditativ in sein Ich eintauchen will.
Man benutzt heute eine Vielzahl verschiedener Klangerzeuger wie Gongs, Glocken, Zimbeln, Klangschalen, Stimmgabeln und verschieden Arten von Monochorde, um die angestrebten medizinischen Ziele wie das Lösen von Verspannungen, das Lindern von Schmerzen und das Abbauen von Ängsten zu erreichen.
Monochorde werden schon länger in der Klangtherapie eingesetzt. Dabei versteht man unter einem Monochord nicht das pythagoreische, einsaitige Instrument, sondern stets eine den Zithern zuzurechnende Form, die meist rechteckig oder an den Seiten ausgebuchtet ist. Über diesem Korpus verlaufen dann eine größere Anzahl von Saiten, die alle gleich gestimmt sind und den gleichen Ton wiedergeben. Man fährt mit möglichst gleichmäßigen Bewegungen mit den Fingerkuppen z.B. der beiden Zeigefinger über alle Saiten und erzeugt damit zunächst einmal einen schwebungsfreien Klang, der nur aus einem Ton besteht, eine vollkommene Konsonanz. Daneben entsteht aber eine Fülle von Obertönen, deren Zusammensetzung sich ändert, je nach der Stelle, wo die Saiten zum Schwingen angeregt werden. Diese sphärischen Klänge " die auf Grund ihrer relativ gleich bleibenden (oder scheinbar fehlenden) Struktur und Klangfarbe das normale, kognitive Wachbewusstsein wenig ansprechen, eignen sich sehr, unser Alltagslebenzu untergraben, den Verstand zu "überlisten" und so den Zugang zu tieferen Bewusstseinsschichten zu öffnen". [582]
Besonders intensiv werden diese Schwingungen bei den sogenannten "Körperinstrumenten" , bei denen die Schwingungen direkt im Kontakt zum menschlichen Körper auf diesen übertragen werden. Dazu zählen Klangwiegen, Klangsitze, Klangliegen (Liegemonochord) und auflegbare Kleinmonochorde. Die Intensität des Erlebens wird noch gesteigert, wenn längere Saiten mit tieffrequenten Tönen und Schwingungen benutzt werden.
Das links abgebildete KoTaMo ist eine Kombination aus drei Instrumenten, deren erste Buchstaben den Namen des Instruments ergeben: Koto, Tambura, Monochord. Man erreicht dadurch eine Ausweitung der klanglichen Gestaltungsmöglichkeiten. Die Tampura wird wie ihr indisches Vorbild auf Grundton, Quinte,Quinte und Grundton gestimmt und erzeugt auf Grund ihres besonders geformten flachen Steges ihren typischen Klang. Das Koto kann auf Grund seiner variablen Stege leicht auf alle möglichen Skalen eingestellt werden und erlaubt auch eine große Variabilität des Tones, z.B. durch den wechselnden Druck, der auf die Saiten ausgeübt wird. Es ergeben sich so mannigfache zusätzliche gestalterische Varianten.
Das linke Monochord scheint ebenfalls ein therapeutisches Instrument zu sein, es wird aber mit Klöppeln gespielt und erzeugt ebenfalls tieffrequente Töne.
Stoessel Lauten
Der Geigenbauer Georg Stoessel erfand 1914 in Köln ein neues Instrument, das er sich ein Jahr später patentieren ließ. In der Patentschrift heißt es: "Der Zweck der Erfindung ist vorzugsweise der, in schwierigen Greifarten der gebräuchlichen Saiteninstrumente zu Begleitzwecken zu vereinfachen und zu vervollkommnen unter Berücksichtigung rascherer Erlernbarkeit und größerer Bequemlichkeit. Das neue Instrument zeichnet sich dadurch aus, daß die Greifkante quer zu den Saiten angeordnet ist. Die Stimmwirbel sind an das der Greifkante gegenüberliegende Saitenende verlegt. Für das neue Greifen kommen nur 1 bis 3 Bünde in Betracht, die bei geeigneter Stimmung von nur 6 bis 7 Saiten zur Bildung aller Tonarten und ihrer Nebenakkorde ausreichen. Die Greifkante eignet sich für alle Formen und Bauarten und lässt neue Formen und Bauarten zu". [559]
Er selber bezeichnete das Instrument als "Stoessels Lauten - Mandoline", in den Lehrwerken wurde sie als "Stoessels Accord - Mandoline", an anderer Stelle kurz "Stoessel - Mandoline" genannt. Später gebaute Instrumente aus den Dusyma Werkstätten in Stuttgart-Ostheim trugen auch die Bezeichnung "Mandolaute" oder "Deutsche Laute". Er wollte ein Volksinstrument bauen, für jeden erschwinglich und rasch erlernbar. Es sollte von der Ergonomie her leicht zu spielen sein, ohne unnatürliche Handhaltung, und das Erzeugen auch schwieriger Akkorde einfach machen und es sollte auch für das Spiel im Ensemble geeignet sein. Der flache zitherartige Resonator hatte einen lautenartigen Umriss und eine Zarge. Der gewölbte Boden war aus Spänen zusammengesetzt. Der Hals war kurz und breit, das Griffbrett hatte meist drei, höchstens aber fünf Bünde. Die Saiten wurden über den Obersattel gegriffen, die Finger lagen parallel dazu. Merkmale von Zither und Halslaute waren in diesen Instrumenten erkennbar.
Im Verlaufe von ca 30 Jahren hat Georg Stoessel einige Hundert verschiedene Varianten seines siebensaitigen Erstmodells geschaffen. Die meisten davon unterschieden sich in der Zahl der Saiten, es gab aber auch Modelle mit zweichörigem Bezug. Auch ein Kontrabassmodell wurde angeboten, welches einen verlängerten Halsansatz für die langen Saite aufwies. In der Sammlung befinden sich eine neunsaitige Version und eine Version mit sieben Melodie- und zwölf Basssaiten. Die Stimmung des neunsaitigen Instruments ist wie folgt: e2 c2 a1 f1 d1 b g es c . Bei der Bassversion sind die obersten sieben Saiten identisch, nämlich e2 c2 a1 f1 d1 b g, die Bässe lauten absteigend: As es B f c+ G d A e H fis cis. Bei den Melodiesaiten bilden je drei Nachbarseiten einen Moll- oder Durdreiklang. 1931 ließ sich Georg Stoessel jr. schräggestellte Bünde und schräggestellten Steg patentieren, die hier gezeigte siebensaitige Laute scheint von ihm zu stammen. Die Melodiesaiten wurden meistens mit der weichen Daumenkuppe angeschlagen, aber auch Zitherringe und Mandolinblättchen wurden benutzt. Die Basssaiten wurden mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger der rechten Hand gezupft.
Die Entstehung der Stoessellaute fällt in die Zeit der "Wandervogelbewegung" und der Renaissance des Volksliedes, was ihre überregionale Verbreitung in den zwanziger und frühen dreißiger Jahre sicher begünstigt hat. Nach dieser kurzen Blüte folgte ein rascher Niedergang, ausgelöst durch einen Erlaß der Reichsjugendführung, der den Gebrauch der Instrumente in HJ und BDM untersagte. Es gab aber auch andere Gründe, die die Stoessellauten in Vergessenheit gerieten ließen: Ihr Klang unterschied sie kaum von anderen etablierten Saiteninstrumenten, die Möglichkeiten der Klangmanipulation waren durch das Greifen über den Obersattel (Vibrato, Glissando usw.) sehr begrenzt. Virtuoses solistisches Spiel war nur begrenzt möglich, ein eigenes solistisches Repertoire wurde kaum entwickelt.[559]
Video Stoessellaute [585]
Video Stoessel-Basslaute [586]
Waldzithern
Nachdem der Name der mittelalterlichen Kastenhalslaute Cister als Zither im 18. Jahrhundert auf die Griffbrettzithern in der Form der auf einem Tisch liegenden Gebirgszither übergegangen war, ergab sich für die in der Volksmusik überlebenden Instrumente des alten Typs ein Bezeichnungsproblem. Um eine klare Abgrenzung zu schaffen wurden sie manchmal mit geographischem Zusatz (Thüringer Zither, Harzer Zither) versehen oder man bezeichnete sie nach ihrer sozialen Verwendung (Bergmannszither) In der Schweiz hat sich der Name Halszither durchgesetzt. Der Name Lutherzither oder Wartburgzither rührt wohl eher von einer in Mode gekommenen historisierenden Sichtweise um die Jahrhundertwende her, historisch belegt ist es nicht, dass Martin Luther ein solches Instrument je gespielt hat.
Der Name Waldzither taucht in Thüringen in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts auf. C.H. Böhm,seit 1897 ein Hamburger Mandolinenfabrikant, verwendete diesen Begriff für sein neu entwickeltes Instrument als Rückbildung von "Thüringerwald - Zither". Er kreierte auch eine "Walddoline", eine verkappte Flachmandoline. Die Namen waren geschickt gewählt, fiel doch in diese Zeit die Geburt der Wandervogelbewegung mit ihrer Vorliebe für Musik und Gesang in freier Natur.
Seine Waldzither besaß die Form einer Mandoline mit flachem Boden. Ihr hervorstechendstes Merkmal ist die Verwendung einer "Preston machine" als Stimmvorrichtung. Diese Schraubenfächermechanik ist nach dem englischen Ingenieur John Preston benannt, der sie in der "English guitar" des 18. Jahrhunderts verwendet hatte. Man findet sie noch heute auch bei der "Guitarra Portuguesa", die im Fado gespielt wird. Sie ist typisch für die in Hamburg gebauten Instrumente, die man unter der Bezeichnung "Hamburger Waldzither" führt.[587]
Die meisten Waldzithern wurden allerdings nicht in Hamburg, sondern im Vogtland gebaut. Sie verwenden in der Mehrzahl nicht die Preston - Mechanik sondern die der Gitarre ähnliche Embergher - Mechanik mit ihrem durchbrochenen Wirbelkopf. Auch war der Boden gespänt und halbrund ausgeführt wie auf dem links abgebildeten Thüringer Instrument. Diese Instrumente fasst man unter dem Begriff Thüringer Waldzither zusammen. Dazu zählt auch das rechts abgebildete Instrument, das wahrscheinlich von Theodor Heym in Suhl/Thüringerwald gebaut worden ist. Es verwendet wie alle dort gebauten Instrumente eine Mechanik mit seitständigen Wirbeln, die Stifte für die Saitenaufnahme werden von hinten durch die schmale, lange Wirbelplatte geführt. Während die übrigen hier abgebildeten Waldzithern eine ungerade Anzahl von Saiten aufweisen verfügt dieses auf eine gerade Zahl von 12 Saiten. In einem Ausstellungskatalog der Instrumente von R. Grünwald wird auch ein ebensolches Instrument mit 14 Saiten gezeigt, das allerdings wie üblich nur neunsaitig bespannt war. Man könnte auch vermuten, dass es sich bei der rechten Abbildung um eine Waldzither handelt, die man zu einer Mandola umfunktioniert hat, was auch von der Mensur her erklärbar wäre. Gestimmt wurden alle Waldzithern in offenen Stimmungen wie z.B. G - Dur d2 h1 g1 d1 g (Bergmannsstimmung).
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden Bergleute aus dem Erzgebirge und Thüringen in den Harz gerufen, um die dortigen Erze abzubauen. Sie brachten auch ihre "Bergmannszither" mit, die sich bis in die letzten Jahre als Harzzither gehalten hat. Sie durchlief aber eine eigenständige Entwicklung. Sie besitzt die Form einer Flachmandoline mit einem runden Schallloch. Sie ist bespannt mit 4 doppelchörigen Saiten in der D - Durstimmung a d1 fis1 a1 als Tenorwaldzither. Gespielt wurde meistens in Akkorden hauptsächlich zur Gesangsbegleitung . "Immer wenn es die Zeit erlaubte, traf man sich (z.B. in Braunlage) zum gemeinsamen Singen und Musizieren. Die Männer spielten auf der Waldzither und sangen dazu und die Frauen stickten, strickten oder häkelten".[588]
In der Schweiz haben sich die Halszithern in einigen Rückzugsgebieten gehalten. Die Emmentaler Halszither (oder Hanoterre) fand von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum 1. Weltkrieg die größte Verbreitung. Die Toggenburger Halszither verfügte über eine große Mensur, 13 Saiten in fünf Chören (2 x 2, 3 x 3, oder 4 x 3, 1 x 1), hatte 12 Bünde, zusätzliche Rosetten in der Decke und einen violinähnlichen Kopfabschluss; sie war c g c1 e1 g1 gestimmt . Beide Zithern ähneln in ihrem Umriss den hier abgebildeten. Dagegen hatte die Krienser Halszither, die auch Krienser Mandoline genannte wurde, den Korpusumriss einer Gitarre. Der Name Mandoline scheint von der Spielweise herzurühren (siehe Video)[589].
Video Waldzither solo [590]
Video Boehm Waldzither [591]
Video Waldzither ensemble [592]
Video Krienser Halszither [593]
Video Emmentaler Halszither [594]
Leiern
Im Kapitel über historische Instrumente bin ich kurz auf die Anfänge dieses sehr alten Musikinstruments in der Antike eingegangen. Weitere detaillierte Informationen finden sich in MGG, Kapitel Leiern und in Wikipedia unter dem gleichen Stichwort.
Nachdem in der Römerzeit noch mehrere Leierabbildungen (nach dem Material des Korpus lat. testudo = Schildkröte) bekannt waren, tauchten nach einer Periode ohne Erwähnung im 6. bis 9. Jahrhundert vor allem in England und Deutschland wieder Leiern auf, z. B. in Trossingen oder Sutton Hoo (siehe Kapitel Histor. Instr.) Im Mittelalter ist es häufig das Instrument König Davids. Während das Instrument in seiner gezupften oder angeschlagenen Spielweise fast vollständig an Bedeutung verlor, überlebten Streichleiern wie das walisische crwth oder die estnische tagelharpa bis in unsere Zeit hinein. [596]
1926 machte der Heil- und Musikpädagoge Edmund Pracht seinem ihm von der anthroposophischen Bewegung her bekannten Freund Lothar Gärtner den Vorschlag, ein neues Instrument zu bauen. In seiner bisherigen Arbeit hatte er erkannt, dass mit dem bisher verwendeten herkömmlichen Instrumentarium die von ihm angestrebten Erfolge in der Heilbehandlung schwieriger Kinder nicht erreicht werden konnten. Er skizzierte ein Instrument, das ähnlich wie eine Harfe für jeden Ton eine Saite haben sollte aber viel kleiner und besser zu handhaben war. Gärtner entwarf dann in kürzester Zeit ein Instrument, bei dem die historische Lyra oder die Kithara nicht als Vorlage diente. "Es wurde aus neuen Form- und Klangvorstellungen heraus geschaffen, in dem Bestreben, die Elemente des Tons zu erfassen." [595]Die Leier sollte allein dem Ziel dienen, behinderten und auffälligen Jugendlichen in ihrer Notlage zu helfen. Dem Instrument war in der Praxis ein großer Erfolg beschieden und verhalf der alten mehr oder minder antiquierten Leier zu einer unverhofften Renaissance, zunächst in der Heilpädagogik Jugendlicher. Inzwischen aber arbeiten " anthroposophische Musiktherapeuten in Kindergärten, Schulen (Waldorf), in der Heilpädagogik Erwachsener, in der Sozialtherapie, in psychiatrischen Kliniken und Akutkrankenhäusern, in der Palliativmedizin, in Sanatorien und Rehazentren, im Strafvollzug, in der Suchtbehandlung, in der Prävention und Gesundheitsförderung, bei Notfalleinsätzen und in der Flüchtlingsarbeit... " [595]
Die Grundlagen dazu hatte Rudolf Steiner gelegt." In seinen Schriften, überwiegend in 1924 gehaltenen Vorträgen über Sprachgestaltung, Malerei, Pädagogik und religiöse Fragen, über Ton-Eurythmie und Musik sind vielfältige Angaben zu einem vertieften Tonerleben, zu Intervallen, zu den musikalischen Elementen wie z.B. Melodie, Harmonie, Rhythmus und Takt, zu Dur und Moll, zur Entwicklung der Musik in den Kulturepochen sowie musikalische Anregungen für den Einsatz im pädagogischen Kontext zu finden" [595]
Die links abgebildete Leier 1 entspricht in ihrer Form den von Lothar Gärtner und anderen in seiner Nachfolgeschaft gebauten Instrumenten. Die Anzahl der Saiten ist allerdings gering, die kleinen Sopranleiern besitzen heute fast immer schon 27 und mehr Saiten. Es ist zu vermuten, dass es sich um eine Kinderleier handelt, die vielleicht pentatonisch gestimmt war. Die daneben abgebildete Leier (Choroi) ist mit ihren 39 Saiten das alte Modell der Sololeier aus den Choroiwerkstätten. Sie hat eine markante, eckige Form und einen geschwungenen Steg, der die Schwingungen der Saiten auf die Decke überträgt. Die Bordunleier links findet vor allem beim Musizieren in Gruppen Verwendung. Laut Katalog der Firma "wird sie in Klängen oder Akkorden gestimmt und erlaubt dadurch auf einfache Weise die Realisierung von Klangimprovisationen und Liedbegleitungen. Durch die kreuzsaitige Bespannung in Bass- und Melodiesaiten sind einerseits klangliche Differenzierungen (hell - dunkel) als auch das Einstimmen in verschiedene Skalen mit Borduntönen möglich. Stimmung der Melodiesaiten d´ e´ fis` g` a` h` cis`` d`` Stimmung der Basssaiten d a a d` d` d` Die Saiten sind im Rahmen einer Quart umstimmbar". Die rechts oben dargestellte Leier(Nachbau) ist mit ihren 8 Saiten und dem angeschnitzten Kopf wohl eine historisierende Replik der aus dem alten Orient bekannten Stierleiern.
Die rechts unten abgebildete Kinderleier wird von der schwedischen Firma Auris hergestellt. Sie wird in der Regel aus Ahorn gefertigt und im Normalfall pentatonisch gestimmt, z.B. d1 e1 g1 a1 h1 d2 e2. Man verwendet relativ dicke Saiten, die einer hohen Spannung ausgesetzt werden. Dadurch wird eine bessere Übertragung der Saitenschwingung auf den Korpus gewährleistet und die Tonqualität verbessert. Jede Saite kann anderthalb Tonstufen höher gestimmt werden als die Normallage. So können sich verschiedene Skalen ergeben, die in bestimmten Regionen üblich sind wie z. B. auf dem Balkan d1 dis1 fis1 a1 h1 c2 d2. Das Instrument kann auch zur Bordunbegleitung eingesetzt und in Moll- oder Durstimmung erscheinen, z.B: d1 d1 fis1 fis1 fis1 d2 d2. Dabei können sowohl die Finger als auch ein Plektrum verwendet werden. Wie in einer Instrumentenbeschreibung der Firma dargelegt wird, ist das Instrument hauptsächlich gedacht "als ein einfaches Gerät, mit dessen Hilfe das Kind im Spiel, im Zusammenspiel und im Lauschen Musik im weitesten Sinne kennenlernen kann ".
Video pentatonische Leier [597]
Video Sololeier [598]
Video Kinderleier [604]
Alphorn
In Australien, Amerika und Afrika finden sich ebenso wie in Europa Trompeten oder Hörner aus Holz. Hier sind in Schweden der lur, in den Karpaten trembita, rih und bucium sowie in den Alpen das Alphorn zu nennen, das als Nationalinstrument in der Schweiz gilt, aber auch in Österreich und den bayrischen Alpen gespielt wird. In den französischen Vogesen im Münstertal und im Tal der Fecht hat sich die Tradition des Alphornspiels erhalten, das von Einwanderern aus Tirol und der Schweiz mitgebracht worden war.
Die erste schriftliche Erwähnung des Alphorns in der Schweiz stammt von 1527 aus dem Kloster St. Urban. Ebenfalls Mitte des 16. Jahrhunderts wird das Instrument vom Naturgelehrten Conrad Gesner beschrieben. Das Instrument diente am Anfang den Hirten als Werkzeug. Man rief damit die Kühe von den Almen zum Melken und spielte es auch, um die Tiere damit zu beruhigen. Das Alphornblasen am Abend, das verschiedentlich in der Kunst dargestellt wurde, ist als traditionelles Abendgebet zu verstehen. Dieser Brauch war vor allem in den reformierten Kantonen der Schweiz zu beobachten,"während in den deutschsprachigen, katholischen Kantonen der Innerschweiz eher der Betruf verankert ist" [599]. Wichtig war auch die Kommunikation mit benachbarten Almen und den Menschen im Tal, die man mit dem lauten, bis zu 10 km tragenden Ton erreichen konnte. Allerdings wird dieser letzte Sachverhalt kontrovers diskutiert wenn man das Auftreten von Echonachhall und Mehrfachechos in den Alpentälern in Betracht zieht.
Obwohl fast immer aus Holz gefertigt, kann man das Alphorn nach der Art der Tonerzeugung zu den Blechblasinstrumenten zählen. Diese geschieht durch Aufpressen und Vibrieren der Lippen auf einem trichter- bzw. becherförmigen Mundstück aus Hartholz. Das Horn besitzt keine Ventile, Klappen oder Züge und auch die Länge lässt sich nicht verändern. Infolgedessen kann man damit nur die Töne der Naturtonreihe wiedergeben. Einige aus dieser Reihe (7., 11., 14., und vor allem der 13.) liegen relativ mittig zwischen zwei aufeinanderfolgenden Halbtönen der gleichstufigen Tonleiter und klingen für manche an westliche Musik gewöhnten Ohren dissonant.[600]
Zum Bau der Instrumente wählte man früher meist Fichtenstämme aus, die an Hängen wuchsen und somit eine natürliche Krümmung für den Schalltrichter aufwiesen. Diese Stämme wurden dann der Länge nach durchgeschnitten und konisch ausgehöhlt. Anschließend wurden sie wieder zusammengefügt und früher mit Rindenstreifen, Holzstreifen oder Peddigrohr fest umwickelt. Heute setzt man die Instrumente aus zwei bis drei Teilen zusammen. Nach der Form des Schallbechers unterscheidet man in der Schweiz die Berner und die Luzerner Form, letztere mit etwas engerer Krümmung des Trichters.
Nachdem das Alphorn im 18. Jahrhundert fast in Vergessenheit geraten war, lässt sich in der Zeit der Romantik und durch das Aufkommen des Alpentourismus im 19. Jahrhundert ein verstärktes Interesse an der Folklore dieser Gebiete und damit auch am Alphornspiel feststellen. Erste Feste mit Beteiligung von Alphornbläsern fanden 1805 und 1807 statt. Bis heute ist das Alphorn ein Element der Folklore in der Alpenregion geblieben, es gibt wenige klassische Kompositionen dafür, manchmal wird es auch als exotische Klangfarbe im Jazz und der U- Musik verwendet.
Video Alphorn solo [601]
Video Alphorn und Blechbläser [602]
Video Alphornensemble [603]
Hakenharfe
Zu den Harfen der Antike gibt es im Vorwort zu den keltischen Harfen im Kapitel Westeuropa einige Anmerkungen.
In Europa kommen Harfen kaum vor dem 8. Jahrhundert vor, danach treten sie auf den britischen Inseln bei den skandinavischen Einwanderern und bei den keltischen Bewohnern Irlands auf. Schon diese ersten Harfen sind als Rahmenharfen einzuordnen, denen " eine geschlossene Form mit Kasten, Saitenträger und Vorderstange " [429, Kap. Harfen] eigen war. Die Harfe scheint in den genannten Gebieten nicht eine eigenständige Entwicklung durchgemacht zu haben, vielmehr steht zu vermuten, dass Britannien und Irland durch Kaufleute und Missionare sowie durch Kriege und umherziehende Spielleute in regem Austausch mit dem übrigen Europa standen. Die Harfe könnte ihren Weg in den Nordwesten des Kontinents sowohl durch das Mittelmeer und Nordafrika als auch durch Südrussland auf den Routen der Waräger nach Norden genommen haben. Vor allem in Irland entwickelte sie sich zu einem nationalen Symbol und ist noch heute im Wappen zu finden. Von hier aus breitete sie sich als cithara anglica auch auf dem Festland aus. Im Mittelalter allerdings vermischten sich die Namen und die damit bezeichneten Instrumente. Begriffe wie Harfe, Psalterium, Leier, Rotte, Chrotta, Crwth und Cithara werden öfters synonym verwendet, so dass man schwer feststellen kann, welches Instrument nun gemeint sein könnte. Virdung schrieb 1511 "Welches einer ein Harpf genennt, daß heißt ein ander ein Leyer" [429, Kap. Harfen]
Über die Stimmung der ersten europäischen Harfen ist nichts Sicheres bekannt. Man vermutet eine variable Stimmart mit der man einigermaßen flexibel auf die verschiedenartigen Anforderungen der gespielten Stücke reagieren konnte. Die ältesten diatonischen Harfen besaßen kaum mehr als 7 - 9 Saiten aus Darm aber schon im 15./16. Jahrhundert galten 24 Saiten als Mittelwert. Daraus entwickelte sich durch Hinzufügen von Halbtönen (cuerdas coloradas = farbige Saiten) zunächst eine teilchromatische und schließlich eine vollchromatische einreihige Harfe, bei der alle Saiten in einer Ebene angeordnet waren. Zur Verbesserung der Spielbarkeit wurden dann zwei parallele Saitenebenen verwendet, bei denen analog zu den Tasten des Klaviers in der zweiten Ebene die "schwarzen Töne" lagen. Die rechts abgebildete keltische Harfe ist nach diesem Prinzip gebaut. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts waren in Spanien chromatische Harfen mit gekreuzten Saitenebenen bekannt. Sogar dreireihig-chromatische Instrumente mit über 100 Saiten wurden gebaut. Zwei identisch gestimmte äußere Saitenebenen umschlossen eine innere für die chromatischen Zwischenstufen.
Erst die Erfindung der ersten Manualharfe bot eine Möglichkeit, die wachsende Zahl der Saiten zu reduzieren. Drehbare Haken, die unterhalb der Stimmwirbel in den Saitenträger eingelassen waren, erlaubten es dem Spieler, vor oder während dem Spiel die Saiten zu verkürzen und damit um eine halbe Tonstufe zu erhöhen. Man benötigte jetzt für den Tonumfang einer Oktave nur noch sieben Saiten. Die ersten, die dieses Verfahren anwendeten, waren Tiroler Volksmusikanten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sich diese Manualharfe weitgehend durchgesetzt. Weil man nun einfachere und leichter zu transportierende Harfen bauen konnte, waren dies die bevorzugten Instrumente der Wandermusikanten vor allem aus Böhmen und Thüringen. Daher rührt auch der Name der links abgebildeten Harfe. Diese habe ich in einem Instrumentenbaukurs der Klangwerkstatt Markt Wald aus teilweise vorgefertigten Modulen selbst gebaut. Sie ist großenteils aus Kirschbaumholz gefertigt, hat 33 Saiten und einen Tonumfang von C bis g3. Leider habe ich bisher noch keine Zeit gefunden, die Halbtonklappen (engl. = levers) anzubringen, die man heute an Stelle der drehbaren Haken verwendet.
Video Hakenharfe [605]
Video Hakenharfe Duett [606]
Kuhglockenspiel
Unter Kuhglocken, manchmal auch als Herdenglocken oder Almglocken bezeichnet, versteht man Glocken mit Klöppeln, die man Herdentieren, hauptsächlich Kühen, um den Hals hängt. Dies erleichtert die Lokalisierung und Identifikation der entsprechenden Tiere und hatte teilweise in alter Zeit auch apotropäischen Charakter: die Glocken sollten Unheil von den Tieren abwenden. Die für den musikalischen Gebrauch im Orchester als Instrumente bestimmten Exemplare sind in Form und Klang ähnlich, verfügen aber meist nicht über Klöppel im Innern, sondern werden von außen z.B. mit einem Stab angeschlagen und zum Klingen gebracht.Nach der Art der Herstellung und dem Material lassen sie sich in drei Arten einteilen. Die erste Art besteht aus Holz und wird hauptsächlich in Afrika und Südostasien verwendet, wo sie eine beträchtliche Größe erreichen können. Die zweite Art besteht aus gegossener Bronze, wie z.B. in China. Die dritte, am häufigsten verwendete Art wird ebenfalls aus Metall hergestellt, indem man zwei identische Hälften aus dünnen Metallplatten zusammensetzt Die so entstehenden Formen können von rund bis rechteckig und oval in der Öffnung variieren, wobei die Höhe der Glocke größtenteils den Durchmesser der Öffnung übertrifft.
Kuhglocken stehen in besonderer Verbindung zu den Alpen, wo häufig zum Klang kleinerer und heller Glocken der Herde der tiefere Ton der Glocke des Leittieres zu hören ist. Dieses Klangbild dient auch als Vorlage in der Orchestermusik hauptsächlich in Mahlers Sinfonie Nr. 6 und in der Alpensinfonie von Richard Strauss.
Eine chromatische Reihe von Kuhglocken fand Eingang in das Schlagwerk der großen Orchester. Zum Ende des 20. Jahrhunderts waren Sets verfügbar, die vier Oktaven umfassten. Dafür braucht man meist mehrere Spieler, da mit zunehmender Größe tiefer Glocken schwerere Klöppel zum Anschlagen erforderlich sind. In Stockhausens Komposition Gruppen spielen acht Perkussionisten Kuhglockensets mit drei, vier oder fünf Glocken und auch bei Messiaen sind Kuhglocken in einem Tonumfang von dreieinhalb Oktaven vorgesehen, die von drei Spielern in der Komposition Et expecto resurrectionem mortuorum geschlagen werden. Neben der Verwendung im sinfonischen Bereich wird die klöppellose cowbell vor allem als eine wichtige rhythmische Komponente in der lateinamerikanischen Tanzmusik eingesetzt. Ebenso erfreuen sich Kuhglockenspiele in folkloristischen Ensembles im Alpenraum großer Beliebtheit.
Die Glocken des links abgebildeten teilchromatischen Glockenspiels scheinen aus Bronze oder bronziertem Eisenblech zu bestehen. Sie setzen sich jeweils aus zwei Hälften zusammen, die mit einer durchgehenden Naht verbunden sind, die durch Schweißen oder Hartlöten entstanden sein könnte. Jede Glocke verfügt über dem geschlossenen Teil über einen Haltegriff aus einem schmalen Streifen von Metall, der ebenso befestigt ist. Im Innern ist im geschlossenen Teil mit der gleichen Technik ein runder Metallbügel in der Längsrichtung angebracht. In diesen Bügel wird ein länglicher, zylindrischer Klöppel, vermutlich aus Eisen, eingehängt. Dessen dünnes Oberteil wird wie ein geschlossener Haken um den Haltebügel gebogen. Die Form der Schallöffnung ist im Prinzip rechteckig wobei die "Ecken" gerundet sind. Die Glocken waren einseitig mit einem farbigen Dekor versehen, wahrscheinlich handelte es sich um Blumenmotive.
[607, Kap. Cowbell]
Video Kuhglockenspiel [778]