Teilsammlung Fritz Degel: Afrika Süd
In der rhythmusbasierten Musik des subsaharischen Afrikas spielen vielfältige Arten von Trommeln eine dominante Rolle. Darauf kann ich hier nicht näher eingehen. Eingehende Informationen dazu finden sich bei Andreas Meyer in seinem Buch "Afrikanische Trommeln" [411]. In diesem Kapitel stelle ich nur die traditionellen Instrumente aus meiner Sammlung vor, die die Musik Schwarzafrikas tragen. Damit gemeint ist der riesige nicht islamische Raum südlich der Sahara, der in alter Zeit vor allem durch animistische Vorstellungen geprägt war. Dieses Gebiet verfügt über einen immensen Reichtum von geschätzten 1000 bis 1500 Sprachen und Kulturen, die sich vom islamisch beeinflussten nordafrikanischen Raum abheben. Während dort die Musik überwiegend von modalen arabischen Strukturen bestimmt wird, lassen sich in Schwarzafrika trotz aller ethnischer Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Stämmen grundlegende Gemeinsamkeiten in der Musik festmachen. Volker Schütz [352] nennt in seinem Aufsatz folgende Kriterien:
- Die Musik wird fast immer von einer Gruppe aufgeführt.
- Der gemeinsame Bezugspunkt für Musiker und Zuhörer wird durch einen für alle verbindlichen - metrisch gegliederten - Puls gebildet (keine Polymetrik).
- Es besteht eine Dominanz des Parameters Rhythmus. Eine Besonderheit bildet das Miteinander unterschiedlicher Rhythmen, wobei immer wieder die Verbindung von Zweier- und Dreierrhythmen (und deren Vielfachen) gesucht wird. Derlei rhythmische Verzahnung unterschiedlicher Rhythmen könnte als der wesentliche Energieträger schwarzafrikanischer Musik bezeichnet werden.
- Die rhythmische Gestaltung ist eng mit der melodischen Gestaltung verknüpft. Schwarzafrikaner sprechen von "Melorhythmus" als der eigentlich typischen Grundform eines Pattern.
- Jedes sog. Pattern, als Grundbaustein der Musik, bildet eine ganzheitliche Gestalt; es ist in sich geschlossen und nicht reduzierbar.
- Die einzelnen Pattern stehen in einem korrelierenden Bezug zueinander; das Ergebnis ist ein "Korrelationsrhythmus".
- Der Ablauf der Musik ist zyklisch gestaltet. Grundprinzip ist die unablässige Wiederkehr eines Korrelationsrhythmus; besser wäre es, von zyklischer Wiederkehr zu sprechen, denn die Wiederholung führt beim involvierten Zuhörer zu einer Intensivierung der Wirkung, damit auch zu einer ständigen Veränderung des Wahrgenommenen.
- Ein Ensemble hat in der Regel einen festen Aufbau, es besteht aus Puls-Instrument (z.B Basstrommel), Phrase Referent-Instrument (z.B.Glocke), Action Generating-Instrument (z.B.Trommel und Calabash) und Master-Instrument (Leitung des Ensembles).
- Ein Musikstück gewinnt seine endgültige Gestalt erst im Zusammenhang seiner Aufführung; jede Aufführung ist einzigartig.
- Es besteht eine enge Verbindung zwischen Tanz, Gesang und Instrumentalmusik, damit zwischen Körper und Musik.
- Es gibt keine strikte Trennung zwischen Zuhörer/Zuschauer und Musiker/Tänzer.
- Viele Kulturen kennen keine professionellen Musiker; jeder talentierte Laie kann höchste musikalische/tänzerische Fähigkeiten erwerben.
Die Musik in Schwarzafrika hat ihre Grundlagen in den jahrhundertelang praktizierten Ritualen und Traditionen der verschiedemem Stämme. Sie wird vor allem vom Tagesablauf und den Lebensumständen des Einzelnen und des ganzen Volkes beeinflusst. Auch wird sie sehr oft geprägt von den Ereignissenin der Gemeinschaftwie auch in der Natur. Die traditionelle Bindung äußert sich auch sehr stark durch den Glauben an Magie und mythische Ereignisse sowie durch die Verbindung einzelner Vorkommnisse mit bestimmten Kultgesängen und Ritualtänzen. Zu vielen Festen und rituellen Zeremonien sind nur bestimmte Gesänge oder Tänze erlaubt. Darunter fallen beispielsweise Beschneidungen, Hochzeiten, Geburten, Trauerrituale, Initiation, Ernte oder der Beginn der Regenzeit. Besonders wichtig ist den Afrikanern auch ihre Musik für die Übermittlung von Nachrichten, bei Herrscherdarstellungen oder Totenzeremonien. Einen hohen Stellenwert nimmt Musik auch bei afrikanischen religiösen Ritualen ein, da sie im Gegensatz zur gesprochenen Sprache von den Geistern und Ahnenverstanden wird. Durch Musik wird Kontakt mit ihnen aufgenommen unter genauer Beachtung der von alters her festgelegten Rhythmen, Formen und Klänge.
Jedes Volk und jeder Stamm hat seine eigenen Lieder und Tänze, die oft einen kultischen Ursprung haben und mündlich von Generation zu Generation weitergegeben werden. Auf diese Weise können persönliche und gesellschaftliche, alltägliche und geschichtliche Ereignisse sowie religiöse Inhalte tradiert werden.
Gesang, Tanz und Instrumentalmusik sind in Afrika untrennbar miteinander verbunden. Zu jedem Anlass gibt es in Schwarzafrika spezielle Lieder und dazugehörige Tänze. Die Gesänge handeln meist von der Arbeit, von der Liebe oder vom Kampf. Es können Wiegenlieder, Spottlieder, Hochzeits- und Trauerlieder sein oder Lieder der jahreszeitlichen Tätigkeiten wie Aussaat und Ernte. Oft handeln sie von Ereignissen innerhalb der Stammesgemeinschaft, von alten Legenden und Tiergeschichten, von Heldentaten der Vorfahren oder sie sind Lobgesänge an Geister und Gottheiten. Man singt zu jedem nur denkbaren Anlass, zu Begrüßung und Abschied, bei Festen und feierlichen Anlässen, manchmal sogar zur Schlichtung bei Streitfällen. Häufig wird beim Singen das "Ruf - Antwort - Prinzip" (call and response) verwendet. Der Chor antwortet dabei auf den Ruf des Solosängers, der dem Chor gegenübersteht oder zwei Chorgruppen oder zwei Einzelsänger wechseln sich im Ruf - Antwortspiel ab. [353][354]
Auch dem Tanz kommt bei den gemeinsamen musikalischen Anlässen eine große Bedeutung zu. Die gefühlsmäßige Reaktion auf Musik äußert sich auch in der Körpersprache. "Der Einzelne verbindet sich mit dem musikalischen Ereignis und den Aufführenden in einer gesellschaftlichen Interaktion. Motorisch bewegtes Reagieren intensiviert das Vergnügen an Musik durch ein verstärktes Zugehörigkeitsgefühl und durch die treibende Kraft, die ein in Körperbewegungen artikulierter Rhythmus erzeugt. Die Bedeutung des Tanzes liegt nicht nur darin, daß er für eine durch Musik angeregte Freisetzung von Emotionen sorgt. Der Tanz kann auch ein soziales und künstlerisches Kommunikationsmittel sein. Durch besondere Bewegungen, Körperhaltungen und Gesichtsausdrücke kann er Gedanken oder Dinge von privater oder gesellschaftlicher Bedeutung vermitteln." [355]
Wichtige Formen des Tanzes sind z.B. Imitationstänze, so kann man Ereignisse des täglichen Lebens noch einmal nacherleben. Anbetungstänze bringen die Achtung vor überirdischen Wesen zum Ausdruck, Maskentänze schlagen ebenfalls eine Brücke vom Diesseits zum Jenseits in die Welt der Geister. Weit verbreitet sind auch Jagd- und Fruchtbarkeitstänze, Initiations- und Kriegstänze.
Auf dem schwarzen Kontinent findet sich auf Grund der Vielzahl an Kulturen eine schier unerschöpfliche Zahl von Musikinstrumenten, wobei den Rhythmusinstrumenten wie den Trommeln, aber auch Rasseln, Glocken, Schrapern eine gewisse Dominanz in vielen Ensembles zugesprochen werden muss. Aber auch Aerophone wie verschiedene längs- und quergeblasene Flöten, Trompeten aus Holz und Metall und Horn, ebenfalls längs oder quergeblasen, sowie Rohrblattinstrumente finden sich in der traditionellen Musikausübung.Weit verbreitet sind auch Balafone (Xylophone mit Kürbisresonatoren) und Lamellophone wie die Mbira (Sanza, Daumenklavier), die man nur in Schwarzafrika findet. Bei den Chordophonen findet man ausgehend von den einfachen Musikbögen bis hin zu komplexen Instrumenten wie der Kora Westafrikas fast die kompletten Entwicklungsstufen der Saiteninstrumente wie Zithern, Lauten und Harfen.
Bogenharfen
Als Harfen werden laut Klassifikation von Hornbostel und Sachs Instrumente bezeichnet, deren Saiten in einer Ebene senkrecht zur Deckenebene eines Resonators verlaufen. Die afrikanischen Bogenharfen mit ihren vielfältigen Abwandlungen und Erscheinungsformen, denen man in Afrika noch häufig begegnen kann, können auf eine fast fünftausendjährige Geschichte zurückblicken. Dieser Instrumententyp ist in der 4. Dynastie Ägyptens (2570 - 2460 v. Chr.) auf bildhaften Darstellungen und in Form von Grabfunden belegt. Bogenharfen waren bei den Arabern bekannt, gerieten aber im Verlauf der Zeit im Mittelalter in Vergessenheit. Im östlichen Raum haben sich nur noch wenige Exemplare erhalten: das waji in der afghanischen Provinz Nuristan, das saung gauk Myanmars und sein Pendant beim Nachbarvolk der Karen, die bin baja in Indien und die changi Abchasiens. Die größte Verbreitung und Vielfalt von Bogenharfen findet sich im subsaharischen Afrika. Sie ist in einem kompakten, fast ausschließlich nördlich des Äquators liegenden Verbreitungsgebiet anzutreffen, von Gabun, Kamerun, Nordostnigeria im Westen bis im Osten nach Uganda, dem westlichen Tansania und Kenia und dem südsudanesischen Grenzgebiet. Vor allem die Zentralafrikanische Republik und Uganda werden als Land der Harfen angesehen.
Nach den vorliegenden Quellen scheint sie auf zwei getrennten Wegen in ihr heutiges Verbreitungsgebiet gelangt zu sein. Zum einen lassen Felszeichnungen der Sahara im Ennedi-Gebiet (Tschad) den Schluss zu, dass sie auf direktem Weg von Norden durch die Sahara in den Bereich des Tschadsees gelangt ist. Eine andere Wanderroute führte den Nil aufwärts wie man durch Sprachvergleiche herausgefunden hat. Von hier aus scheint die Bogenharfe sich weiter verbreitet zu haben, wahrscheinlich durch die bantusprachigen Völker denen das Instrument bekannt gewesen sein musste.[357][330, S. 158 ff.]
Auf Grund der konstruktiven Verbindung des gebogenen Halses mit dem Korpus der Harfe lassen sich drei Grundtypen unterscheiden. Beim ersten wird der Hals am Rand des Korpus unter die Felldecke geschoben bis das Ende der Bogenstange auf dem Boden aufsitzt. Stabilität erhält das Instrument allein durch die Spannung der Saiten. Diese Bauform findet man häufig im Gebiet von Uganda. Beim zweiten Typus besitzt der Resonator an der Stirnseite einen meist runden Fortsatz, in den die Bogenstange eingesteckt wird. Instrumente dieser Art sind stabiler und lassen sich leichter stimmen als Typ 1. Man findet ihn häufig bei der kundi-Harfe der Azande und bei den Mangbetu. Die dritte Unterart verfügt über eine Verlängerung des Resonatorbodens, an dem die Bogenstange befestigt wird. Diese Form findet sich überwiegend in Gabun.
Bogenharfen gibt es auf Grund ihres weiten Verbreitungsgebietes in vielen Varianten dieser Grundtypen, die sich hinsichtlich Saitenzahl und -befestigung, Saitenmaterial, Korpusform und -gestaltung sowie Deckenbespannung und -befestigung beträchtlich unterscheiden können. Das Saitenmaterial kann sowohl pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs sein. Man verwendet Blattfasern der Raphiapalme oder der Ölpalme sowie Luftwurzeln spezieller Pflanzenarten oder auch Sisal. Unterschiedliche Tiersehnen finden Verwendung, ebenso Pferde- und Giraffenschwanzhaare, sowie Streifen von Tierhäuten wie z.B. von Ziegen. Diese traditionellen Bespannungen werden heute aber weitgehend von Metall- und Nylonsaiten abgelöst.
Die Deckenmembranen bestehen häufig aus Reptilienhaut wie Schlangen oder Echsen sowie Häuten verschiedener Wild- und Haustiere wie Ziege, Kuh, Antilope, Okapi oder Leopard. Selten werden pflanzliche Materialien wie z.B die Feigenbaumrinde verwendet. Diese Bespannungen können mit Nägeln oder Holzstiften sowie durch verschiedene Schnürungstechniken befestigt werden. Viele Instrumente besitzen ein oder mehrere Öffnungen in der Deckenmembran. Diese fungieren weniger als Schallloch, sie dienen vielmehr dazu, die Saiten an einer dünnen Holzleiste zu befestigen, welche direkt unterhalb der Deckenhaut verläuft. Man vermindert dadurch die Kraft der Saitenspannung, die auf die Membran einwirkt.
Der Formenreichtum, der sich im Laufe der Zeit entwickelt hat, ist groß. Man findet häufig eine violinartig eingeschnürte Form der Instrumente, daneben finden sich ovale, an Boote erinnernde, aber auch fast runde Ausführungen. Beliebt ist eine anthropomorphe Ausgestaltung, sei es, dass nur das freie Ende der Bogenstange als Kopf ausgestaltet ist oder dass an den Resonator ein Kopf angeschnitzt wird. Manchmal ist die gesamte Bogenstange als menschliche Figur dargestellt, manchmal sogar ist das gesamte Instrument als menschliche Figur mit Kopf, Hals sowie Körper und Beinen gestaltet.
Die Spielweise des Instruments ist unterschiedlich. Beim Gehen wird sie manchmal waagrecht gehalten, in seltenen Fällen wird sie seitwärts auf den Boden gelegt, so dass die Wirbel nach oben zeigen. In den allermeisten Fällen werden die Bogenharfen in senkrechter Haltung gespielt. In sitzender Haltung nimmt der Spieler die Harfe zwischen die Beine, den Korpus an den eigenen Körper gelehnt , der Bogen zeigt vom Körper weg. Beide Hände stützen sich auf dem kleinen Finger ab, Daumen und Zeigefinger zupfen dabei links und rechts die Saiten.
In den meisten Fällen diente die Harfe dazu, Gesänge zu begleiten und die Rezitation von Gedichten und Fabeln musikalisch zu untermalen, Ausführende waren fast ausschließlich Männer. Vor allem die fahrenden Sänger, die von Dorf zu Dorf zogen, bedienten sich der Harfe als Sänger, die sich selbst mit diesem Instrument begleiteten. Als Orchesterinstrument war es selten gebräuchlich, auch als Begleitinstrument zu Tänzen war es auf Grund der geringen Lautstärke kaum zu verwenden. [359][360][330, S.158 ff.]
Ennanga
Diese Bogenharfe wird hauptsächlich vom Volk der Ganda in Uganda benutzt. Diese Form kommt in Varianten fast im ganzen Staatsgebiet vor und ist unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt: bei den Soga heißt sie kimasa, bei den Nyoro ekidongo, bei den Acholi opuk agoya oder loterokuma, bei den Lango tum, bei den Teso adeudeu und Gwere ofongoli.
Einer besonderen Wertschätzung erfreute sich die Bogenharfe ennanga am Hofe des Kabaka (Herrscher) von Buganda in Uganda. Die Harfenspieler durften als einzige Mitglieder des Palastorchesters auf dem Palastgelände leben und sogar vor den Frauen des Herrschers spielen. Der persönliche Harfenspieler mulanga des Kabaka unterhielt nicht nur seinen Herrscher mit dezentem Spiel, darüber hinaus hatte er ihn über die aktuellen Geschehnisse in seinem Land zu informieren und bei Bedarf vor Gefahren zu warnen. Ihm wurden sogar prophetische Gaben zugeschrieben. Der mulanga trug auch als Mittler die Anliegen der Untertanen vor, denen dies verboten war.
Die nebenstehende ennanga ist eine achtsaitige Bogenharfe des ersten oben beschriebenen Typs, bei dem der Bogen auf dem Körperboden ruht. Sie besitzt eine längliche Form mit abgerundeten Seiten. Der Resonator ist mit Leder bespannt; die Deckenmembran wird dabei mit einem zweiten Stück, das auch den Korpus von unten umschließt, mit Riemen verschnürt. In die Decke sind zwei relativ große, runde Löcher eingeschnitten, durch die man erforderliche Reparaturen ausführen kann. Die Saiten werden unter der Decke, die aus der Haut von Säugetieren, aber auch aus Eidechsen- oder Schlangenhaut bestehen kann, an einer Holzleiste als Halterung befestigt. Die Spannung der Saiten zwischen Leiste und eingelegtem Halsbogen gibt dem Instrument die notwendige Stabilität. Die Saiten sind äquipentatonisch gestimmt, dh. die Oktave wird in etwa fünf gleich große Stufen unterteilt. Drei Töne erklingen dadurch in der Oktav. Die Harfe wird beim Spiel zwischen den Beinen gehalten, der Bogen zeigt weg vom Körper des Spielers, der rechte Daumen und der rechte Zeigefinger spielen die Hauptmelodie, okunaga genannt, der linke Daumen und der linke Zeigefinger spielen eine Gegenmelodie okwawula in einem ineinandergreifenden, verzahnten Stil (interlocking ).[359]
Video Ennanga [361]
Bogenharfe 1
Diese Harfe gehört zum ersten Typ, der Bogen wird von oben am Rand des Korpus eingeführt. Dieser besteht aus einer Kalebasse, welche eine natürliche Ausbuchtung besitzt, die die Auflage des Bogens unterstützt. Die Membran besteht aus einer behaarten Tierhaut, in die ein Loch zur Saitenbefestigung eingeschnitten ist. Sie reicht nur wenig über den Rand hinaus und ist dort angeklebt sowie durch ein Band von Kaorimuscheln zusätzlich gesichert. Das Instrument besitzt fünf Saiten aus einem zwirnartigen Material, welche an einfachen Holzwirbeln befestigt sind, die seitlich in die Bogenstange gebohrt sind. Die Bogenstange endet in einem tierischen, kleinen aufgesetzten Horn, welches von einer Zwergziegenart stammen könnte.
Video Bogenharfe [366]
Bogenharfe 2
Diese Harfe ist, von den verwendeten Materialien her gesehen, die am aufwändigsten gearbeitete. Die genaue Verbindungsart lässt sich schwer feststellen, weil der Halsansatz, durch ein zusätzlich durch Verschnüren angebrachtes Reptilienhautstück, diesen Teil umhüllt. Höchstwahrscheinlich handelt es sich aber um eine Verbindung von Typ 1, wobei hier die Bogenstange nicht bis zum Korpusende reicht. Diese besteht aus einem elfenbeinartigen Material, wahrscheinlich handelt es sich um die Stoßstange einer Antilopenart. Aus ihr ist ein Motiv herausgearbeitet, welches eine männliche Figur mit Lendenschurz darstellt, die von einem Krokodil verschlungen wird. Diese Darstellung findet sich in der afrikanischen Kunst öfter. In die Stange eingebohrt sind fünf Löcher zur Aufnahme der einfachen Holzwirbel, von denen nur zwei teilweise erhalten sind. Die wenigen verbliebenen Reste der Saiten scheinen aus einem pflanzlichen Material zu bestehen, welche an Sisalfasern erinnern. Das Ende des Bogens wird von einem eingeschnitzten Menschenkopf mit spitz zulaufendem Kopfschmuck gebildet, welcher vielleicht eine höhergestellte Persönlichkeit repräsentieren könnte.
Der längliche, ovale Korpus besteht wahrscheinlich aus Holz. Er ist vollkommen von einer sehr rauen Reptilienhaut bedeckt, vermutlich von einer sehr großen Schlange. Diese Haut scheint verleimt zu sein, ist aber an vielen Stellen durch kleine Eisennägel zusätzlich mit dem formgebenden inneren hölzernen Resonatorteil verbunden. In die Decke sind zwei fast runde Öffnungen eingeschnitten.
Bogenharfen 3-6
Die untenstehenden Instrumente Nr. 3 bis 6 zeigen gewisse Ähnlichkeiten in Form und Aufbau. Allen ist die mehr oder minder taillierte Form gemeinsam. Die Harfen 3, 4 und 5 zählen zur dritten Gruppe, der Hals ist an einer Vorwölbung des Bodens festgebunden. Dies geschieht durch Umwickeln mit einem Metallfaden von rötlicher Farbe, wahrscheinlich handelt es sich um Messing oder Kupfer. Das Fell des Resonators wird bei Harfe 3 und 4 am Rand durch kleine metallene Nägel befestigt, bei 5 ist dieser Bereich durch eine Art Paste verdeckt. Alle sind mit Fellen bespannt, in die man bei Harfe 3, 5 und 6 kleine symmetrische Löcher eingestanzt hat, während man bei Harfe 4 zwei größere Löcher geschnitten hat, die ihrerseits wieder von kleineren Löchern umgeben sind. Die Hälse der ersten beiden Harfen sind als Oberkörper sowohl eines Mannes (3) wie einer Frau (4) geschnitzt. Fäden aus rötlichem Metall dienen als dekorative Einlagen ebenso wie kleine runde Metallköpfe bei Harfe drei, die fast den Eindruck einer Uniform erwecken. Auffallend sind auch die deutlich herausgearbeiteten Frisuren bei Mann und Frau, anscheinend ein besonderes Stammesmerkmal. Der Saitenträger bei Harfe 5 ist als Fabelwesen mit zwei Köpfen ausgestaltet, auch hier sind dünne rötliche Metallfäden als Schmuck eingelegt. Die Anzahl der Saiten variiert zwischen 3 (bei den Harfen 5 und 6) und 4 (bei Harfe 3 und 4).
Harfe 6 ist der zweiten Gruppe zuzuordnen, der Hals steckt in einem runden Fortsatz an der Stirnseite des Korpus. Sie ist insgesamt handwerklich sehr viel roher gearbeitet, vor allem die menschliche Figur zeigt kaum künstlerische Details. Die Membran ist an den Rändern so eingeschnitten, dass kleine Schlaufen entstehen, die zum Spannen der Haut in Holzpflöcke eingehängt werden, die in die Korpuswand eingeschlagen sind. Das hervorstechendste Merkmal des Instruments ist aber die Saitenanordnung. Die drei Saiten verlaufen vom Hals zu einem hölzernen Querriegel unter der Decke, so dass sie parallel zur Membranebene liegen. Man könnte dieses Instrument also auch als Laute klassifizieren.
Bogenharfen 7-9
Bei den Instrumenten Bogenharfe 7 und 8 handelt es sich um die beiden größten Bogenharfen in meiner Sammlung. Bogenharfe 7 ist vollkommen als menschliche Gestalt ausgebildet. Beine und Korpus bilden eine Einheit und sind aus einem Stück herausgearbeitet, während der Hals angesetzt ist. Dieser Ansatz ist durch ein Stück Leder dicht umwickelt, so dass man nicht feststellen kann von welcher Art diese Verbindung ist. Die Bogenstange bildet den überlangen Hals der Figur, der in einem detailliert herausgeformten Kopf endet. Die Haare scheinen zu einem dekorativen Kopfschmuck geformt zu sein, die längliche Form des Kopfes scheint darauf hinzuweisen, dass es sich um ein Instrument der Mangbetu handelt. In dieser Ethnie ist es üblich, von Jugend an durch Einschnüren die Kopfform zur Länge hin zu verändern. Auch auf das Gesicht sind geometrische Verzierungen aufgebracht. In dem Hals sind fünf Bohrungen für die einfachen Holzwirbel, an denen die Saiten befestigt werden. Diese bestehen aus Schnüren und sind sicherlich nicht mehr original. Sie verlaufen wie üblich zu einer Leiste aus Holz, die unterhalb der Felldecke liegt. Diese scheint um den Rand geklebt zu sein, Nägel oder Holzpflöcke sind nicht zu erkennen. In die Decke sind diagonal versetzt zwei Löcher geschnitten. Diese Instrumente wurden beim Spielen oft auf den Boden gestellt, was zusätzlichen Halt gab.
Bogenharfe 8 ist nicht nur von den Abmessungen her das mit Abstand größte Instrument, der Resonator ist 61 cm lang, 23 cm breit und 14 cm tief. Es besitzt mit zehn Saiten auch die größte Anzahl an Saiten. Deren Länge reicht von 118 cm (längste Seite) bis zu 57 cm (kürzeste Seite). Sie sind an einer relativ dicken Leiste befestigt, die unter dem Deckenfell liegt und nach vorn und hinten etwas übersteht Der Klang des Instruments ist tief und voll. Die Decke besteht aus einem Tierfell, welches am Rand durch Löcher perforiert ist. Von unten her wird der Resonator aus Holz ebenfalls vollkommen von einem Fell eingehüllt, welches auch am Rand gelocht ist. Beide Teile werden mit Hilfe eines durchgehenden Lederriemens fest miteinander verschnürt.
Die Harfe 9 hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der oben dargestellten Harfe 1. Auch sie hat einen Kalebassenresonator, der allerdings rund ist. Die Befestigung erfolgt ebenso mit einer Reihe von Kaorimuscheln, durch welche ein Faden gezogen ist. Die vier Saiten sind an einem Stab befestigt, welcher teilweise unter dem Fell liegt, teilweise aber herausragt. Der Bogenstab scheint durch die gegenüberliegende Wand ähnlich wie bei einer Spießlaute herauszutreten.
Bogenharfen 10-13
Eine ähnliche Konstruktion, was die Saitenbefestigung anbelangt, weist die unten zu sehende Harfe 10 auf. Ihr Resonator ist kreisrund und wird auf Ober- und Unterseite jeweils von einem Fell bespannt. Beide sind an den Rändern perforiert und fest miteinander verschnürt. Ebenso wie bei Laute 12 scheint es sich wohl um Kinder- oder Touristeninstrumente zu handeln. Harfe 12 hat eine Saitenaufhängung ähnlich wie 9 und 10, ihr hervorstechendes Merkmal ist der auf das Halsende aufgesetzte Kopf. Dieser besteht aus einer kleinen Kalebasse, aus der der Mund ausgeschnitten ist, während Kaorimuscheln die Augen bilden.
Harfe 11 besitzt große Ähnlichkeit mit Harfe 2. Bei beiden besteht der Korpus aus Holz und ist mit der Haut einer wahrscheinlich großen Schlange vollständig überzogen. Der Bogen wird bei beiden mit dem Horn wahrscheinlich einer Antilopenart gebildet.
Bei Harfe 11 sind aus dem Hornmaterial zwei Menschen herausgeschnitzt, wobei der obere auf den Schultern des unteren steht, der ihn an den Beinen festhält. Der sich verjüngende Teil des Horns ist auf beiden Seiten gleichmäßig abgeflacht, wahrscheinlich um das Einbohren der Löcher für die Holzwirbel zu erleichtern.
Bei Harfe 13 beseht der Resonator aus einer Kalebasse, die mit Tierhaut bespannt ist, welche mit einem Band aus Muscheln gehalten wird. Der Bogen besteht vermutlich aus Kuhhorn, in die die Wirbel für die vier Saiten eingebohrt sind. Es ist ein Trageriemen angebracht; das Instrument soll wahrscheinlich aus Kenia stammen, wo es von Hirten zur Unterhaltung gespielt worden sein soll.
Hybridinstrumente: Winkelharfe und Doppelbogenharfe
Diese Harfe in Winkelform (Winkelharfe) ist insgesamt recht roh gearbeitet und es lassen sich einige Besonderheiten feststellen. Der Resonator ist aus einem massiven Stück Holz herausgearbeitet und endet in einer Vorwölbung, auf den als Saitenhalter eine stehende weibliche Figur wahrscheinlich aufgeklebt ist. Diese bildet mit der Deckenebene des Resonators einen fast rechten Winkel. Die Figur ist horizontal an den Seiten im Bauch- und Halsbereich mit fünf Löchern durchbohrt, in denen die Wirbel stecken. Von der Vorderseite her sind Öffnungen durch Bauch und Hals zu den Wirbeln geführt, durch welche die fünf Saiten austreten. Die Decke besteht aus einem dicken Fell, welches über die Seiten etwas umgeschlagen wird und mit Eisennägeln befestigt ist. Unter der Decke scheint keine Leiste zur Saitenbefestigung zu liegen, die Saiten sind durch Schlaufen direkt an der Decke befestigt. Dieser Bereich ist teilweise mit einer harzartigen Masse verklebt, anscheinend um der Oberfläche mehr Stabilität zu verleihen. Dieses Harz wird auch zur Befestigung der Figur auf dem Holzfortsatz des Resonators verwendet.
Die Doppelbogenharfe besitzt zwei Bogenstangen mit jeweils drei Saiten. Diese Bögen durchdringen die Membran und treten daraus wieder aus. An dem freien Ende sind dann die Saiten befestigt. Das Fell wird durch einen mit Schnüren verbundenen Ring von Kaorimuscheln befestigt.
Die beiden anderen Instrumente möchte ich als Hybridinstrumente bezeichnen, weil sie sowohl Kennzeichen von Harfen als auch von Lauten besitzen. Das erste Instrument besteht aus einer annähernd runden Kalebasse als Resonator. Darüber ist ein Fell gespannt, welches von 13 Holzpflöcken gehalten wird. In den Rand des Fells sind kleine Schlaufen eingeschnitten, welche über die Pflöcke geschlungen sind und die Membranhaut straff halten. Die Bogenstange verläuft in einer leicht geschwungenen S-Form und tritt dann fast in einem rechten Winkel in die Kalebasse ein. Die Eintrittsstelle ist mit einer harzartigen Masse verklebt. Am gegenüberliegenden Rand des Resonators befindet sich in etwa gleiche Höhe ebenfalls eine Klebestelle, so dass ich vermute, dass der Stab ähnlich wie bei einer Spießlaute durch den Korpus geführt wird. Aus der Bogenstange ist eine männlichen Figur herausgearbeitet über der das Ende der Stange mit den vier Wirbeln ebenfalls dekorativ mit Mustern beschnitzt ist. Die Wirbel sind paarig angeordnet, zwei von der linken und zwei von der rechten Seite. Die Saiten treten aus Löchern aus, die von vorn in den Stab zu den Wirbeln gebohrt sind. Von dort gehen sie zu einer Querleiste unter dem Fell. Sie verlaufen im gleichen Abstand zueinander parallel zur Membrandecke. Dieses Kennzeichen ist aber signifikant für Lauteninstrumente.
Dieses trifft auch für das zweite Hybridinstrument zu. Auch hier treten die drei Saiten aus Bohrungen in der Mitte des Saitenträgers aus und werden an einem Querriegel unter der Deckenmembran befestigt. Dadurch ergibt sich auch hier eine Parallelführung der Saiten zur Membran, welches das Hauptmerkmal der Lauten ist. Der Hals besitzt keine Bogenform sondern ist gerade ausgebildet und tritt in einem rechten Winkel in die Decke ein, was zu den Kennzeichen der Winkelharfen zählt. Die Membran ist mit Holznägeln an dem kleinen hölzernen Resonator angepflockt. Dieses Instrument soll vom Stamm der Tabwa gespielt worden sein.
Harfenlauten oder Stegharfen (Kora)
Im westlichen Afrika sind Stegharfen oder Harfenlauten weit verbreitet. Sie bilden in der Organologie der Instrumente eine eigene Untergruppe, weil sie sowohl Wesensmerkmale der Harfen als auch der Lauten tragen. Sie werden meist als Kora bezeichnet und gehören zu den Saiteninstrumenten mit der höchsten Entwicklungsstufe. Sowohl was die Bauweise und ihre Verbreitung als auch ihre Musik betrifft, sind sie einzigartig in der Welt. Sie sind bei allen Mandingvölkern bekannt, wo sie eine jahrhundertealte Tradition aufzuweisen haben. Sie werden von den Mandinka in Gambia, Senegal und Guinea-Bissau, den Malinke oder Maninka in Guinea, den Bambara oder Bamana in Mali und den Dioula in der Elfenbeinküste gespielt. Ihre größte Bedeutung haben sie aber in Gambia und in der Casamance im südlichen Senegal.
Die Materialien, die man zum Bau einer Kora benötigt, besitzen eine mythologische Symbolik. Der Kürbis steht für die Erde, das Holz für die Pflanzenwelt, die Haut für die Tierwelt und Eisen für Magie. Der Resonator besteht aus der Hälfte einer Kalebasse, in die ein großes Schallloch und zwei Öffnungen zur Aufnahme des Halses geschnitten sind. Die Decke bildet meist ungegerbtes Leder von Ziegen, Rindern oder Antilopen, welches enthaart und in nassem Zustand über den offenen Teil der Kalebasse gezogen wird; beim Trocknen schrumpft es und spannt sich straff wie ein Trommelfell. Die Haut wird am Rand oft zusätzlich mit runden Ziernägeln befestigt, welche auch zur Herstellung dekorativer Muster auf dem Korpus verwendet werden. Manchmal werden auch Muscheln oder Tierhörner, wie bei der Rückseite von Kora 2, zur Verzierung angebracht. Unter die Decke werden parallel zum Hals zwei Stäbe zum Halten der Kora geschoben sowie häufig noch ein Querholz, welches die Spannung der Decke stabilisieren soll.
Der Hals wird meist aus einem Hartholz, wie z.B. Mahagoni, hergestellt und wird parallel zur Deckenebene durch das Instrument geführt. Um ihn wird für jede Saite ein Lederstreifen in nassem Zustand als Stimmring geflochten. Er liegt so am Stab an, dass er zwar nach oben und unten verschiebbar bleibt, unter dem Zug der Saite aber nicht verrutscht. Heute sind auch neuere Instrumente mit gitarreähnlichen Mechaniken auf dem Markt. Das kennzeichnende Merkmal der Kora aber ist ihr Steg. Er besteht aus einem Holzbrettchen, welches 10 Einkerbungen rechts und 11 links aufweist, die die 21 Saiten einer normalen Kora tragen. Dadurch verlaufen sie einerseits senkrecht zur Deckenebene (wie bei der Harfe), andererseits aber auch parallel dazu (wie bei der Laute). Der Steg ruht auf einem Holzplättchen, welches auf die Decke aufgelegt ist und die Schwingungen auf die Membran überträgt. Am Hals werden die Saiten mehrfach um den Stimmring gewunden; sie waren früher aus Hautstreifen, heute benutzt man fast ausschließlich Nylon. Hinter dem Steg werden sie meist an einem eisernen Ring als Saitenhalter verknotet. Er wird oft am überstehenden Ende des Stabes befestigt.
Die Kora wird beidhändig nur mit den Daumen und Zeigefingern gespielt. Auf Grund der beiden parallel angeordneten Saitenreihen spielt jede Hand nur eine Reihe. Die tiefen Töne werden mit dem Daumen, die höheren mit den Zeigefingern gespielt. Diese Anordnung begünstigt das polyphone Spiel und prädestiniert das Instrument zum solistischen Spiel, weil Bass, Melodie, Begleitung und Soli gleichzeitig ausgeführt werden können.
Die Kora ist das Hauptinstrument der jali oder griots (im französischen Sprachgebrauch). Der jali ist ein Angehöriger der professionellen Musikerkaste der Manding. Sein Berufsstand ist erblich und seit jeher ein Monopol großer Familienclans wie der Kouyate, Diabate, Konte oder Suso. Seit Jahrhunderten dienten Mitglieder dieser Familien als Hofmusiker, Berater und Diplomaten wohlhabenden Persönlichkeiten, Herrschern und religiösen Führern. Ihre Kunst ist die jaliya, instrumental als Musiker, vokal als Lobsänger, Historiker, Genealoge, Geschichtenerzähler, Unterhalter. So sind sie als die Träger der oralen Tradition in weiten Teilen Westafrikas anzusehen. Heute werden sie noch zu sozialen, religiösen und privaten Anlässen eingeladen, um mit musikalischer Virtuosität und Wortgewalt die Gastgeber zu preisen und die glanzvolle und heldenhafte Vergangenheit ihrer Familie in Erinnerung zu rufen. Sie dürfen bei keinem wichtigen Anlass fehlen und sind auch als Ratgeber und Vermittler gefragt.[363][364]
Video Griots [376]
Video Kora Toumani Diabate [369]
Video Kora Mamadou Diabate [368]
Verwandte der Kora
Im westlichen Afrika gibt es eine ganze Reihe von Instrumenten, die als Stegharfen oder Harfenlauten angesprochen werden können. Shlomo Pestcoe [365] nennt z.B. Aloko (Baule, Elfenbeinküste), Bolon (Mandinka, Gambia und Maninka, Guinea und Mali), Simbing (Mandinka, Gambia und Senegal), Soron (Maninka, Guinea), Kondene (Yalunka, Guinea und Sierra Leone), Gingiru (Dogon, Mali) sowie zwölf weitere Instrumente. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch die Form des Resonators, bei dem es zwei Grundtypen gibt: runde Kalebassenresonatoren und längliche bzw. bootsförmige Resonatoren, die aus einem Stück Holz herausgearbeitet werden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Saitenzahl, die zwischen drei und 24 bei manchen Koratypen schwanken kann.
Bei dem rechten der beiden abgebildeten Instrumente bin ich mir nicht sicher, ob es sich lediglich um eine verkleinerte Variante einer Kora handelt, oder ob es eine der oben angesprochenen Varianten von verschiedenen Stegharfen darstellt. Der Korpus besteht aus einer Kalebasse, die mit einer Lederhaut bespannt ist. Über den aufrechten Kerbsteg verlaufen sechs Saiten, die am Hals festgebunden sind und hinter dem Steg zu einem Strang zusammengefasst werden, der am Korpus bzw. am überstehenden Teil der Stange befestigt wird. Greifstäbe und Hals sind am Ende mit Kaorimuscheln verziert, die drei Gesichter symbolisieren.
Bei dem linken Instrument handelt es sich um ein bolon, welches in der Musik der Mandinge Verwendung findet. Es handelt sich dabei um eine Bassharfenlaute, die auch als bolon bato oder m´bolon in Guinea zu finden ist, dann allerdings mit vier Saiten. Das bolon besteht aus einer sehr großen Kalebasse, deren oberer Teil entfernt wurde. Darüber ist ein nicht enthaartes Tierfell gespannt, vermutlich von einer Ziege. Um den Rand des Fells ist eine Schnur gewunden, die ihrerseits wieder von einer ganzen Anzahl von Schnüren an einem massiven runden Ring am Boden des Instruments gehalten wird. Dieser Ring scheint im Kern aus Eisen zu bestehen. In die Decke ist nahe dem Eintritt des bogenförmigen Stabes ein längliches Schallloch geschnitten. Die fünf Saiten werden jeweils am Stab festgebunden und verlaufen über den Kerbsteg, der auf einem Holzplättchen ruht. Sie werden hinter dem Steg an starken Schnüren gehalten, welche am heraustretenden Ende des Bogenstabs befestigt sind. Zur Verzierung ist ein Kreis aus runden Nägeln auf der Decke eingelassen.
Video Bolon [375]
Mbira
Die mbira ist ein autochthones Instrument welches in weiten Teilen des subsaharischen Afrika anzutreffen ist und in vielen Bauformen sowie unter etlichen Bezeichnungen anzutreffen ist. Als mbira wird sie bei den Shona Zimbabwes bezeichnet, als kalimba bei den Chewa, als likembe vor allem bei den Wanderarbeitern Zentralafrikas, als nsansi in Mosambik, als kadongo in Uganda oder lulimba in Tansania. Auch malimba, cisanzi, mucapata und timbrh werden als Bezeichnung verwendet. Organologisch zählt sie nach Hornbostel und Sachs zu den Zupfidiophonen, da die Anschlagstechnik dem aber widerspricht, hat Gerhard Kubik den Begriff Lamellophon eingeführt. [365]
Eine Mbira besteht aus einer abgestuften Reihe von hölzernen oder metallenen Zungen (Lamellen), die auf einer flachen Resonanzdecke über einem Resonator angebracht sind. Dieser kann aus Kürbis, Holz oder auch aus Blech bestehen. Die holzartigen Lamellen werden meist aus Bambus, Rafiapalmenrinde oder Rattan hergestellt, die metallenen fast ausschließlich aus Eisen. Häufig werden auf der Decke des Resonators noch Materialien angebracht (Metallstückchen, Ketten, Muscheln, Schneckengehäuse, Kronenkorken von Flaschen), welche zusätzlich ein rasselndes Geräusch ergeben.
Die meisten Mbiras haben zwischen sieben und 23 Lamellen, manche Exemplare der Gogo in Tansania sogar bis zu 45, wobei einige davon wohl nur passiv als sympathetische Zungen zur Volumenvergrößerung mitschwingen. Die komplexesten Lamellophone werden im ehemaligen Rhodesien und den angrenzenden Gebieten gespielt, hier sind Instrumente mit bis zu drei Manualen in Gebrauch. Die Stimmung der Instrumente ist sehr uneinheitlich, jedes Volk stimmt sie nach den überlieferten Skalen, die allgemein in Gebrauch sind. Die Lamellen sind oft so angeordnet, dass die tiefsten Töne in der Mitte liegen (siehe Mbira 3 und 4). Die links der Mitte liegenden Zungen werden mit Daumen allein oder mit dem Zeigefinger der linken Hand gespielt, die rechts liegenden mit Daumen oder Zeigefinger der rechten Hand. Die Lamellen können diatonisch aufsteigend sein, es können aber auch Intervalle dazwischen liegen. Gestimmt wird die Mbira durch Verschieben der Lamellen manchmal werden auch kleine Wachsklumpen an sie geklebt. Meist werden die Instrumente zum privaten Vergnügen oder zur Erholung gespielt, eine Ausnahme stellt die unten gezeigte mbira dza Vadzimu dar. [355, S.103-107]
Mbira 1 ist vollkommen als menschliche Figur ausgebildet. Bauch und Hals sind Teile eines Kürbisses, aus dem eine Öffnung geschnitten wurde. An diesen Kalebassenrumpf sind Beine und Unterkörper sowie auf der Gegenseite Hals und Kopf eines Mannes angebracht. Diese Gliedmaßen sind aus Holz jeweils aus einem Stück geschnitzt. Die Befestigung geschieht durch Fäden wahrscheinlich aus Rattan, die längs und quer durch kleine Löcher geführt werden. In die Öffnung des Korpus sind am oberen und unteren Ende zwei Querhölzchen als Hinter- und Vordersteg unterlegt, auf dem die sechs Lamellen aus Raphia oder Bambus aufgelegt sind. Ein drittes Querholz ist von oben her als Druckbalken auf die Lamellen und unter die Seitenränder geführt, so dass dass die Enden hochstehen. Der Druck von unten hatte zur Folge, dass der Kürbis an einer Seite eingerissen ist. Jede Zunge ist einzeln durch eine kreuzweise Verschnürung mit diesem Druckbalken fest verbunden. An jeder Seite ist jeweils eine Lamelle durch kleine Löcher durch die Korpuswand hindurch mit Hilfe dünner Riemen befestigt. Diese Riemen scheinen aus sehr dünnen Lederstreifchen zu bestehen ebenso wie die, die am Hals und an den Seitenlamellen festgebunden sind.
Mbira 2 ist eine sehr kleines und einfaches Instrument. Eine kleine Kalebasse wurde halbiert und eine dünne Holzplatte als Decke passend zurechtgeschnitten. Auf diese Decke wurden zwei kräftige Drahtstücke als Vorder- und Hintersteg in einem gewissen Abstand aufgelegt. Der Druckbalken in Form eines Eisendrahtes wurde über alle fünf Lamellen aus geschmiedetem Eisenhinweggeführt und durch Drahtschlaufen zwischen jeder Zunge unter der Decke befestigt. Die fertige Decke wurde dann eingeklebt.
Bei Mbira 3 setzt sich der Resonator aus zwei ausgehöhlten, rechteckigen Holzplatten zusammen. Sie sind an vier Stellen durchbohrt und durch Lederriemen zu einem kastenförmigen Resonanzboden zusammengebunden. Der obere Teil, auf dem die zehn Lamellen aus Raphia oder Bambus sitzen, läuft an der Schmalseite zu einer Art Fabelwesen aus. Die Zungen sitzen an einem Ende auf der Decke auf, durch einen Druckbalken werden sie auf einen Steg gedrückt und die überstehenden Enden gespielt. In der Mitte der Decke ist ein Schallloch eingeschnitten.
Mbira 4 besteht ebenfalls aus einem halbierten, runden Kürbis als Resonator. Er ist aber so geschnitten, dass in der Mitte eine Stufe entsteht. Die sieben Lamellen aus Eisen sind in der traditionellen Art angeordnet mit den tiefsten Tönen in der Mitte. Sie verlaufen über Vorder- und Hintersteg und werden durch einen Druckbalken aus Eisen gespannt, der durch einzelne Drahtschlingen zwischen den Zungen niedergehalten wird.
Die Mbira 5 besitzt 25 Lamellen mit einer Breite von 2,5 mm und einer Dicke von etwa 1 mm aus Eisen. Sie liegen einmal auf einer flachen Auflage aus Holz und zum anderen auf einer ca. 8 mm hohen Leiste aus Eisen. Ihre Spannung erhalten sie durch ein Joch aus einem ca. 4 mm starken Rundeisen, das dazwischen mit sechs etwa 1,5 mm dicken Eisendrähten unter der Decke befestigt wird. Jede Lamelle ist mit einer Schnarre versehen. Diese besteht wohl aus kleinen Streifchen, die man aus dem Blech von Konservendosen ausgeschnitten und um die Lamellen gebogen hat. Von der rechten Seite aus nehmen die ersten acht Lamellen in der Länge von 9,3 cm bis 15,3 cm zu, dann werden die nächsten drei zur Mitte hin kleiner. Von hier aus ergibt sich dann in der zweiten, linken Hälfte in etwa eine spiegelbildliche Anordnung. Vergleicht man die Tonhöhe von Lamellen in gleicher Lage in beiden Hälften, so ergeben sich allerdings signifikante Unterschiede. Der Resonatorkasten besteht aus miteinender vernagelten Holzbrettchen, die einen flachen Quader bilden. Auf der Decke sind drei kreisförmige und eine dreieckige Verzierung mit geritzten Linien zu sehen sowie drei größere und drei kleinere an den Ecken und Seiten. In etwa der Mitte der Decke befindet sich ein Schallloch von etwa 1 cm Durchmesser. Weitere drei Schalllöcher gleicher Größe befinden sich auf den Stirnseiten und eine außermittig auf der Rückseite. Zwei Seitenwände stehen etwas vor. Hier sind zwei kleine Löcher durchgebohrt, die wahrscheinlich zur Aufnahme einer Trageschnur dienen sollten.
Video Mbira Mujuru [372]
Video Mbira Duo [373]
Video Mbira modern [374]
Die Mbira dza Vadzimu ist in Zimbabwe beim Volk der shona das beherrschende Instrument. Übersetzt bedeutet der Name des Instruments "Mbira der Ahnengeister" oder "der Vorfahren" und verweist auf seinen rituellen Gebrauch. Bei einer solchen Ahnenkultzeremonie wirken zwei bis acht Mbiraspieler mit, die durch ihr Spiel entweder selbst in Trance fallen oder andere Teilnehmer in diesen Zustand versetzen. Die Musik übernimmt die Mittlerrolle zwischen den Geistern der Ahnen und den am Ritual beteiligten Personen. Einzelne Teilnehmer können dabei besessen werden. Der Höhepunkt der Zeremonie ist dieser Zustand bei dem Gruppenältesten. Die Teilnehmer tragen meist schwarze Gewänder und einen schwarzen Kopfschmuck mit Straußenfedern.
Die Mbira dza Vadzimu besitzt meist 21 Lamellen, die in zwei Manualen angeordnet sind, das abgebildete Instrument der Sammlung besitzt 22 Zungen. Diese sind so angeordnet, dass die tiefsten Töne in der Mitte liegen. Gespielt wird mit drei Fingern, den beiden Daumen und dem Zeigefinger der rechten Hand. Dieser reißt die Zungen in der rechten Hälfte, die etwas schmaler sind, von unten nach oben an. Die Zungen liegen an einem Ende auf dem Korpus auf, gespannt werden sie über eine Druckbalken, der sie auf einen Steg presst. Der vordere Teil des Instruments ist mit einem Blech beschlagen, auf das drei Kronenkorken aufgenagelt sind. Sie sorgen durch ihr schnarrendes Geräusch für eine Verfremdung des Klangs.
Bogenlaute (Pluriarc)
Bogenlauten zählen zu den Instrumenten, die ihren Ursprung im subsaharischen Afrika haben und ausschließlich hier gespielt werden. Zwei ähnliche Instrumente in Südamerika (kissanga in Kuba und agwado in Surinam) wurden durch den transatlantischen Sklavenhandel von dort übernommen. Das Instrument wird in Reiseberichten des 16. Jahrhunderts erwähnt, Michael Prätorius zeigt es 1619 in seinem "Syntagma musicum". Bronzeplatten aus Benin lassen die Vermutung zu, dass das Instrument schon Jahrhunderte vorher bekannt gewesen sein muss. Das heutige Verbreitungsgebiet umfasst Teile Westafrikas (Guinea, Sierra Leone, Liberia, Elfenbeinküste), Kamerun und Gabun sowie im Süden Angola und die Kalahari. Die flächenmäßig weiteste Verbreitung und die größte Ausdehnung nach Osten findet sich aber im Kongobecken und zwar südlich des Bogens, den der Fluss beschreibt.
Bogenlauten sind als Lauteninstrumente zunächst schwer zu erkennen. Anders als bei allen anderen Lauten verfügt das Instrument nicht über einen einzigen Saitenträger, sondern für jede Saite einen eigenen, die Zahl der Saiten entspricht also der Zahl der Bogenstangen. Entsprechend dem sehr großen Verbreitungsgebiet gibt es eine große Anzahl von unterschiedlichen Bauformen, Laurenty [360] unterscheidet allein im Kongo zehn verschiedene Kategorien hauptsächlich nach der Art der Bogenbefestigung. Ähnlich vielfältig sind die angewandten Spieltechniken. Manche Instrumente besitzen einen nach hinten offenen Resonanzkörper, dieser wird beim Spielen gegen den Körper gehalten und durch Veränderung dieses Abstands wird der Ton beim Spielen manipuliert. Andere Instrumente werden an die Schulter gelehnt, so dass die Bögen vom Körper des Spielers wegzeigen. Wieder andere werden waagrecht auf den Knieen gehalten. Bei vielen Instrumenten werden die Saiten durch die rechte Hand mit Hilfe eines Plektrums aus Holz angerissen. Die linke Hand kann durch Abgreifen und Abdämpfen an verschiedenen Stellen gewisse Tonhöhenänderungen erzielen. Sehr unterschiedlich ist auch die Verwendung des Instruments im gesellschaftlichen Kontext. Bei manchen Ethnien wurde es im Kampf zur Anfeuerung benutzt, bei anderen in Ritualen zur Vorbereitung der Jagd. Es wurde als Bestandteil von Krankenheilverfahren eingesetzt und bei der Herstellung magischer Ingredienzien sowie beim Schmelzen von Eisenerz. Manchmal ist es das Instrument von Geheimbünden, das kein Außenstehender sehen darf, manchmal steht es in enger Verbindung zu hochgestellten Persönlichkeiten: je größer das Instrument, desto höher der Rang. In Angola dient das Instrument zur Begleitung von Gesang und Tanz, nicht zu vergessen ist der Bereich der privaten Unterhaltung. [330,S.82 ff.] [360, S.43 ff.] [377]
Bogenlaute 1 aus meiner Sammlung entspricht in seinem Aufbau weitgehend der Kategorie VII bei Laurenty [360]. Demnach könnte es aus dem Kongo (Stanley-pool) stammen. Es besitzt einen bootsförmigen Resonator, welcher aus einem Stück massiven Holzes von oben herausgearbeitet wurde. Dort aufgenagelt ist eine Decke, die mit einem geometrisch geformten Teil nach vorne zu den Bögen hin übersteht und durch eingeritzte Muster verziert ist. Der Rand zwischen Decke und Korpus ist teilweise mit einer schwarzen, harzigen Masse ausgefüllt. Auch an beiden Seiten des Korpus sind einfache Verzierungen eingeschnitten. Die Decke verschließt den Resonatorkasten nicht vollständig, sondern lässt am anderen Ende einen Spalt frei, wahrscheinlich als Zugang zu den Saiten, die unter der Decke befestigt sind und durch Löcher nach oben austreten. So verlaufen sie über einen hölzernen, runden Steg, dessen beide Enden von oben durch die Decke gesteckt wurden. Der Boden des Resonators ist abgeflacht, die fünf Bogenstäbe liegen parallel zueinander auf dieser Ebene auf. Sie sind am Ende zugespitzt und stecken in einem stehengelassenen Wulst am hinteren Teil des Instruments. Am vorderen Teil sind jeweils zwei Querträger aus Holz mit dünnen Streifen aus rattanähnlichem Material als Abstandshalter und zur Stabilisation angebracht. Jeder Bogen hat seine eigene Spannung und seine individuelle Tonhöhe.
Bogenlaute 2 entspricht weitgehend den Instrumenten der Kategorie VI in der Darstellung Laurentys [360]. Der Resonator, dessen Form an einen Schiffsbug erinnert, wird komplett aus einem Holzklotz herausgearbeitet, die Decke eingeschlossen. Dies geschieht vom hinteren Teil her, der bei dem Instrument offen bleibt. Die Decke ist so gearbeitet, dass sie rund um den Schallkörper übersteht, dabei ist dieser Überstand zu den Astbögen hin etwas größer. Verzierungen, die sonst häufig vorkommen, sind hier nicht zu erkennen. Die zugespitzten Enden der Zweige, die als Saitenträger fungieren, verlaufen unter dem abgeflachten, unteren Teil des Schallkörpers, wo sie dann, wie bei Bogenlaute 1, in einen stehengelassenen Wulst des Korpus eingesteckt werden. Vier dünne Holzleisten werden paarweise über und unter den Bogenstangen am vorderen Teil des Resonators durch kreuzweise Bindungen zur Stabilisation festgeknotet. Wahrscheinlich bestehen die Bindungen aus Rattanstreifen. Die nahe der Bogenenden festgeknoteten Saiten waren früher aus Pflanzenfasern hergestellt und werden heute durch Schnüre o.ä. ersetzt. Sie verlaufen über einen bogenförmigen auf die Decke aufgelegten Steg, der aus Rattan sein könnte. Seine Enden werden durch zwei Löcher durch die Decke hindurchgesteckt. Um den Steg ist ein sehr dünner Rattanstreifen gewunden, der vermutlich ein rasselndes Geräusch durch Aufschlagen auf die Decke erzeugen soll. Die acht Saiten werden ebenfalls durch Öffnungen unter die Decke geführt und hier mit Hilfe kleiner Querhölzchen festgebunden. Üblicherweise besitzt diese Kategorie fünf Saiten, die Tatsache, dass es sich hier um ein achtsaitiges Instrument handelt, scheint darauf hinzuweisen, dass es vom Volk der Luba im Kongo stammt, wo es als lakwemi bezeichnet wird. [360, S. 50]
Die dritte, rechts abgebildete Bogenlaute habe ich als hybrid bezeichnet, weil sie sowohl Kennzeichen der Bogenlauten als auch solche der Bogenharfen aufweist. Laut Angabe des Verkäufers stammt sie vom Volk der yoruba. Mit Ausnahme der Bögen ist das Instrument aus einem Holzblock herausgearbeitet und zeigt eine sitzende, männliche Figur. Es verfügt über vier Saiten, die am Ende von vier Holzstäben befestigt sind. Diese stecken lose im Rückenteil der Figur in einer Art massiven Leiste und knicken über dem Kopf rechtwinklig nach vorne ab. Der Bauchteil ist als Resonanzkörper ausgebildet und nach Art der Bogenharfen mit einem Fell bespannt, welches mit kleinen Holzpflöcken an den Seiten befestigt ist. Unter der Decke werden die Saiten mit kleinen Querstäbchen gehalten, sie verlaufen, wie bei Bogenlauten üblich, parallel zur Decke des Resonators.
Video Bogenlaute [378]
Lauteninstrumente
Bei den dargestellten Instrumenten handelt es sich wohl um Lauteninstrumente, die hauptsächlich auf europäische Vorbilder außerhalb des schwarzafrikanischen Kulturbereichs zurückgehen und in ihrer Bauweise an bekannte afrikanische Instrumente und Strukturen angepasst worden sind.
Laute 1 besteht aus einem Kürbisresonator, welcher mit einem Fell bespannt ist. Dieses wird durch ein Band von Kaorimuscheln zusätzlich befestigt. Der Hals ist in Form eines Stabes ausgeführt, welcher den Korpus durchdringt und in seinem Inneren endet. Das Ende des Halses ist als menschliche Figur geschnitzt. Quer zum Hals ist ein rechteckiger Saitenhalter angebracht, dessen oberer Teil in kleinen Rundungen ausgebildet ist. Auf beiden Seiten des Halses sind in den Querbalken je drei einfache, hinterständige Holzwirbel eingelassen, mit denen die sechs Saiten gestimmt werden können. Die Saiten verlaufen über einen kleinen, runden Steg und sind wahrscheinlich an dem Halsstab befestigt, so dass es sich um eine Binnenspießlaute handeln könnte. Über regionale Verbreitung (Ostafrika?) und Spieltechnik habe ich nichts Genaues in Erfahrung bringen können.
Laute 2 und Laute 3 ähneln sich in ihrem Aufbau sehr stark. Ihr Resonator besteht jeweils aus einem halbierten Kürbis, über den ein Fell gespannt ist. Dieses wird ähnlich wie bei Laute 1 zusätzlich durch ein Band von Kaorimuscheln gesichert. Als Saitenträger dient bei beiden ein flacher Hals, an dessen Ende jeweils eine menschliche Figur angeschnitzt ist. In ihn eingelassen sind bei beiden vier hinterständige Wirbel aus Holz. Die vier Saiten verlaufen über bzw. durch einen hölzernen Steg, der auf das Fell aufgesetzt ist. Befestigt werden die Saiten an einem aus dem Korpus herausstehenden Holz, welches auch ein verjüngtes Teil des Halses sein könnte, der den Resonator dann vollständig durchdringen würde.Auch hier ist mir über Herkunft, Verbreitung und Spielweise nichts bekannt.
Die Lauten 4 und 5 sollen von den Chokwe (4) und Tabwa (5) stammen. Sie ähneln einander in vielerlei Hinsicht. Es handelt sich bei beiden um Halslauten, die aus einem Stück gearbeitet zu sein scheinen. Ihr Resonator besteht demnach aus Holz und ist mit Tierhaut bespannt, die an dem Resonanzkörper durch Nägel befestigt wird. Im rechten Beispiel ist ein kreisrundes Loch in der Decke zu sehen. Der Hals ist beschnitzt, im rechten Beispiel stellt er eine menschliche Figur dar, im linken zwei Köpfe, die in entgegengesetzte Richtungen schauen. In beiden Fällen endet der Hals in einem Wirbelkasten oder Wirbelblock, in denen je vier Saitenwirbel seitständig paarweise angebracht sind. Im rechten Beispiel treten die Saiten durch Löcher aus, die in den Wirbelkopf eingebohrt sind. Diese Anordnung der Wirbel lässt auf europäische Vorbilder schließen. Die Saiten verlaufen rechts durch einen dreieckigen Holzsteg, im linken Beispiel über den rechteckigen Steg. Befestigt werden sie an einem aus dem Korpus herausragenden Holzriegel mit vier Bohrungen an deren Unterseite.
Ngoni (Xalam)
In der Sahara und in der anschließenden Sahelzone findet sich eine Anzahl von Lauteninstrumenten mit bootsförmigem oder leicht tailliertem Korpus, der aus einem ausgehöhlten Holz oder einer mehr rundlichen Kalebasse besteht. Ähnliche Instrumente mit einem langen, stockartigen Hals sind auf Wandgemälden in Grabkammern der 18. Ägyptischen Dynastie zu sehen und müssen als Vorläufer der heutigen Instrumente angesehen werden. Sie gelangten wahrscheinlich auf zwei Wegen in die westsudanischen Gebiete: einmal den Nil aufwärts und zum anderen mit der arabischen Expansion durch die Sahara in den Maghreb und weiter in südlichere Gebiete. Sie sind heute praktisch im ganzen Sahelgebiet verbreitet. Charakteristisch ist bei diesen Instrumenten das Fehlen der Stimmwirbel, die Saiten werden fast immer an einem als Stock ausgebildeten Hals befestigt. In Mali wird ein solches Instrument als ngoni bezeichnet, ngoni ba als tiefgestimmte und ngoni micin als höhergestimmte, kleinere Variante. Bei den Mandinka ist die Bezeichnung konting üblich, bei den Wolof heißt es xalam, gambare bei den Tukulor, tidinit in Mauretanien, hoddu bei den Fulbe, molo bei den Fula, sentir oder guimbri in der Gnawamusik Marokkos. Die Saitenanzahl schwankt zwischen einer und sieben, die gebräuchlichsten Arten besitzen vier Saiten: zwei kürzere und zwei längere. Letztere sind auf die Grundtöne der zu spielenden Melodie gestimmt und werden leer gezupft. Die beiden längeren Saiten in der Mitte werden mit den Fingern der linken Hand verkürzt. Man benutzt gelegentlich ein Plektrum aus Tierhorn, welches mit einem Lederband oder Pflanzenstreifen am Zeigefinger der rechten Hand befestigt wird. Dieser zupft die beiden langen Saiten, der Mittelfinger die kurze, untere Saite in Aufwärtsbewegung, der Daumen zupft die obere kurze Saite. Ähnlich wie bei den Bogenharfen wird oft eine pentatonische Stimmung bevorzugt, der Tonumfang beträgt etwa eine Oktave bis zu einer Oktave plus Quinte. Der mehr oder weniger bootsförmige Resonator wird dünnwandig aus einem massiven Stück Holz herausgearbeitet. Er wird oft mit Kuhhaut, seltener mit der Haut von Echsen bespannt und an den Seiten mit Holzstiften oder Eisennägeln festgehalten. Die Saiten bestanden früher aus zusammengedrehten Pferdehaaren, heute fast nur noch aus Nylonschnur. Der Holzspieß durchdringt den Körper nicht ganz, sondern endet innerhalb. Durch ein Loch in der Felldecke werden die Saiten an dem meist zackenförmigen Ende des Stabes befestigt. Die ngoni und ihre Verwandten müssen also zu den Binnenspießlauten gezählt werden.
Die ngoni ist wohl das ursprünglichste Instrument der jeli - Musikerkaste und hatte bei ihnen einen sehr hohen Stellenwert. Auch heute noch ist die ngoni das populärste traditionelle Instrument Malis, das in der letzten Zeit durch junge Musiker in modernen Musikstilen weiterentwickelt wurde und eine gewisse Renaissance erlebte.
Ab dem 17. Jahrhundert tauchen im Zuge des transatlantischen Sklavenhandels Zupflauten mit meist rundem Kalebassenkörper in der Neuen Welt auf, die manchmal als banza oder banja bezeichnet wurden. Diese waren sicherlich Nachbauten oder Übernahmen der heimatlichen Instrumente Schwarzafrikas durch die Verschleppten. So sind die westafrikanischen Zupflauten mit ziemlicher Sicherheit als die Vorläufer des amerikanischen Banjos anzusehen. [379][380]
Video Ngoni [381]
Video Ngoni [382]
Spießlauten
Neben den Binnenspießlauten in all ihren Ausprägungen, die ausnahmslos gezupft werden, findet sich in Schwarzafrika auch eine Reihe von Spießlauten, bei denen der Hals den Korpus vollständig durchdringt und am gegenüberliegenden Rand wieder austritt. Nach der Form des Resonators lassen sich drei verschiedene Kategorien bilden:
- Instrumente mit schalenförmigem Resonator
- Instrumente mit röhrenförmigem Resonator
- Instrumente mit kastenförmigem Resonator
Dabei gibt es gezupfte als auch gestrichene Varianten, die oft nur eine einzige Saite haben. Zu der ersten Gruppe zählt die Goge.
Goge
Bei diesem Instrument handelt es sich um eine einsaitige, gestrichene Schalenspießlaute in der westafrikanischen Sudanregion, die beim Volk der Hausa eine bedeutsame Rolle spielt. Aber auch im Niger (godjé), bei den Zarma (goje), in Nordghana (gondze), Benin (godie), Kamerun (gulum, zweisaitig), Mali (njarka), Gambia (nyanyeru) und im Senegal (riti) wird dieses Instrument verwendet. Als ihr Vorläufer wird von einigen Ethnologen die arabisch-persische kamancheh angesehen, die von den Schwarzafrikanern adaptiert worden sein soll. Erstmals erwähnt wird sie von dem arabischen Gelehrten und Reisenden Ibn Battuta in seinem Bericht von 1352.
Auch bei der Goge fehlen Wirbel, die Saiten werden direkt am Hals festgebunden, häufig mit Lederringen, die zum Stimmen verschoben werden können. Die Saite, früher aus Rosshaar, heute aus Nylon, verläuft über einen primitiven Steg, der meist am Rand nahe beim Halseintritt in den Resonator sitzt. Die Saite wird an eine feste Schnur gebunden, die ihrerseits am austretenden Sporn des Halses festgeknotet wird. Der Resonator besteht aus einem etwa zur Hälfte durchgeschnittenen Kürbis. Auf diesen wird eine Waranhaut gezogen, die einige Tage gewässert wurde und sich beim Trocknungsprozess stramm über die Öffnung des Kürbisses zieht. Holznägel, die am Rand eingeschlagen werden, sorgen für zusätzliche Stabilität. In anderen Gegenden sind auch Ziegen-, Krokodil- und Schlangenhaut üblich. Der Bogen besteht aus einem leicht gekrümmten Zweig und ist üblicherweise mit Rosshaar bespannt. Traditioneller Anlass zum Spielen der goge bei den Hausa war der Bori - Besessenheitskult bei dem der goge die Hauptrolle zufiel. Daneben erklingt sie bei Familienfeiern, Hochzeiten und sonstigen Übergangsritualen. Professionelle Musiker begleiten sich mit dem Instrument auf Bestellung zum Singen von Preisliedern für Betuchte, aber auch in Bars und Bordellen ist sie zu hören. Entsprechend gering ist das Ansehen der Musiker in der muslimisch geprägten Gesellschaft, wo sie auf der sozialen Leiter auf einer der untersten Stufen stehen. [383]
Video Goge [384]
Endingidi
Bei diesem Instrument handelt es sich um eines aus der zweiten Kategorie mit röhrenförmigem Korpus. Man bezeichnet es als endingidi, es ist eine einsaitige Röhrenspießgeige, die von den Baganda und Ankole in Uganda gespielt wird. Aber auch in Kenia (asiriri), Ruanda (iningiri), Tansania (zogozogo) und Malawi (kaligo) finden sich ähnliche Bauformen.
Die endingidi ist nach Wachsmann [796] ein relativ junges Instrument, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Ostafrika Fuß fasste. Nach Meinung einiger Ethnologen sollen arabische Händler ostasiatische Streichinstrumente, wie zum Beispiel die chinesische erhu, bekannt gemacht haben. Von der Küste aus habe sich dann dieser Typus ins Landesinnere mit einer entsprechenden Anpassung der Saitenzahl ins Landesinnere ausgebreitet.
Der Resonator einer endingidi wird aus Holz gefertigt, das man eine Zeit lang in die Erde vergräbt, um es weich werden zu lassen, um es dann besser ausarbeiten zu können. Eine zweite Variante besteht in der Verwendung eines länglichen Kürbisses und eine dritte verwendet ein Kuhhorn, welches mit einem glühenden Messer ausgehöhlt wird. Bei dem nebenstehenden Instrument ist dies der Fall. Über das hohle Horn wird Antilopenhaut, Ziegenhaut, Waranhaut oder Pythonhaut gespannt. Der Stab wird ein wenig vom Rand des Horns entfernt so durch den Resonator geführt, dass er am gegenüberliegenden Teil etwas übersteht. In den Holzstab ist einige Zentimeter vom Ende entfernt ein relativ großer vorderständiger Wirbel eingebohrt, an dem die Saite befestigt wird. Sie verläuft über einen kleinen zylindrischen Steg, der etwa in der Mitte der Membran aufgesetzt wird (hier fehlend) und wird am überstehenden Teil des Stabes befestigt. Früher benutzte man als Material für die Saiten Pflanzenfasern oder Tiersehnen, die heute durch Nylon ersetzt werden. Der Streichbogen besteht aus einem leicht gekrümmten Ast, der meist mit Sisalfasern bespannt wird. Diese werden vor dem Spiel mit Harz eingerieben. Beim Spiel werden die Tonhöhen nicht durch Niederdrücken sondern durch seitliches Anlegen erzeugt, in etwa vergleichbar mit dem Flageolettspiel europäischer Saiteninstrumente. Man benutzt die endingidi oft zur Gesangsbegleitung, zur allgemeinen Unterhaltung und bei festlichen Anlässen; ebenso findet sie als Teil der dörflichen Orchester zusammen mit Xylophon, Rasseln und Trommeln Verwendung.[385]
Video Endingidi [386]
Masinqo
Das masinqo ist das wichtigste Instrument der selten anzutreffenden dritten Kategorie von Spießlauten. Es handelt sich dabei um eine einsaitige, gestrichene Kastenspießlaute. Sie wird in Äthiopien gespielt und ist das typische Instrument der azmaris, der traditionellen Sängerpoeten der Amharen im Hochland.
Die Laute besteht aus einem rautenförmigen Resonator, dessen Zargen aus vier gleich langen Brettern zusammengefügt werden. Boden und Decke werden durch zwei Hautstücke aus ungegerbter Kuh- oder Ziegenhaut gebildet. Beide Teile werden dann umlaufend miteinander vernäht. Vorher wird die Haut zuerst in kochendes Wasser gegeben, zusammengerollt, mit einem Tuch umwickelt und luftdicht verpackt. Nach vier bis sieben Tagen ist es soweit aufgeweicht, dass es abgeschabt werden kann. Die feuchte Haut spannt sich dann beim Trocknen über den Holzzargen straff. Der Hals durchdringt den Resonator diagonal und ragt am entgegengesetzten Ende etwas heraus. In ihm steckt ein vorderständiger, massiver Holzwirbel an dem die Saite aus Rosshaar befestigt und gestimmt werden kann. Sie verläuft durch einen V-förmigen, hölzernen Steg, der mit zwei "Füßen" auf der Decke steht, manchmal mit einem "Fuß" auf den hölzernen Rand des Resonators gesetzt wird, um den Klang härter werden zu lassen. Die Saite wird hinter dem Steg an zwei festen Schnüren angebunden, die über eine Ecke getrennt zu dem Fortsatz des Halses laufen, wo sie festgezurrt werden. Der Bogen ist stark, fast halbkreisförmig gebogen und wird zum Erhalt dieser Form über Feuer erhitzt. Bespannt ist er mit einem Büschel von bis zu 130 Pferdehaaren. Um die Griffigkeit zu erhöhen, werden sie mit Weihrauchharz eingerieben. Die Instrumente, die im Norden des Landes gebaut werden, sind meistens viel größer als diejenigen im Süden.
Man spielt das Instrument im Sitzen oder Stehen. Beim sitzenden Spiel wird das Instrument senkrecht zwischen den Knien gehalten, der Hals lehnt an der Schulter, der Wirbel ragt in die Achselhöhle. Im Stehen wird das masinqo an einem diagonal über die Brust laufenden Band gehalten. Die Saite kann nicht niedergedrückt werden, der Abstand zwischen Saite und Hals beträgt oft mehr als 10 cm. Ähnlich wie bei der endingidi wird eine Tonhöhenänderung durch seitliches leichtes Berühren erreicht.
Azmaris tragen ihre Preis- und Schmählieder heute oft als Alleinunterhalter oder in Begleitung einer Sängerin in tej bets, den Honigweinkneipen, vor. Die umherziehenden Balladensänger haben ein breites Spektrum an Erzählungen aus der Vergangenheit, alten Kampfliedern und Geschichten aus dem Alltag parat. Bei Hochzeiten und Familienfeiern dichten sie Preislieder und geben Kommentare zu aktuellen Ereignissen des gesellschaftlichen Lebens ab. [387]
Video Masinqo[388]
Balafon
Xylophone spielen in der Musik Afrikas in weiten Gebieten eine herausragende Rolle. Hier finden sich die vielfältigsten Formen und die für die Musikkultur wichtigsten Ausprägungen dieser Gattung. Ob die Instrumente aus dem südostasiatischen Raum ihren Weg hierher fanden, bleibt unter den Experten umstritten. Die in Südamerika anzutreffenden, meist als marimba bezeichneten Exemplare, sind zweifelsfrei von schwarzen Sklaven aus Afrika eingeführt worden. Besonders in Guatemala wurde das Instrument von verschiedenen Bevölkerungsgruppen adaptiert und ist heute Nationalinstrument. In Afrika finden sich Zeugnisse für das Vorkommen des Instruments seit dem 16. Jahrhundert.
Xylophone bestehen aus unterschiedlich langen Klangstäben oder -platten aus Hartholz (Rosenholz, Palisander) mit fester Tonhöhe, die mit hölzernen Schlägeln zum Schwingen gebracht werden. Die Anzahl der Platten schwankt in Afrika je nach Verbreitungsgebiet zwischen ein und über 20 Stäben, die meist in aufsteigender Reihenfolge angeordnet sind. Man unterscheidet Instrumente ohne Resonator und solche, deren Stäbe zur Verstärkung des Klangs über eigene Resonatoren verfügen. Diese Instrumente werden im westlichen Schwarzafrika als balafon bezeichnet.
Zu den bekanntesten balafonen ohne Resonator zählen die amadinda und akadinda in Uganda. Beide werden den Holmxylophonen zugerechnet, weil die Stäbe auf zwei parallelen Bananenstrünken als Träger aufgelegt sind. Die amadinda besaß zwöf Stäbe und wurde von drei Spielern gleichzeitig gespielt, wobei der dritte nur die beiden höchsten Stäbe schlug. Die beiden gegenübersitzenden anderen Spieler verzahnen ihre Melodien derart, dass eine dritte Melodie zu hören ist, die dem Zuhörer als mit großer Geschwindigkeit gespielt erscheint (interlocking). Diese Technik wird im Zusammenspiel afrikanischer Instrumente oft angewendet. Die akadinda besaß zwischen 17 und 22 Stäbe und wurde von fünf oder sechs Musikern bedient. Sie erklang im Palastorchester des kabaka (Herrscher) von Buganda und wurde von einer Kaste von Berufsmusikern gespielt, die schichtweise am Hofe Dienst hatten. Die verwendeten Skalen waren äquipentatonisch, die verwendeten melodischen Motive bestanden oft aus Bearbeitungen von traditionellem Liedgut.
balafone mit Kürbisresonatoren werden überwiegend in Westafrika gebaut. Diese Resonatoren sind in der Größe entsprechend den jeweiligen Stäben abgestuft. In vielen Fällen wird in die Resonatoren noch ein Loch geschnitten, welches wiederum mit einem festen Spinnennetz, Fledermausflügeln oder einfach Papier bedeckt wird. Die Resonatoren wirken dann wie ein Mirliton und erzeugen zusätzlich einen typischen Klang. Das balafon ist das dritte wichtige Instrument (nach dem ngoni und der kora), welches von den jelis in Westafrika zur Begleitung ihres Gesanges benutzt wird. Typisch ist auch, dass die Platten in einem Gestell aus Holzstäben befestigt sind, die mit Lederriemen und Schnüren zusammengehalten werden. Ein Verschieben der Platten wird durch eine umgewundene Schnur verhindert. Das abgebildete Balafon 1 hat 18, Balafon 2 hat 16 Klangstäbe. [389][390][391]
In der Sammlung befindet sich noch ein drittes Balafon. Es ist 100 cm lang, bis zu 47 cm breit und 22 cm hoch. Es besteht aus 19 Hartholzklangstäben unter denen 15 Kalebassenresonatoren angebracht sind, die teilweise als Mirlitone gestaltet sind. Das Gestell aus Holzstäben wird ähnlich wie bei Balafon 1 und 2 mit Schnüren und Lederstreifen zusammengehalten. Der Kopf der erhaltenen Schlägel ist aus Schnüren gewickelt und wird durch eine erstarrte, harzartige Masse zu einer Kugel geformt.
Mvet
Der mvet (auch mvett) ist seinem Ursprung nach eine idiochorde Stabzither mit einem Kerbsteg. Das Instrument findet sich lokal begrenzt im westlichen Zentralafrika, insbesondere im südlicheren Kamerun, Gabun, Äquatorialguinea, im Norden der Republik Congo und im Südwesten der Zentralafrikanischen Republik. Der Name stammt von den Pahouin sprechenden Fang, wo das Instrument bis heute in der Volkskultur eine zentrale Stellung innehat. Es ist aber auch bei anderen Stämmen dieser Volksgruppe wie den Beti, Bulu, Eton und Mvele gebräuchlich, aber auch bei den Bamoun in Kamerun, von wo die beiden hier abgebildeten Instrumente stammen sollen. Entwicklungsgeschichtlich stellt der mvet vermutlich eine Weiterentwicklung einer einsaitigen Stabzither der Fang dar.
Traditionelle Mvetinstrumente, wie die beiden hier gezeigten, werden aus einem Stängel der Raphiapalme hergestellt mit einer Länge bis zu etwa 1,50 m. Aus der festen Epidermis werden drei bis fünf dünne Streifen als Saiten herausgelöst, die an einem etwas außermittig aufgesetzten Kerbsteg eingehängt werden. Mit Rotangschnüren, die man jeweils am Ende einer Saite um den Stängel wickelt, wird ein weiteres Ausreißen nach außen hin verhindert. Durch Verschieben dieser Wicklung, z.B. nach innen, kann man eine Erhöhung der Saitenspannung und damit eine Steigerung der Tonhöhe erzielen. An dem Raphiastängel können ein bis sechs Resonatoren an der Gegenseite des Steges befestigt werden. Diese werden aus halbierten Kürbissen hergestellt, deren offene Seite nach unten zeigt. Manchmal werden dazu noch kleine, rechteckige Öffnungen seitlich ausgeschnitten und mit einem Spinnenkokon zugeklebt. Dadurch ergibt sich eine zusätzliche, schnarrende Verfremdung der Tonschwingung durch das Vibrieren dieses Mirlitons.
Gewöhnlich werden die Instrumente beim Spiel schräg vor dem Körper gehalten, linke und rechte Hand zupfen die Saiten links und rechts des Kerbsteges. Größere und schwerere Instrumente (z.B. mit Tongefäßresonatoren) werden manchmal mit einem Ende auf dem Boden aufgesetzt. Ähnlich wie bei der thailändischen phin phia oder der kambodschanischen kse diev kann man die Tonqualität auch durch die Veränderung des Abstands zwischen den Resonatoren und dem Körper des Spielers beeinflussen. Der Klang der idiochorden Raphiasaiten ist recht kurz und dumpf, deshalb werden moderne Instrumente heute mit heterochorden Stahlsaiten hergestellt, die wesentlich bessere Klangeigenschaften und eine höhere Lebensdauer besitzen. Meistens sind es heute vier Saiten, die leicht außermittig über den Steg geführt werden und je Saite zwei Töne ergeben, die sich nur wenig unterscheiden.
Der Mvetspieler (mbomomvet) ist normalerweise ein halbprofessioneller Musiker und verfügt z.B. bei den Fang über eine einzigartige soziale Stellung, die er sich im Verlaufe eines langwierigen Initiationsprozesses erarbeiten muss. Dieser verläuft in drei Stufen. In der ersten (mvet bibon) geht es mehr um Unterhaltung und Liebeslieder. In der zweiten (mvet engubi) verfügt er schon über ein Repertoire an historischen Geschichten, Genealogien, biblischen Erzählungen und Mythen. Hat der Initiand nach persönlichen hohen Opfernmit physischen, mentalen und intellektuellen Prüfungen die höchste Stufe (mvet ekang) erreicht, darf er die überlieferten großen Epen über den Ursprung des unsterblichen, weil aus Eisen bestehenden Volkes Ekang aus dem Land Engong und dessen Kampf mit den sterblichen Menschen rezitieren. Bei seinen Auftritten trägt der mbomomvet - Meister oft einen Kopfschmuck aus Vogelfedern und einen Hautmantel. Begleitet wird er des öfteren von einem Chor, der mit Gesang und Rhythmusinstrumenten die bekannte Handlung mitgestaltet. Rasseln und Glöckchen an seinen Händen und Fußgelenken untermalen seine szenischen Tanzeinlagen und den Charakter der menschlichen und übermenschlichen Kreaturen. Ausgeprägte theatralische Mimik und Gestik lassen den Text seiner Erzählung lebendig werden, während er sein Instrument einem anderen überlässt.
Einem guten Mvetmeister werden magische Fähigkeiten zugeschrieben, er kennt Abwehrmittel gegen Hexerei und kann in Kontakt zu den Ahnen treten. "Die Epentradition der Fang gilt als eine der originellsten Formen traditionellen Wissens in ganz Afrika" [782]. Ähnlich wie die griots in den Nachbarländern Westafrikas fungieren die mbomomvets als Bewahrer der Traditionen und als Bindeglied zu den Vorfahren. Sie gehören bei Begräbnissen, Hochzeiten und sonstigen Feierlichkeiten zum Programm und lassen diese Treffen zu einem sozialen, identitätsstiftenden Ereignis werden. [782] [783][607, Kap. Mvet]
Video Mvet [784]
Video Mvet [785]
Video Mvet Bamoun [786]
Jochlauten (Leiern)
Lauteninstrumente, deren Saiten parallel zur Resonatordecke verlaufen und an einem Joch befestigt sind, das von zwei Streben gestützt wird, die aus dem Resonator kommen, werden als Jochlauten oder geläufiger als Leiern bezeichnet. Dabei handelt es sich um sehr alte Instrumente, ihr Vorkommen ist schon bei den Sumerern um 2700 v. Chr. belegt. Leiern erscheinen auch im östlichen Mittelmeerraum als lyra und kithara im 1. Jahrtausend v. Chr. Auch im Ägypten der Pharaonen ist sie etwa ab 2000 v.Chr. sehr bekannt, von hier aus hat sie sich den Nil aufwärts ausgebreitet. Die simsimyya wird noch auf dem Sinai und den Anrainerstaaten des Roten Meeres bis nach Aden gespielt (siehe Kapitel "simsimyya" im Kapitel Nordafrika). Man findet heute im Sudan die kisir und die tamburah als wahrscheinliche Nachfolgeinstrumente der altägyptischen Leiern und in Äthiopien den krar und die begenna. Mit den Wanderungen nilotischer Volksgruppen gelangte dieser Instrumententyp dann bis in den Nordwesten des Kongo, nach Tansania und bis nach Kenia und Uganda, wo sie auch heute noch im kulturellen Leben eine gewisse Rolle spielen. Hier sind sie hauptsächlich unter den Namen endongo bei den Ganda, entongoli bei den Soga und nyatiti bei den Luo in Kenia bekannt. Die drei unten abgebildeten Leiern scheinen alle aus dem ugandischen Raum zu stammen, weil sie sämtlich über acht Saiten verfügen. Dies ist typisch für die äquipentatonischen Stimmungen, bei denen die Oktav in fünf annähernd gleiche Schritte aufgeteilt wird, dem entspricht eine Saitenzahl von fünf; die restlichen drei sind Oktavverdoppelungen. Aus diesem Grund sind auch die Instrumente nicht in einer aufsteigenden Reihe gestimmt. Dies kommt auch der gezupften Spielweise entgegen: das Instrument ruht schräg vor dem Spieler, die linke Hand zupft die drei in Oktaven gestimmten Saiten, während die fünf Finger der rechten Hand die "normale" pentatonische Skala spielen.Typisch für die im Bantugebiet gespielten Leiern ist auch die in etwa V- förmige Anordnung der beiden Trägerholme, die aus dem Korpus entspringen. [394][330, S. 93 ff.]
Bei der Endongo ist der Resonator meist rund ausgebildet und wird oft aus Holz herausgearbeitet, wenn auch immer mehr leicht verfügbare Materialien aus dem Haushalt wie z.B. Töpfe oder wie in diesem Fall Kürbisschalen benutzt werden. Als Bespannung für die Decke wird überwiegend Eidechsenhaut über den Resonator gespannt. Manchmal wird ein Schallloch eingeschnitten. Die Decke wird mit einem Hautstück, welches von unten an dem Schallkörper anliegt, mit Hilfe dünner Riemen fest verzurrt. Oft fehlt der Steg, die Saiten schlagen dann teilweise direkt auf die Decke auf und erzeugen ein gewollt schnarrendes Nebengeräusch. Die drei höchsten Saiten werden im Unterschied zu allen anderen Leiern aus Sisalfasern gedreht. Die restlichen bestehen aus Kuh- bzw. Ziegensehnenfasern oder aus Schafhaut. Zum Schutz vor Feuchtigkeit und Ungeziefer werden sie mit Rizinussamen eingerieben. Typisch sind auch die Verzierungen am Ende der Jochstange, die meist aus schwarzen oder weißen Ziegenhaarbüscheln bestehen.
Typisches Merkmal von Jochlaute 1 ist die Gestaltung des Jochs, in dessen bogenförmigen oberen Teil die acht hölzernen Wirbel hinterständig eingelassen sind. Der Resonator besteht aus einem Kürbis und ist mit einem Fell bespannt, welches am Rand mit einem Band aus Kaorimuscheln gesichert wird. Die beiden Jochträger durchdringen den Schallkörper vollständig; an ihnen ist ein unterständiger Saitenhalter befestigt, welcher die Saiten aufnimmt, die durch einen hölzernen Steg geführt wurden.
Jochlaute 2 nimmt auf Grund der Jochform eine Sonderstellung ein. Es handelt sich um einen wahrscheinlich über Feuer extrem gebogenen Ast, welcher an beiden Enden unter die Felldecke geführt wird. In ihm sind vorderständig die acht Wirbel eingebohrt. Die Saiten verlaufen ohne Steg zu einem Loch in der Decke, wo sie in der Art einer Binnenspießlaute befestigt sind. Der Schallkörper besteht aus einem Kürbis, der von einer behaarten Haut, wahrscheinlich von einer Ziege, bedeckt ist. Die Decke wird ebenfalls durch ein Band aus Muscheln am Rand fixiert.
Video Leier [395]
Video Leier [396]
Krar und Begenna
Der krar ist eine fünf- oder sechssaitige Leier, welche im äthiopischen Hochland überwiegend von den Amharen gespielt wird. Der Name stammt vom amharischen Wort kir welches eine dünne Schnur oder Saite bezeichnet, krar bedeutet soviel wie "besaitetes Instrument". Der Resonator war früher meist aus Holz, heute benutzt man aber auch leicht zu beschaffende, runde Alltagsgegenstände z.B Tontöpfe, Metallschüsseln (wie im rechten Beispiel) oder sogar Stahlhelme. Die eckige Form rechts wird fast ausschließlich aus Holz gefertigt. Über den Schallkörper wird ein Schaf- oder Ziegenfell gezogen, das manchmal mit Schalllöchern versehen wird. Die Saiten (jimat) werden aus Schaf- oder Ziegendarm gedreht, diese Aufgabe obliegt den Frauen. Zwei auseinanderstrebende Jocharme (misesos) führen durch den Korpus zu einem Joch, das beide Arme verbindet. Für die Befestigung am Querjoch (kenber) gibt es zwei Möglichkeiten: beim Krar 1 werden sie mit Hilfe von Stoffknäueln fixiert, beim Krar 2 werden die Saiten durch kleine Stimmknebel (mekagna) gespannt. Die fünf Saiten verlaufen über (Krar 1) oder durch (Krar 2) einen Steg (birkuma) aus Holz, der die Schwingungen auf das Fell überträgt. Sie werden am Korpus selbst oder an einem querliegenden Holz (Krar 2) befestigt, welches seinerseits im Innern des Korpus mit Lederschlaufen an den verzierten Jochträgerholmen befestigt zu sein scheint. Gespielt wird die Leier meist noch in der archaischen Spielweise, die schon bei den Instrumenten des Altertums bekannt war. Mit einem Plektrum aus einer Raubtierkralle oder Lederstückchen werden sämtliche Saiten in einem Zug mit der rechten Hand angerissen, die linke Hand dämpft die Saiten ab, die nicht klingen sollen. Der krar wird meist zur Liedbegleitung eingesetzt, man untermalt Liebeslieder, Kampfgesänge, historische Preislieder und Moritaten vor allem in den tej bets, den Honigweinkneipen, wo sie fast ausschließlich von Männern gespielt wird. Daneben wird sie auch zunehmend von Frauen benutzt. Die Zupftechnik mit ihren erweiterten Möglichkeiten ersetzt immer mehr die althergebrachte Spielweise. In der Volksmythologie gilt diese Leier als ein Werk des Teufels als Gegenstück zu der begenna, der man einen göttlichen Ursprung nachsagt.
Diese große, zehnsaitige, aus Eukalyptus oder Wacholder gefertigte Leier besitzt aus Schafdarm gefertigte Saiten. Aufgrund der Saitenlänge klingt sie sehr tief und feierlich. Es war das Instrument der amharischen Oberschicht und steht in engem Bezug zur Religionsausübung der äthiopischen Christen. Die pentatonisch gestimmten zehn Saiten symbolisieren die zehn Gebote, die seitlichen Arme werden nach Erzengeln benannt, der Korpus steht für die Jungfrau Maria. In den christlichen Kirchen wird sie vor allem zur Meditation und als Begleitung beim Singen von Psalmen in den Fastenzeiten vor Ostern und Weihnachten eingesetzt. Sie wird fast ausschließlich mit den Fingern der linken Hand gezupft, manchmal wird der Klang durch Unterschieben kleiner Schnarrstege aus Leder unter einzelne Saiten verfremdet. [397][330, S.107 ff.]
Bei der nebenstehenden Krar 3 sind Wirbel, Saiten und Steg von mir ergänzt worden. Sie besetzt ein schräg stehendes Joch mit vier Bohrungen zur Aufnahme der Wirbel und Lederriemchen mit eingebundenen Kaorimuscheln als Schmuck. Ebenso sind auf den Rückseiten der beiden Jocharme je drei Muscheln aufgebracht. Der Resonatorkasten ist mittig umlaufend ebenfalls mit aufgenagelten Muscheln als Trennung zwischen Decke und Bodenteil verziert. Die Decke besteht aus einem pergamentähnlichen Material oder Kunststoff mit Resten einer Bemalung in orange-roter Farbe. Zu erkennen sind noch Teile einer umlaufenden Linie als geschwungene Girlande, 4 Halbmonde in den Ecken, zentral eine Blüte mit 8 Blüenblättern, darüber eine Hand mit fünf Fingern. Der rückseitige Boden ist mit einem weichen leder- oder stoffartigen Material überzogen. In der Mitte ist ein kreisrunder Spiegel angebracht, der mit einem Kranz aus Kaorimuscheln besetzt ist, die von Ziernägeln mit runden Köpfen gehalten werden. Dies erscheint dem Betrachter wie eine Blume. Der Spiegel könnte zur Abwehr böser Geister gedacht gewesen sein.
Video Begenna [398]
Video Krar1 [399]
Video Krar 2 [400]
Zitherinstrumente
In Schwarzafrika finden sich fast alle Arten von Zithern, sowohl einfache als auch komplexere Formen. Sie haben sich wahrscheinlich alle aus dem Jagdbogen entwickelt, dessen gespannte Sehne beim Abschuss eines Pfeiles einen akustischen Klang hervorruft. Jagdbögen werden auch heute noch teils als Jagdwaffe, teils als Musikinstrument genutzt. Die Klangerzeugung kann auf vielfältige Weise geschehen, so gibt es gezupfte, geschlagene, gestrichene, geschrapte und geblasene Musikbögen. Um die Lautstärke zu erhöhen, werden viele Instrumente mit Resonatoren, teils fest, teils abnehmbar ausgestattet. Als einfachste Form benutzt der Spieler seinen Mund als Resonanzraum, man bezeichnet das Instrument dann als Mundbogen. [401] Bei anderen werden Kalebassen als Resonatoren eingesetzt, deren offene Hälfte gegen den Körper des Spielers gehalten wird und durch Variation des Abstands Tonveränderungen hervorgerufen werden. Manchmal wird auch die Erde als Resonanzraum benutzt wie bei dem Erdbogen [403]. Durch Einbinden einer Stimmschlinge lässt sich das Tonspektrum erweitern. Es gibt auch zwei und mehrsaitige Bögen, wie z.B. die limbindi [402].
Kennzeichen der Zithern ist die parallele Lage der Saiten zum Saitenträger. Benutzt man keinen Bogen als Saitenträger, sondern einen Stab, so spricht man von einer Stabzither. Diese sind weit verbreitet und können mehrere Saiten besitzen. Ein besonderes Instrument stellt dabei das mvet [404] mit seinem Kerbsteg und mehreren Resonatoren dar. Auch das abgebildete jejy voatovo zählt zu der Gruppe der Plattstabzithern. Werden die Saiten über einen trogförmigen Träger gespannt, entsteht eine Trogzither. Bei einer Rahmenzither werden die Saiten in einem oft dreieckigen Rahmen gespannt, oder wie im unteren Beispiel in einem Bogen. Bei Floßzithern werden mehrere rohrartige Träger aus Bambus, Schilf oder Gräsern floßartig miteinander verbunden. Von ihnen werden dünne Streifen des jeweiligen Materials als Saite abgelöst. Röhrenzithern entstehen dadurch, dass Saiten über einer Röhre meist zwischen zwei Nodien eines Bambus gespannt werden. Unter sie werden kleine Holzstäbchen als Stege geschoben, die verhindern, dass die Saiten auf den Resonator aufschlagen.
Im westlichen Madagaskar ist die jejy voatovo (oder dzedzi voatovo) die Vertreterin der Familie der Stabzithern. In anderen Landesteilen der Insel soll auch der Name lokanga voatovo vorkommen, jedoch wird mit dieser Bezeichnung auch eine dreisaitige Geige belegt, die im Süden der Insel, z.B. bei den Bara, gespielt wird. Auf dem Festland existieren mannigfaltige Versionen von Platt- und Rundstabzithern, die häufig mit zeze bezeichnet werden (auch nzenze, nzeze, dizeze, nzensa, isese, uvm.). Sie haben sich von der Küstenregion am Indischen Ozean aus in ganz Ostafrika verbreitet, vornehmlich in Tanzania, Kenya, Uganda, Sansibar und Madagaskar. Aber auch in Malawi, in Südwestzaire und Teilen Mozambiques, Sambias und Zimbabwes sind Beispiele zu finden.
Der Saitenträger des jejy besteht aus einem Holzstab, der an beiden Enden zackenartig zur Aufnahme der Saiten ausgeprägt ist. Auf dem Träger sieht man drei stark hervorstehende Bünde auf die die Saiten niedergedrückt und verkürzt werden können. Das Instrument ist überwiegend mit ein bis vier Saiten ausgestattet, heute manchmal bis zu elf. Sie wurden früher aus Raphiafasern gedreht, werden heute aber weitgehend von Stahlsaiten abgelöst. Die Saiten waren manchmal um 90 ° gegeneinander versetzt, so dass die seitliche freischwingend als Bordun benutzt wurde. Der Resonator bestand früher aus einer halbierten Kalebasse, die mit dem offenen Ende gegen den Körper gehalten wurde, um den Klang zu variieren. Die gezeigten Instrumente verfügen beide über einen Resonator aus einem Kürbis, welcher durch ein eingesetztes Tierhorn verlängert wird. Dieses wird als Befestigungspunkt verwendet. Zusätzlich ist der Saitenträger in den Schallkörper eingelassen. Die mpilalao genannten Spieler zupfen mit dem Mittelfinger die Saiten an um hauptsächlich ihre epischen Erzählungen zu begleiten. Die Zither wurde nur von Männern gespielt, die Tradition wurde vom Vater auf den Sohn weitergegeben.
Bei den Rahmenzithern werden zwischen einem dreieckigen oder runden Holzrahmen Saiten ausgespannt. Diese Form stellt innerhalb der Saiteninstrumente Afrikas nur eine kleine Gruppe dar. Beim Volk der Kru in Liberia ist sie häufiger zu finden, aber auch in Sierra Leone, Guinea und der Elfenbeinküste wird sie von einigen Stämmen gespielt. Oft wird pflanzliches Material wie Lianen- oder Raphiafasern zur Herstellung der Saiten benutzt, im abgebildeten Fall 1 handelt es sich um eine aus gedrehtem Darm gefertigte Art. An dem einen Ende des Halbbogens wird jede der fünf Saiten zu einem dicken Knoten gebunden und das freie Ende durch Perforationen der Bogenstange zur gegenüberliegenden Seite geführt. Dort wird sie mehrfach um den Bogenstab gewunden und dann fest verknotet. Der Resonator besteht aus einer nach unten offenen, halbierten Kalebasse. Auf der Oberseite sind zwei Löcher eingebohrt zwischen die die Bogenstange gesetzt und mit Lederriemen festgebunden wird. Beim Spielen wird das Instrument waagerecht gehalten, wobei der hohle Teil des Resonators gegen Bauch oder Brust des Spielers gehalten wird. Durch Veränderung des Abstands werden klangliche Nuancen hervorgerufen. Eine Art der Tonerzeugung besteht darin, dass der Zeigefinger der rechten Hand über alle Saiten streicht und die linke Hand von unten her bestimmte Saiten dämpft oder durch leichtes Anlegen in der Tonhöhe verändert. Bei einer zweiten Spielart werden Finger beider Hände benutzt um die Saiten zu zupfen. Manchmal werde solche Instrumente auch als Bogenzither bezeichnet. [330, S. 76 ff.] Bei den Rahmenzithern 2 und 3 handelt es sich um die dreiseitige Variante dieser Zitherform.
Rahmenzither Nr. 2 besteht aus einer Astgabel, deren zwei Arme durch einen an beiden Enden zugespitzten Holzstab verbunden werden. Vier Löcher sind in den Kalebassenresonator eingebohrt, durch sie hindurch sind Schnüre und ein bastartiges Material hindurchgeführt, um die Gabel fest mit dem Resonator zu verbinden. Sechs dünne Stahlsaiten sind aufgezogen und werden mit dünnen Schnüren aus einem faserigen Material an einer Seite der Gabel gestimmt, während sie an der zweiten Gabelseite nur festgeknotet sind. Bei Rahmenzither 3 ist der Rahmen aus drei einzelnen Holzstäben zusammengesetzt, zwei runden und einem abgeflachten. Letzterer stützt sich gegen eines der Rundhölzer und hat Bohrungen, durch die die vier Saiten aus einer Naturfaserart (?) geführt werden. Die Querstange besteht auch hier aus einem zugespitzten Rundholz. Im Halbkürbis sind vier Bohrungen angebracht, durch die hindurch mit Hilfe eines bastartigen Materials die Stäbe mit dem Resonator fest verbunden werden.
Von einer Trogzither spricht man dann, wenn Saiten über eine trogförmige Schale geführt werden. Diese Instrumente finden sich ausschließlich in Ostafrika und hier vor allen Dingen im Zwischenseengebiet mit dem Schwerpunkt Tanzania, Ruanda, Burundi und Uganda. Die verwendeten Formen der trogförmigen Resonatoren sind sehr unterschiedlich. Eine weit verbreitete Form stellt die unten abgebildete inanga dar. Ihr Resonator besteht aus einer dünnwandig gearbeiteten, länglichen Holzschale, deren Ränder nach innen überkragen. Die Instrumente können bis 115 cm lang und bis zu 30 cm breit sein. Fast immer wird die Trogschale durch kreuzförmige Einschnitte am Boden sowie durch Ritzungen oder Brandzeichnung wie im vorliegenden Fall verziert. In die beiden Schmalseiten des Resonators sind in gleichen Abständen je sieben Einkerbungen geschnitten, durch die eine einzelne Saite so geführt wird, dass im Resultat sieben parallel liegende Saitenabschnitte entstehen. Die meisten Zithern besitzen sechs oder acht Saiten, Exemplare mit bis zu zwölf sind ebenso bekannt. Sie werden häufig aus Darm gedreht oder aus Tiersehnen hergestellt, heute auch aus Nylon, seltener aus Stahl. Meist wird die inanga beim Spielen mit der Längsseite auf den Boden gestellt und der Spieler hält sie aufrecht oder lehnt sie über das Knie. Die leeren Saiten werden mit den Fingerkuppen beider Hände gezupft, nur selten werden durch leichtes Anlegen Obertöne erzeugt. Für die inanga ist ihr ritueller Gebrauch belegt. Sie wurde im Zusammenhang mit der Anrufung der Geister der Vorfahren verwendet. Heute wird sie fast ausschließlich von Männern zur Liedbegleitung für sich oder für die Gemeinschaft gespielt. Die vorgetragenen Geschichten handeln von historischen Ereignissen und Heldentaten von Stammesmitgliedern oder sind Loblieder auf hochgestellte Persönlichkeiten. Man spielt auch dieses leise Instrument bei der besonderen musikalischen Form der Flüsterlieder, bei denen die Texte sehr leise gesungen oder sogar geflüstert werden. [406]
Floßzithern sind vor allem in Westafrika gebräuchlich, vor allem in Nigeria sind sie anzutreffen, aber auch in Ländern wie Uganda sind sie verbreitet. Beim oben abgebildeten Instrument wurden 33 längs nebeneinander liegende Bambusröhrchen an beiden Enden unter- und oberhalb durch dünne Bambusstreifen fixiert. Sie werden dabei kreuzweise durch Schnüre fest zusammengebunden, so dass insgesamt ein floßartiges Gebilde entsteht. An 22 der Röhren wurde jeweils längs ein dünner Streifen an der Epidermis abgelöst und an beiden Enden durch dünne Baststreifen umwickelt, um ein weiteres Ausreißen zu verhindern. Unter die abgelösten Streifen wurden in einem Winkel von 90 ° zwei dünne Bambusstäbchen nicht weit vom Ende der Streifen als Stege untergeschoben, so dass die Bambusstreifen als idiochorde Saiten frei schwingen können. Die 22 Saiten sind jeweils in der Mitte, der häufigsten Spielposition, zum Schutz beim Anreißen durch die Fingernägel und wahrscheinlich auch zum Stimmen mit Bast dünn umwickelt. Sie sind paarweise in Chören angeordnet. Beim zweiten Instrument finden sich 13 einzelne Saiten. Hier sind zusätzlich zwischen die einzelnen Resonanzröhrchen dünne Halme eingelegt, die wohl beim Spielen ein schnarrendes Nebengeräusch erzielen sollen. Auch an der Unterseite sind bei beiden einzelne Baststreifen abgelöst unter die rechwinklig zum Verlauf der Röhren vier Stäbchen aus Bambus untergeschoben sind, die vermutlich zur Stabilität des Instrumnents beitragen sollen. Die Spieltechniken in den einzelnen Regionen sind unterschiedlich, teilweise zeigen die Spielsaiten zum Spieler hin, bei anderen vom Spieler weg. Auf jeden Fall werden sie mit den Fingerkuppen bzw. Fingernägeln angerissen, wobei chorisch angeordnete Saiten meistens zusammen gespielt werden. Floßzithern dienen wegen ihrer geringen Lautstärke meistens als Begleitung zum Sologesang und eignen sich gut auf Grund ihres geringen Gewichts als Begleitinstrument bei Wanderungen. Öfter werden sie als Kinderinstrument sowohl bei Jungen als auch Mädchen erwähnt. [330, S.45 ff.]
Bei den Röhrenzithern besitzt der Resonator die Form einer Röhre, zu der die Saiten rundum parallel verlaufen. Sie werden fast ausschließlich auf Madagaskar gespielt und zwar hauptsächlich bei den Betsileo und den Merina im Hochland. Es ist anzunehmen, dass das Instrument eigentlich aus Südostasien stammt, wo Röhrenzithern auch in unseren Tagen noch anzutreffen sind. Es gelangte dann mit Auswanderern, die sich auf Madagaskar niederließen, wahrscheinlich hierher, andere Forscher vermuten einen Umweg über das ostafrikanische Festland. Heute ist die valiha eines der Nationalinstrumente in Madagaskar. Als Basis dient der Teil eines Bambusrohrs, der zwischen zwei Nodien liegt. Bei größeren Instrumenten (bis 2 m) werden mehrere Nodien im Innern durchstoßen. Früher löste man, wie man bei der abgebildeten Röhrenzither sehen kann, mit dem Messer mehrere Streifen aus der Epidermis des Bambusrohrs und schob kleine, hölzerne Stege unter. Diese dienten als Abstandshalter für die nun gespannten Saiten und zum Feinstimmen des Instruments. Meistens wurden die Enden mit Lianenfasern fest umwickelt, um ein Ausreißen der idiochorden Saiten zu verhindern. Bei dem abgebildeten Instrument sind sechs Saiten zu sehen, deren Enden durch verzierte Streifen bedeckt sind, unter denen die Wicklungen liegen. Die Röhre besitzt einen Schlitz als Schallöffnung, dieser ist gleichzeitig aber auch der Bezugspunkt für den Spieler. Die Daumen beider Hände spielen zu beiden Seiten der Öffnung die beiden tiefsten Töne. Die anderen Finger zupfen dann die beiden eigenständigen, meist in Intervallen angeordneten Tonreihen. Modernere Valihas verfügen über bis zu 37 Metallsaiten, welche an den Nodien festgenagelt werden und einen Tonumfang von mehr als drei Oktaven umfassen können. Dadurch hat sich aber der Klang durch die Verwendung von metallischem Material wesentlich verändert. Valihas werden im Sitzen gespielt oder auch im Stehen oder Gehen, indem ein überstehendes Teil der Röhre unter den Arm geklemmt wird. [330, S. 39 ff.]
Seitgeblasene Trompeten
Seitgeblasene Trompeten sind in Kulturen Schwarzafrikas seit Jahrhunderten in Gebrauch. Man stellt sie aus Tierhorn oder Holz her oder man gießt sie aus Bronze. Am weitesten verbreitet sind die Horntrompeten. Man stellt sie aus dem Gehörn verschiedener Antilopenarten (Kudu, Impala uvm) her oder man hat Stoßzähne von Elefanten verwendet. Entsprechend schwankt ihre Größe von ca. 15 cm bis über 2 m. Die größeren Instrumente aus Elfenbein sind oft prestigeträchtige Symbole der Herrscher und finden sich als Bestandteil mancher Palastorchester, wie z.B. beim Volk der Ankole. In dem Ensemble des omugabe (Königs) zählte man neun Spieler der amakondere, eines quergeblasenen Horns von etwa 45 cm Länge. Diese Interpreten stammten aus immer den gleichen Familien, in denen diese Tradition fortgeführt wurde. Man spielte im königlichen Palast, man benutzte die Instrumente aber auch zur Anfeuerung der Kämpfer in Kriegszeiten sowie bei festlichen Gelegenheiten wie Initiationsriten, Hochzeiten usw.
Kleinere Formen benutzt man als Werkzeug der Kommunikation, Hornsignale verkünden z.B. den Beginn und das Ende von Arbeiten, das Herannahen von Feinden usw. Am weitesten verbreitet ist der Gebrauch im Zusammenhang mit der Jagd. Der Klang der Hörner ruft die Jäger vor der Jagd zusammen, beim Jagen dient sie dem Kontakt untereinander und zur Lokalisierung der Jagdteilnehmer, der Hornruf zeigt das Ende der Tätigkeit an. Auch bei den Ritualen, die der Jagd voausgehen (z.B. anrufen der Schutzgeister für ein gutes Gelingen) oder bei einem nachfolgenden Dankritual werden sie geblasen.
Viele der Instrumente werden oft dekorativ mit geometrischen Motiven verziert und anthropomorph ausgestaltet, wie im linken Beispiel zu sehen ist. Die Hornspitze besteht hier aus einer fein herausgeschnitzten Frauenfigur während am sich erweiternden Teil geometrische Muster eingeritzt sind. Es scheint sich um ein Antilopenhorn zu handeln. Auch bei der Bronzetrompete ist das eine Ende als menschliche Figur gegossen, während die Stürze ebenfalls halbplastische Gestalten zeigt. Beide Instrumente verfügen über ein längliches Blasloch, über den Anblaswinkel lässt sich die Tonhöhe in geringem Umfang beeinflussen. Bei drei Vierteln aller Horntrompeten ist die Spitze des Horns abgeschnitten. Man kann sie mit dem Daumen verschließen und damit wie bei dem Einsatz eines Ventils einen zweiten Ton produzieren, außerdem besteht noch die Möglichkeit des Überblasens. Gerade beim Aussenden von Signalen werden dadurch die Gestaltungsmöglichkeiten entscheidend erweitert. Bei manchen Instrumenten benutzt man gerollte Bananenblätter zur Vergrößerung des Schalltrichters und zur Verstärkung des Klangs, bei anderen werden direkt Holztrichter mit Hautstreifen festgebunden. Um die Bedeutung des Instruments zu steigern, werden sie manchmal mit Leoparden- oder Schlangenhaut überzogen. [412] [413]
Video Zulu [414]
Video Asante [415]
Hörbeispiel Orchester [416]
Glocken
Unter den Idiophonen spielen glockenartige Instrumente eine wichtige Rolle. Man findet sie heute praktisch in jedem dörflichen Orchester, welches die unterschiedlichen Tänze der dörflichen Gemeinschaft begleitet. Man kann sie nach der Spielweise unterscheiden: kleinere Formen besitzen häufig einen Klöppel im Innern, größere dagegen werden meistens von außen durch Holz- oder Metallschlägel zum Klingen gebracht. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Unterscheidung nach dem verwendeten Material: überwiegend wird Metall verwendet und hier überwiegend Eisen. Seltener sind Holzglocken anzutreffen. Eine dritte Unterscheidung betrifft die Anzahl der verwendeten Schalltrichter: es werden Instrumente mit einem einzelnen (geschlossenen bzw. geschlitzten) oder mit einem doppelten Tubus verwendet. Geschmiedete Einzelglocken sollen bereits 800 n. Chr. bekannt gewesen sein, Doppelglocken sind vom 11. bis 16. Jahrhundert datiert. Aus dem 17. Jahrhundert liegen Beschreibungen von Glocken durch christliche Missionare vor.
Eisenglocken werden in Afrika so gut wie immer aus zwei Hälften zusammengeschmiedet, indem man zwei zuvor flach geschlagene Eisenplatten am Rande mit einem Falz versieht. Über einer Hartholzschablone werden diese beiden Teile dann festgehämmert. Bei einer Doppelglocke werden auf diese Weise hergestellte, unterschiedlich große oder unterschiedlich gestimmte Einzelglocken durch Schmieden oder Schweißen zusammengefügt. Der so entstandene Stiel dient dann als Griff. Eine zweite Form der Verbindung besteht darin, dass man ein halbbogenförmiges Verbindungsstück anschmiedet, das oft von einem bastartigen Material als Griffschutz umwickelt wird. Diese beiden Arten werden als Stieleisendoppelglocke oder Bügeleisendoppelglocke bezeichnet. Sie erlauben auf Grund ihrer Zweitönigkeit ein differenzierteres Spiel. Doppelglocken sind von Mali über Nigeria und Kongo bis Zimbabwe, Angola und die Zentralafrikanische Republik verbreitet. Die beiden unterschiedlich großen Klangtuben werden häufig als "Mutter" und "Kind" bezeichnet. Gespielt wird im Sitzen oder Stehen. Die erste Spielweise hat den Vorteil, dass man durch Aufsetzen auf den Schenkel die Klangdauer gezielt begrenzen kann. Eine gewisse Sonderstellung nimmt die atoque Ghanas ein, die die Form etwa einer Banane hat, aber der Länge nach eine breite, schlitzförmige Öffnung besitzt. Sie wird flach auf die Hand gelegt und mit einem Eisenstäbchen zur Begleitung bestimmter Gesänge und Tänze gespielt.
In den Trommelorchestern Westafrikas und in vielen anderen Ensembles unterschiedlicher Zusammensetzung fällt der Doppelglocke die wichtige Aufgabe zu, den Grundschlag und weitere Takteinteilungen als zeitliche Orientierung für die polyrhythmisch agierenden anderen Instrumente oder Instrumentengruppen vorzugeben. Dies geschieht meist nicht durch Betonung der Hauptzählzeiten, sondern durch ständig wiederholte rhythmische Patterns.
Ähnliche Aufgaben vermögen auch Holzglocken zu erfüllen. Sie zeigen häufig schöne Verzierungen und werden auch öfters anthropomorph ausgestaltet wie im nebenstehenden Beispiel ersichtlich wird. Hölzerne Doppelglocken sind eher selten anzutreffen. Mit Ausnahme der vier Klöppelelemente ist das nebenstehende Schüttelidiophon aus einem Stück von dunklem, leichtem Holz geschnitzt. Es besteht aus zwei ovalen, dünnwandigen, becherförmigen Glocken, die durch einen Stiel miteinander verbunden sind. Die obere Glocke ist etwa 10 cm hoch und hat eine ovale maximale Öffnung von 7 cm. Ein geschnitztes Gesicht nimmt den größten Teil der einen Seite nach vorne ein. Von ihm gehen Kerben zu zwei seitlichen, wellenförmigen Verzierungen aus. Auf der Rückseite finden sich lediglich zwei längs- und vier schräg verlaufende Kerbungen. Von außen sind zwei Löcher gebohrt, durch die eine dünne Schnur geführt ist, die wiederum durch zwei ca. 11 cm lange, halbrunde Holzstäbchen verläuft, die beim Schütteln von innen gegen die dünne Wand der Glocke schlagen. Die untere Glocke ist einfacher gestaltet und mit je zwei parallelen Kerben versehen, die sich schneiden. Die Konstruktion der Klöppel ist identisch mit der oberen Glocke, allerdings ist die Tonhöhe unterschiedlich und so entsteht beim Schütteln am mittigen Stiel ein Zweiklang.
Eisenglocken gehörten in West- und Zentralafrika zusammen mit den Längstrompeten und den Kesseltrommeln zu den Insignien der jeweiligen Herrscher und Häuptlinge. Oft wurden die Glocken von eigens bestimmten Wächtern in Obhut gehalten, man schrieb ihnen teilweise übernatürliche Eigenschaften zu. Bei vielen Volksgruppen spielen sie auch eine Rolle in den Sitzungen von Geheimbünden, wo sie vor bösen Geistern Schutz bieten sollen. Ebenso erklingen sie bei Beschneidungs- und Heilungsriten sowie Begräbnisprozessionen. [417][418]
Rasseln
Rasseln gehören zur Familie der Schüttelidiophone, die in verschiedenen Formen und vielfältigen Bezeichnungen weltweit vorkommen. Dies liegt daran, dass praktisch jedes Material, das einen Ton beim Schütteln hergibt, als Rassel angesehen werden kann. Einfache Instrumente bestehen aus kleinen, harten Objekten wie Samen, Schalen, Zähnen, Hufen, Nägeln oder Holzplättchen, die lose zusammenhängen und beim Schütteln gegeneinander schlagen. Eine große Gruppe bilden die Gefäßrasseln mit oder ohne Griff. Dabei werden Behälter wie z.B. Kürbiskalebassen oder Tongefäße mit einer Anzahl kleiner, harter Teilchen wie z.B. Samen, Kieselsteinchen oder Bleischrot teilweise gefüllt. Beim Schütteln schlagen die Teilchen an die Innenwand des Gefäßes. Bei einigen Kalebassenrasseln werden auch Netze über den Hohlkörper gespannt in die Muscheln oder andere kleine, harte Teilchen befestigt werden, die von außen gegen den Resonator schlagen. Bei den Sistren gleiten Metall- oder Holzplättchen auf einer Führung, die ebenfalls aus Holz oder Metall besteht, hin und her und schlagen gegen die beiden Seitenteile.
Rasseln aus Terrakotta sind schon aus der babylonischen Ära aus dem frühen 2. Jahrtausend v. Chr. bekannt. Sie stellen Tiere dar, wie z.B. Hühner, Bären und Kamele. Andere bestehen aus zwei abgeflachten Scheiben aus Steingut, deren Ränder man vor dem Brennen zusammengedrückt hatte. Auch aus dem alten Ägypten sind Terrakottarasseln bekannt, sie stellen zumeist Tiere dar, wie z.B. Vögel oder Früchte wie Zitrone oder Kürbis. Daneben gab es auch Rasseln mit Griff und dem Aussehen eines Spinnrockens aus plattgedrücktem Stroh, Gras oder Papyrus. Als dritte Form wurde das Sistrum benutzt, dieses vor allem im Kult der Götttin Isis. Diese Form wurde von den koptischen Christen übernommen und bis auf den heutigen Tag in ihrer Liturgie verwendet.
Manche Rasseln dienen als Kinderspielzeug, aber viele haben auch eine vitale rituelle Funktion. Der Glaube an ihre magische Kraft ist weit verbreitet. Dies gilt vor allem für das subsaharische Afrika, wo Rasseln vor allem bei zeremoniellen Tänzen eingesetzt werden und häufig an Armen, Beinen, Fußknöchel, Hals oder Kleidung der Tänzer zu finden sind. Manche brasilianischen Indianderstämme glauben, dass in der Rassel der Wohnsitz einer mächtigen Gottheit sei. Auch Schamanen in Nordamerika verwendeten Rasseln in ihren Ritualen ebenso wie koreanische Priester.
Nordamerikanische Indianer verwendeten Schildkrötenrasseln und solche aus gespaltenem Holz. Aus dem vorkolumbianischen Südamerika sind Rasseln bekannt, die aus menschlichen Schädeln bestanden. In südamerikanischen Orchestern findet sich noch heute die quijada, die meist aus dem Unterkiefer eines Esels besteht. Wird er geschüttelt, rasseln die losen Zähne oder werden durch Überstreichen mit einem Holzstäbchen zum Rasseln angeregt. Populär ist auch das Regenrohr, eine lange Röhre mit vielen Dornen, die von außen durch die Wand ins Innere ragen. Beim Bewegen rieseln ins Innere gebrachte Samen oder ähnliches Material an diesen Hindernissen vorbei und verursachen das typische Geräusch. Afrikanische Lamellophone verfremden oftmals ihren Klang durch zusätzlich angebrachte Elemente wie z.B. Kronenkorken. Oft werden Rasseln auch zusätzlich an Rahmentrommeln angebracht oder werden, wie beim brasilianischen berimbao, als rhythmisches Zusatzinstrument mit der gleichen Hand zum Musikbogen gespielt. Manchmal werden auch Streichbögen z.B. mit Glöckchen versehen, die bei jeder Bewegung einen Bordun erzeugen und einen rhythmischen Akzent setzen, beispielsweise bei der indischen ravanhatta oder der dalmatinischen lijerica. [607, Kap. Rasseln]
Rassel 1 gehört zu den Gefäßrasseln, genauer gesagt zu den Korbrasseln. Sie besteht aus einem Holzstab, dessen Oberteil als sitzende, menschliche Figur geschnitzt ist. Der mittlere Teil des Stabes dient wohl als Griff und ist mit einer Art natürlichem Bast fest umwickelt, um die Längsleisten des Resonators aufzunehmen. Der untere Teil des Instruments ist als Korb geflochten und besteht ebenfalls aus Streifen eines holzartigen Materials. In diesem hohlen Korb befindet sich eine Anzahl kleiner Teilchen, die beim Schütteln des Korbes von innen gegen das Korbgeflecht schlagen und das typische Geräusch hervorrufen.
Wie oben schon dargestellt, gab es Sistren schon im alten Ägypten, sie fanden vor allem im Isiskult Verwendung und in der Verehrung der Göttin Hathor, Symbol für Freude, Fruchtbarkeit, Erotik und Tanz. Das Spiel der Sistren sollte Seth vertreiben, den Gott, der Wüste, Stürme und Gewalt repräsentierte. Darstellungen zeigen häufig Instrumente, die bogenförmig ausgebildet sind und deren Enden in einem Haltegriff zusammenlaufen. Die in der Liturgie der koptischen Christen verwendeten Sistren zeigen dagegen ein Aussehen wie das hier abgebildete Sistrum aus Äthiopien. Es besteht vollständig aus Messing oder einem messingähnlichen Metall oder Metalllegierung. Der Handgriff ist hohl und zylindrisch, wobei er sich konisch nach oben hin verjüngt. Im dickeren Teil des unteren Endes ist ein Band gegenläufig gerichteter, spitzer Dreiecke herausgeschnitten und im oberen, dünneren Teil sind zwei rechtwinklige Kreuze herausgearbeitet. Auf den Griff aufgelötet oder aufgeschweißt, befindet sich der U-förmige Aufbau, der oben mit einer dreieckigen Schiene als Stabilisator abgeschlossen wird, auf der ein koptisches Kreuz sitzt. Die beiden Seitenteile sind identisch. Sie bestehen aus einem rechteckigen Rahmen, in dem ein Metallgeflecht sitzt, aus dem jeweils zwei Kreuze ausgespart sind. Darauf aufgesetzt ist ein breiteres, halbkreisförmiges Oberteil mit einem gezackten Rand. In der Mitte ist jeweils ein sternförmiges Emblem herausgearbeitet, in dem wiederum eine Blume erscheint. Das Seitenteil wird jeweils durch ein aufgesetztes Kreuz gekrönt. Zwischen den Seitenteilen sind in einem Abstand von 4 cm zwei metallene, stabile Drähte als Gleitschienen angebracht. Darauf sitzen oben drei und unten zwei zentrisch durchbohrte, dünne, runde Metallplättchen, die beim Schütteln als Rasselelemente fungieren.
Das rechts danebenstehende Instrument wurde vom Verkäufer wohl lautmalerisch als rakata bezeichnet. Auch hier handelt es sich um eine Art Sistrum, allerdings aus dem dafür seltener verwendeten Material Holz. Es besteht aus einer Astverzweigung einer hellen Holzart. Von dem dickeren Teil, der als Griff dient, zweigt im Winkel nach unten ein dünnerer Ast ab. Auf ihm sitzen zwölf zentrisch dorchbohrte Holzscheiben mit einem abnehmenden Durchmesser von 7,5 bis 3 cm. Beim Schütteln schlagen sie einerseis auf einen durch den dünneren Teil geschlagenen Holzstift, andererseits gegen den Griff.
Rassel 2 besteht aus zwei Teilen: einer männlichen Figur und drei runden, hohlen Kugelelementen bei denen es sich um kleine Kalebassen handeln könnte. Die geschnitzte Figur hält mit beiden Händen einen halbrund-kegelförmigen Gegenstand vor der Brust und steht auf einer runden Scheibe. Ein 11 cm langer Holzstab geht von deren Mitte aus nach unten und durchbohrt die drei hohlen Kugeln, die mit kleinen Rasselelementen gefüllt sind. Ein Querhölzchen am Ende des Stabes verhindert ein Herausrutschen der lose beweglichen Kugeln. Beim Schütteln entsteht ein relativ leises und weiches Geräusch. Ich vermute, dass es sichhier um ein Kinderspielzeug handeln könnte.
Die Basis für das einfache Sistrum daneben ist eine Astgabel. Von einem Zweig zum anderen sind im Abstand von 6, 5 und 8 cm Eisendrähte unterschiedlicher Länge gespannt, deren Verrutschen durch Einkerbungen im Holz verhindert wird. Auf dem kürzesten, unteren Draht sitzen vier dünne, runde Eisenplättchen, die mittig durchbohrt sind. Sie sind leicht gewölbt bei einem Durchmesser von 3,5 cm. Wie beim Becken eines Schlagzeugs sind sie in Paaren mit der konkaven Seite einander zugewendet. Auf dem nächst längeren Draht darüber sitzen vier sehr leichte, runde Scheiben mit einem Durchmesser von 5 cm. Diese könnten aus Scheiben von geschnittenem und getrocknetem Obst oder Früchten bestehen. Auf dem dritten Draht von unten her gesehen befinden sich wiederum, wie auf dem ersten, zehn Metallscheiben, ebenso paarweise wie bei einem Becken einander zugeordnet. Auf dem obersten, längsten Draht sitzen ebenfalls wie auf dem zweiten wieder vier Scheiben des dünnen holz- oder fruchtartigen Materials.
Rassel 3 stellt eine kugelförmige Gefäßrassel dar. Sie besteht aus einer runden, hohlen Kalebasse mit einem länglichen Fortsatz, der als Griff dient. Als Rasselelemente dienen eine Anzahl von Kaorimuscheln, die an den Knotenpunkten eines Netzes locker auf der Außenhaut des runden Kalebassenteils liegen. Beim Schütteln schlagen die Muscheln von außen auf den Hohlkörper und verursachen ein typisches Geräusch.
Bei Rassel 4 handelt es sich ebenfalls um eine Korbrassel. Sie besitzt die Form eines trapezoiden Kastens. Zwei dünne, flache Leisten aus Holz werden in einem Abstand von 14 cm mit zwei 7 und 14 cm langen Leisten mit gleicher Breite durch Schnüre miteinander verbunden, so dass ein Kasten ohne Boden und Decke entsteht. Durch das Aufbinden und Verschnüren von Pflanzenstängeln von unten und oben entsteht ein geschlossener Raum, in den zuvor kleine Rasselelemente eingefüllt wurden. Die Stängel haben eine äußere, feste Hülle, während ihr Inneres aus einem holundermarkartigem Material besteht.
Die unten abgebildete Schellenrassel besteht zunächst aus einem rechteckigen Rahmen aus Holz, in dessen zwei Längsarmen, die aus 2,5 cm starken Holzleisten bestehen, zwei Querverbindungen aus 1,5 dicken Leisten eingezapft sind. In einem Abstand von 4 cm von dem Außenrahmen wird innen ein ebenfalls rechteckiger Kasten hergestellt, indem sieben Querleisten durch zwei 30,5 cm lange und 2,5 cm dicke Längsbrettchen gesteckt werden. Die äußeren beiden Querleisten bilden die Stirnseiten eines Kastens ohne Decke und Boden. Die Längsseiten des so entstandenen Kastens sind oben und unten der Länge nach genutet, so dass hohle, strohhalmartige Elemente von 10 cm Länge dicht an dicht quer als Boden und Decke eingelegt bzw. eingeschoben werden können. Vor dem Verschließen des Kastens werden noch kleine Teilchen als Rasselelemente eingefüllt. Diese rieseln beim Bewegen um 180° gegen die durchgeführten Querleisten und rufen einen Effekt wie bei einem "rainmaker" hervor.
Zusätzlich wird ein steifer Stahldraht durch die Querstreben geführt, die zwischen dem inneren Resonatorkasten und dem äußeren Rahmen auf beiden Seiten 4 cm frei liegen. Auf jeder Seite werden auf die Drähte drei Doppelpaare von dünnen Metallplättchen wie beim Becken eines Schlagzeugs angebracht. Sie verursachen einen Effekt wie ein Sistrum oder der Schellenkranz eines Tamburins.
Sistrum Ägypten [792]
Sistrum Äthiopien [793]
Kürbisrassel (Shekere) [794]