Gasbas – Lo 94 und 95
Lo 94
Rosenholz. Länge: 64,8 cm
Lo 95
Zuckerrohr. Tunesien. Länge: 59,4 cm
Die Gasba, wahlweise aus Rosenholz, Bambus oder Schilfrohr, ist eine im Maghreb verbreitete Art der Flöte (Kernspaltflöte, Kernspalt rückständig). Je nach Region kann sie in der Regel eine Länge bis zu 60 cm haben und hat wahlweise sechs bis neun Grifflöcher. Oftmals wird die Gasba mit Farben oder Brandmalerei verziert. Sie ist in Tunesien, Algerien und Marokko anzutreffen. Ursprünglich war die Gasba ein Instrument der ärmeren Bevölkerung und fand Verwendung in der Praxis des volkstümlichen Musizierens. Zum einen ist sie als Instrument in den traditionellen Musikformen der Maghreb-Länder anzutreffen, zum anderen war und ist die Gasba ein Begleitinstrument der Hirten.
Beispiele einer kulturellen Verwendung der Gasba
Im Raï
„Der Rai ist die algerische Volks- und Popmusik, die sich im Westen Algeriens und auch im Ostern Marokkos entwickelt hat“ (Agada/Schuster, S. 99). Ursprünglich in der traditionell flötenbegleitenden Hirtenmusik entstanden, entwickelte sich der Raï in der westalgerischen Stadt Oran zu einer seit den 1980er Jahren weltweit bekannten Popmusik. Die Ausführung des Raï tätigten ab 1920 reine Fauenorchester, sogenannte „Medahates“, bei Feierlichkeiten wie Hochzeiten. Das Orchester teilte sich folgendermaßen auf: Die „Cheikhas“ fungierten als Vorsängerinnen und wurden von Gasbas und Gallals (Trommeln) begleitet. Nach der Abhängigkeit Algeriens von Frankreich als Kolonialmacht veränderte sich der Raï. Saxophon oder Gitarre, andere Musikstile wie beispielsweise Flamenco oder Rockmusic vermischten sich mit dem Raï. Nun traten auch Männer als Interpreten auf. (maghreb-magazin)
Bei der Aissawiya
Die Aissawiya ist eine aus dem Sufismus entsprungene volkstümliche, religiöse Bruderschaft und gilt als die bekannteste des Maghreb. Sie verwendet Musikinstrumente in ihren tranceartigen und religiösen Ritualen. Eine klassische Besetzung der Musiker, welche übrigens bei den Ritualien niemals in Trance fallen, besteht aus vier Bendir (eine in Nordafrika verbreitete Rahmentrommel) und zwei Gasbas. Die Musiker untermalen die Bewegungen der Tänzer, welche sich in eine indivuelle Trance versetzen um mit dem Heiligen, den er anruft, in Kontakt zu treten (Lièvre, S. 70–73).
Im Alaoui
Der Alaoui ist ein im Westen Algeriens verbreiteter Kriegstanz. Je nach Region besteht die Instrumentation aus einer Gasba und einer Bendir, oder einer Zorna (Oboe) und Guellal (Rohrtrommel).
Der Alaoui ist gekennzeichnet durch Musiker, Tänzer und einem Anführer, der Rais, der Musiker und Tänzer zugleich ist. Während des Tanzens schwenken die Ausübenden Gewehre und Stöcke und Hämmern mit den Füßen auf den Boden. Weitere Kennzeichen sind ruckartige Schritte, auf die ein Zittern des Körpers folgt und dabei oder im Wechsel akzentuiert mit den Schultern gezuckt wird. (Lièvre, S. 73 f.)
Bei der Hamadcha
Die Hamadcha ist eine aus Marokko beheimatete Bruderschaft. Bei der Hadra, dem Ritual bei dem die Beteiligten in Trance verfallen, finden im ersten Teil gesungene Gebete statt. Im zweiten Teil dominieren Instrumente über den Gesang: Harraz (eine Trommel aus großem Tongefäß), Tarija (kleine Tontrommel), Zorna und Gasba sind Instrumente, die Verwendung finden können. Im Zuge der Hadra entwickelt sich eine kollektive Trance. Bei den Anhängern des Dghoughi, einem Jünger des Gründers der Bruderschaft, kommt es bei der Hadra gelegentlich zu Selbstverstümmelungen (Lièvre, S. 123).
Provenienz: Sammlung Thomas Loelgen
Literatur:
– Agada, Birgit und Schuster, Adolf: Algerien. Kultur und Natur zwischen Mittelmeer und Sahara, Berlin 2010
– Lièvre, Viviane: Die Tänze des Maghreb, Frankfurt a. M. 2008
– http://www.maghreb-magazin.de/kultur/musik/gasba.html (zuletzt aufgerufen am 18.4.2018)
{2018-04-20; Christian Geiger}